Vorabhinweis:Das Thema ist eine Medienentscheidung und beginnt ausnahmsweise mit dem Schlußantrag, da darin ausführlich dargelegt wird, was unter der Begrifflichkeit der journalistischen Zwecke zu verstehen ist.
Diese Entscheidung verknüpft die Belange des Datenschutzes mit den Belangen der Medien mit der klaren Aussage, daß die Medien keine Befugnis haben, zu journalistischen Zwecken erhobene Daten für andere Sachverhalte zu verarbeiten; die Medien haben hier kein Medienprivileg.
SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN
JULIANE Kokott
vom 8. Mai 2008(1)
Rechtssache C-73/07https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=67007&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=522791Zum Begriff der journalistischen Zwecke
65. Der Begriff der journalistischen Zwecke bezieht sich auf die Tätigkeit der Massenmedien, insbesondere auf die Presse und die audiovisuellen Medien. Die Entstehung der Datenschutzrichtlinie zeigt, dass journalistische Zwecke nicht auf die Tätigkeit institutionalisierter Medien beschränkt sind. Nachdem die Kommission zunächst eine Ausnahme für Presseorgane und audiovisuelle Medien vorschlug,(40) resultierte der Begriff der journalistischen Zwecke aus mehreren nachfolgenden Entwürfen, die den Anwendungsbereich der Ausnahme von Medienunternehmen lösten und auf alle Personen erstreckten, die journalistisch tätig sind.( 41 )
Zur alleinigen Zweckbestimmung
79. Selbst wenn eine Verarbeitung journalistischen Zwecken dient, ist Art. 9 der Datenschutzrichtlinie nicht zwangsläufig anwendbar. Vielmehr muss die fragliche Verarbeitung personenbezogener Daten allein journalistischen Zwecken dienen.
80. Durch die Verwendung des Begriffs „allein“ erinnert Art. 9 der Datenschutzrichtlinie an die Zweckbindung der Datenverarbeitung, die allgemein in Art. 6 Buchst. b der Datenschutzrichtlinie niedergelegt ist. Danach dürfen personenbezogene Daten grundsätzlich nicht in einer Weise weiterverarbeitet werden, die mit dem Zweck ihrer Erhebung nicht zu vereinbaren wäre. Dementsprechend kann auch die Ausnahme des Art. 9 nur auf Verarbeitungsvorgänge Anwendung finden, die allein journalistischen Zwecken dienen. Werden zugleich andere Zwecke verfolgt, die nicht als journalistisch anzuerkennen sind, so ist das Medienprivileg nicht anwendbar.
Im Weiteren wird zwar dargelegt, daß Medien auch Geld verdienen dürfen, dieses aber zu kommerziellen Zwecken.
82. Eine Verarbeitung allein zu journalistischen Zwecken wird auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass neben der Vermittlung von Informationen und Ideen über Fragen öffentlichen Interesses auch kommerzielle Ziele verfolgt werden.( 55 ) Journalistische Zwecke gehen in aller Regel mit dem Ziel einher, zumindest die Kosten der journalistischen Tätigkeit, nach Möglichkeit aber auch einen Gewinn zu erwirtschaften. Kommerzieller Erfolg ist nämlich die Voraussetzung von professionellem Journalismus, jedenfalls soweit er unabhängig von der Unterstützung und dem Einfluss anderer, etwa des Staates, betrieben wird. Somit ist es ein zulässiger Bestandteil journalistischer Zwecke, Geld zu verdienen, indem man Informationen und Ideen zu Fragen des öffentlichen Interesses vermittelt.
83. Davon abzugrenzen sind kommerzielle Aktivitäten, die nicht die Vermittlung von Informationen und Ideen über Fragen öffentlichen Interesses zum Gegenstand haben, selbst wenn die erzielten Gewinne journalistische Tätigkeiten finanzieren sollen. Sie unterscheiden sich nämlich nicht von gleichartigen Aktivitäten, deren Gewinn nicht für journalistische Zwecke bestimmt ist. In dieser Situation das Medienprivileg zur Anwendung zu bringen, könnte das Prinzip der Gleichbehandlung verletzen und insbesondere den Wettbewerb verzerren.( 56 )
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)
16. Dezember 2008(*)
„Richtlinie 95/46/EG – Anwendungsbereich – Verarbeitung und Verkehr personenbezogener Steuerdaten – Schutz natürlicher Personen – Freiheit der Meinungsäußerung“
In der Rechtssache C-73/07https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=76075&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=522791Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
1. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr ist dahin auszulegen, dass eine Tätigkeit, bei der die Daten natürlicher Personen bezüglich ihres Einkommens aus Erwerbstätigkeit und Kapital und ihres Vermögens
– auf der Grundlage öffentlicher Dokumente der Steuerbehörden erfasst und zum Zweck der Veröffentlichung verarbeitet werden,
– in einem Druckerzeugnis, in alphabetischer Reihenfolge und nach Einkommenskategorien aufgeführt, in Form umfassender, nach Gemeinden geordneter Listen veröffentlicht werden,
– auf einer CD-ROM zur Verarbeitung zu kommerziellen Zwecken weitergegeben werden,
– im Rahmen eines Kurzmitteilungsdienstes verwendet werden, in dem Mobilfunkbenutzer nach Versendung einer Kurzmitteilung mit dem Namen und dem Wohnort einer bestimmten Person an eine bestimmte Nummer als Antwort Daten über das Einkommen dieser Person aus Erwerbstätigkeit und Kapital sowie über deren Vermögen erhalten können,
als „Verarbeitung personenbezogener Daten“ im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist.
2. Art. 9 der Richtlinie 95/46 ist dahin auszulegen, dass die in der ersten Frage unter den Buchst. a bis d genannten Tätigkeiten, die Daten betreffen, die aus Dokumenten stammen, die nach den nationalen Rechtsvorschriften öffentlich sind, als Verarbeitung personenbezogener Daten, die „allein zu journalistischen Zwecken“ im Sinne dieser Vorschrift erfolgt, anzusehen sind, wenn sie ausschließlich zum Ziel haben, Informationen, Meinungen oder Ideen in der Öffentlichkeit zu verbreiten, was zu prüfen Sache des nationalen Gerichts ist.
3. Die in der ersten Frage unter den Buchst. c und d beschriebene Verarbeitung personenbezogener Daten, die Behördendateien mit personenbezogenen Daten betrifft, die nur in Medien veröffentlichtes Material als solches enthalten, fällt in den Anwendungsbereich der Richtlinie 95/46.
Querverweis:EuGH C-597/19 - Rechtsprechung zur Datenschutzrichtlinie gilt auch für die DSGVOhttps://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36576.0
Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)
Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;
- Parteien, deren Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;
- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;