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Autor Thema: EuGH C-634/21 - DSGVO - Automat. Daten-Verarbeitung ist verboten, wenn bindend  (Gelesen 710 mal)

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Vorabinfo:
Die hier thematisierte Entscheidung ist eine der Schufa-Entscheidungen des EuGH vom 07. Dezember 2023; der EuGH stellt klar, daß nicht nur die Bestimmungen des Art 22 DSGVO einzuhalten sin, sondern auch die der Art 5 und 6 DSGVO und die Mitgliedsländer nicht befugt sind, die genannten Kriterien um eigene Kriterien zu erweitern, bzw., zu verändern.

Die Art der DSGVO, auf die sich der EuGH bezieht, sind eingangs der Entscheidung im Wortlaut aufgeführt.

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)
7. Dezember 2023(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – Verordnung (EU) 2016/679 – Art. 22 – Automatisierte Entscheidung im Einzelfall – Wirtschaftsauskunfteien – Automatisierte Erstellung eines Wahrscheinlichkeitswerts in Bezug auf die Fähigkeit einer Person zur Erfüllung künftiger Zahlungsverpflichtungen (‚Scoring‘) – Verwendung dieses Wahrscheinlichkeitswerts durch Dritte“

In der Rechtssache C-634/21

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=280426&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=5125514

Zitat
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

Art. 22 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)

ist dahin auszulegen, dass

eine „automatisierte Entscheidung im Einzelfall“ im Sinne dieser Bestimmung vorliegt, wenn ein auf personenbezogene Daten zu einer Person gestützter Wahrscheinlichkeitswert in Bezug auf deren Fähigkeit zur Erfüllung künftiger Zahlungsverpflichtungen durch eine Wirtschaftsauskunftei automatisiert erstellt wird, sofern von diesem Wahrscheinlichkeitswert maßgeblich abhängt, ob ein Dritter, dem dieser Wahrscheinlichkeitswert übermittelt wird, ein Vertragsverhältnis mit dieser Person begründet, durchführt oder beendet.

Zitat
52      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wie der Generalanwalt in Nr. 31 seiner Schlussanträge festgestellt hat, Art. 22 Abs. 1 DSGVO der betroffenen Person das „Recht“ verleiht, nicht einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung – einschließlich Profiling – beruhenden Entscheidung unterworfen zu werden. Diese Bestimmung stellt ein grundsätzliches Verbot auf, dessen Verletzung von einer solchen Person nicht individuell geltend gemacht zu werden braucht.
Die rein automatisierte Verarbeitung personen-bezogener Daten ist also grundsätzlich verboten, wenn sie Bindungswirkung entfalten soll.

Zitat
67      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs jede Verarbeitung personenbezogener Daten mit den in Art. 5 DSGVO festgelegten Grundsätzen für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Einklang stehen und in Anbetracht des in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a vorgesehenen Grundsatzes der Rechtmäßigkeit der Verarbeitung eine der in Art. 6 dieser Verordnung aufgeführten Bedingungen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung erfüllen muss (Urteil vom 20. Oktober 2022, Digi, C-77/21, EU:C:2022:805, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung). Der Verantwortliche muss die Einhaltung dieser Grundsätze nach dem in Art. 5 Abs. 2 DSGVO niedergelegten Grundsatz der Rechenschaftspflicht nachweisen können (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 20. Oktober 2022, Digi, C-77/21, EU:C:2022:805, Rn. 24).

68      Ist nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gemäß Art. 22 Abs. 2 Buchst. b DSGVO der Erlass einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung beruhenden Entscheidung zulässig,muss diese Verarbeitung somit nicht nur die in der letztgenannten Bestimmung und in Art. 22 Abs. 4 DSGVO aufgestellten Voraussetzungen erfüllen, sondern auch die Anforderungen in den Art. 5 und 6 dieser Verordnung. Folglich dürfen die Mitgliedstaaten keine Rechtsvorschriften nach Art. 22 Abs. 2 Buchst. b DSGVO erlassen, nach denen ein Profiling unter Missachtung der Anforderungen dieser Art. 5 und 6 in deren Auslegung durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs zulässig ist.

69      Was insbesondere die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. a, b und f DSGVO vorgesehenen Bedingungen für die Rechtmäßigkeit betrifft, die in einem Fall wie jenem des Ausgangsverfahrens Anwendung finden können, sind die Mitgliedstaaten nicht befugt, ergänzende Vorschriften für die Anwendung dieser Bedingungen vorzusehen, da eine solche Befugnis nach Art. 6 Abs. 3 DSGVO auf die in Art. 6 Abs. 1 Buchst. c und e dieser Verordnung genannten Gründe beschränkt ist.

