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Autor Thema: BVerfG 1 BvR 2290/23 - Rechtswegerschöpfung nicht immer erforderlich  (Gelesen 96 mal)

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Vorabhinweis:
Diese Aussage im Titel stammt in ihrem Inhalt vom Bundesverfassungsgericht selber und berührt Medienbelange.

Es steht die Frage, inwieweit die in Rot hervorgehobenen Aussagen nicht nur von Journalisten angewandt werden können, sondern auch von anderen Personen?

BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. April 2024
- 1 BvR 2290/23 -, Rn. 1-41,

https://www.bverfg.de/e/rk20240411_1bvr229023.html

Zitat
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a) Insbesondere steht ihr nicht der Grundsatz der materiellen Subsidiarität entgegen. Zwar gebietet dieser regelmäßig die Erschöpfung des Rechtswegs auch in der Hauptsache, wenn im einstweiligen Rechtsschutz Grundrechtsverletzungen gerügt werden, die sich – wie hier – ebenso auf die Hauptsache beziehen (vgl. BVerfGE 77, 381 <401>; 79, 275 <278 f.>; 86, 15 <22>; 104, 65 <70 f.>; stRspr). Auf den fachgerichtlichen Rechtsweg in der Hauptsache dürfen Beschwerdeführer aber dann nicht verwiesen werden, wenn die Durchführung des Hauptsacheverfahrens unzumutbar ist. Das ist hier der Fall. Denn das dem Beschwerdeführer in der Hauptsache verbleibende Aufhebungsverfahren (durch Antrag auf Fristsetzung zur Klageerhebung nach § 926 Abs. 1 ZPO beziehungsweise, bei obsiegender negativer Feststellungsklage, nach § 927 ZPO, jeweils in Verbindung mit § 936 ZPO) erscheint angesichts der nicht nur summarischen Prüfung des Kammergerichts aussichtslos. Für die Entscheidung bedarf es zudem auch keiner weiteren Tatsachenfeststellungen, womit die tatsächliche beziehungsweise fachrechtliche Lage zur verfassungsrechtlichen Beurteilung ausreichend geklärt ist und auch im Übrigen die Voraussetzungen vorliegen, unter denen nach § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG vom Erfordernis der Rechtswegerschöpfung abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 77, 381 <401 f.>; 79, 275 <278 f.>).

Zitat
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b) Ob der Beschwerdeführer, wie die Verfügungsklägerin annimmt, gehalten war, zur Erschöpfung des Rechtswegs nach § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG beziehungsweise zur Wahrung des in dieser Vorschrift zum Ausdruck kommenden Subsidiaritätsgrundsatzes gemäß § 936 ZPO in Verbindung mit § 924 ZPO Widerspruch einzulegen, obwohl die einstweilige Verfügung erstmals in der Beschwerdeinstanz erlassen wurde, kann offenbleiben. Denn selbst wenn dies für die mündliche Verhandlung über den Widerspruch nach § 936 ZPO in Verbindung mit § 924 Abs. 2 Satz 2 ZPO, wie die Verfügungsklägerin vorbringt, zur erneuten Zuständigkeit des Landgerichts führte, wäre für den Fall einer abändernden Entscheidung des Landgerichts nicht ersichtlich, weshalb der Beschwerdeführer in einer für die Verfügungsklägerin dann gemäß § 936 ZPO in Verbindung mit § 925 Abs. 1, § 511 Abs. 1 ZPO eröffneten Berufungsinstanz mit einem für ihn günstigeren Ausgang vor dem Kammergericht hätte rechnen können. Von einem vornherein aussichtslosen Rechtsbehelf muss aber nicht Gebrauch gemacht werden (vgl. BVerfGE 70, 180 <186 f.>; 79, 275 <278 f.>).

Weitere interessante Aussagen:
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bb) Voraussetzung jeder rechtlichen Würdigung von Äußerungen ist, dass ihr Sinn zutreffend erfasst worden ist (vgl. BVerfGE 93, 266 <295>; 114, 339 <348>; 124, 300 <345>; stRspr). Fachgerichtliche Entscheidungen, die den Sinn der angegriffenen Äußerung erkennbar verfehlen und darauf ihre rechtliche Würdigung stützen, verstoßen gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit (vgl. BVerfGE 93, 266 <295 f.>; 124, 300 <345>). Da unter diesen Umständen schon auf der Deutungsebene Vorentscheidungen über die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Äußerungen fallen, ergeben sich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht nur Anforderungen an die Auslegung und Anwendung grundrechtsbeschränkender Gesetze, sondern auch an die Deutung umstrittener Äußerungen (vgl. BVerfGE 93, 266 <295>; 114, 339 <348>; 124, 300 <345>).

Zitat
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[...] Da die fallübergreifende Wirkung der Verfassungsrechtsprechung gerade im Bereich der Kommunikationsgrundrechte wegen der Öffentlichkeitsbezogenheit der geschützten Handlungen erhebliche Bedeutung hat und schon einzelne Fehler bei der Auslegung des einfachen Rechts und der Deutung der Äußerung zu einer Fehlgewichtung des Grundrechts führen können, muss allerdings eine gegenüber anderen subjektiven Verfassungsrechten gesteigerte Prüfungsintensität Platz greifen, soll die Freiheit dieser Lebensäußerungen nicht in ihrer Substanz getroffen werden (vgl. BVerfGE 81, 278 <289 f.>). Auch dann ist es jedoch regelmäßig nicht Sache des Bundesverfassungsgerichts, den Zivilgerichten vorzugeben, wie sie im Ergebnis zu entscheiden haben (vgl. BVerfGE 129, 78 <102>; 152, 152 <185 f. Rn. 78>).


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 17. April 2024, 19:57 von Bürger«
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