70      Was außerdem im Einzelnen Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DSGVO betrifft, dürfen die Mitgliedstaaten nach Art. 22 Abs. 2 Buchst. b DSGVO nicht von den Anforderungen abweichen, die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs nach dem Urteil vom 7. Dezember 2023, SCHUFA Holding (Restschuldbefreiung) (C-26/22 und C-64/22, EU:C:2023:XXX), ergeben, insbesondere nicht dadurch, dass sie das Ergebnis der Abwägung der einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen abschließend vorschreiben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Oktober 2016, Breyer, C-582/14, EU:C:2016:779, Rn. 62).

Querverweis zur anderen Schufa-Entscheidung, da obige Rn. 70 darauf verweist:
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)
7. Dezember 2023(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – Verordnung (EU) 2016/679 – Art. 5 Abs. 1 Buchst. a – Grundsatz der ‚Rechtmäßigkeit‘ – Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f – Erforderlichkeit der Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten – Art. 17 Abs. 1 Buchst. d – Recht auf Löschung im Fall der unrechtmäßigen Verarbeitung personenbezogener Daten – Art. 40 – Verhaltensregeln – Art. 78 Abs. 1 – Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen eine Aufsichtsbehörde – Beschluss der Aufsichtsbehörde über eine Beschwerde – Umfang der gerichtlichen Überprüfung dieses Beschlusses – Wirtschaftsauskunfteien – Speicherung von Daten aus einem öffentlichen Register im Zusammenhang mit der Restschuldbefreiung zugunsten einer Person – Speicherdauer“

In den verbundenen Rechtssachen C-26/22 und C-64/22

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=280428&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=5125594

Zitat
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 78 Abs. 1 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)

ist dahin auszulegen, dass

ein rechtsverbindlicher Beschluss einer Aufsichtsbehörde einer vollständigen inhaltlichen Überprüfung durch ein Gericht unterliegt.

2.      Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2016/679 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f dieser Verordnung

ist dahin auszulegen, dass

er einer Praxis privater Wirtschaftsauskunfteien entgegensteht, die darin besteht, in ihren eigenen Datenbanken aus einem öffentlichen Register stammende Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung zugunsten natürlicher Personen zum Zweck der Lieferung von Auskünften über die Kreditwürdigkeit dieser Personen für einen Zeitraum zu speichern, der über die Speicherdauer der Daten im öffentlichen Register hinausgeht.

3.      Art. 17 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung 2016/679

ist dahin auszulegen, dass

die betroffene Person das Recht hat, vom Verantwortlichen die unverzügliche Löschung der sie betreffenden personenbezogenen Daten zu verlangen, wenn sie gemäß Art. 21 Abs. 1 dieser Verordnung Widerspruch gegen die Verarbeitung einlegt und keine zwingenden schutzwürdigen Gründe vorliegen, die ausnahmsweise die betreffende Verarbeitung rechtfertigen.

4.      Art. 17 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung 2016/679

ist dahin auszulegen, dass

der Verantwortliche verpflichtet ist, personenbezogene Daten, die unrechtmäßig verarbeitet wurden, unverzüglich zu löschen.


Siehe dazu u.a. auch unter
Schufa vor dem Aus: Geht es der Auskunftei jetzt an den Kragen? (02/2023)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36955.0
EuGH C-634/21 - DSGVO - Bevorzugung wirtschaftl. Belange mit DSGVO unvereinbar
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=37100.0


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- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;

- Parteien, deren Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;

- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

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Nachtrag:

Zur Entscheidung hat es eine aktualisierte Pressemitteilung, die sich auf alle 3 Schufa-Holding erfassenden EuGH-Entscheidungen bezieht:

Urteile des Gerichtshofs in der Rechtssache C-634/21|SCHUFA Holding (Scoring) und in den verbundenen Rechtssachen C-26/22 und C-64/22| SCHUFA Holding (Restschuldbefreiung)

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) steht zwei
Datenverarbeitungspraktiken von Wirtschaftsauskunfteien entgegen

https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2023-12/cp230186de.pdf


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BVerwG 6 A 2.12 - Einhaltepflicht höherrangiger Rechtsgrenzen durch Landesrecht (2013-02-20)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33743.0




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