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Autor Thema: Dürfen die ÖRR ihren Webauftritt aus dem Rundfunkbeitrag finanzieren?  (Gelesen 307 mal)

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Die Frage im Titel lautet gerade nicht, ob sie im Web auftreten dürfen, sondern nur, ob sie ihren Webauftritt auf Basis des Einsatzes von Rundfunkbeitragsmitteln finanzieren dürfen.

Im Unionsrahmen ist der Rundfunkbeitrag als staatliche Beihilfe bestätigt, siehe hierzu den Beitrag von @querkopf in nachstehendem Thema

EuGH Luxembourg, Urteil C-492/17, 13.12.2018
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,29309.msg185305.html#msg185305

Und bekanntlich haben auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die rundfunkrechtsetzenden Länder alle Beihilfevorschriften der Union einzuhalten; hierzu siehe

Nettoprinzip der staatlichen Beihilfe -> EU-Recht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,32815.msg220023.html#msg220023

mit dem darin verlinkten Unionsdokument

Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (Text von Bedeutung für den EWR)
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A52009XC1027%2801%29

Weiterhin wurde bekanntermaßen seitens der Unionsgerichtsbarkeit entschieden, daß kommerzielle Einnahmen des mit einer staatlichen Beihilfe unterstützten öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmens zur Reduzierung der staatlichen Beihilfe einzusetzen sind; hierzu siehe

EuG T-568/08 - Staatl. Finanzierungsm. - öffentl. Dienstl. - stets staatl. Beih.
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36735.0

Auch wenn in dieser darüber thematisierten Entscheidung EuG T-568/08 von Werbeeinnahmen die Rede ist, so ist doch sehr unwahrscheinlich, daß andere kommerzielle Einnahmen der ÖRR nicht zur Senkung der staatlichen Beihilfe heranzuziehen sind?

D.h., der dt. ÖRR darf sich bei der derzeitigen Definitionslage nicht im WWW ausbreiten? Auf Basis des Rundfunkbeitrages u. U. nicht, denn WWW ist nicht-linear, und der Rundfunkbeitrag dient bekanntermaßen der Finanzierung von Rundfunk, der gemäß den Definitionen der rundfunkrechtlichen Staatsverträge "linear" ist.

Medienstaatsvertrag (MStV)
https://bravors.brandenburg.de/vertraege/mstv

Zitat
§ 2
Begriffsbestimmungen


(1) Rundfunk ist ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; [...]

Aus der aktuellen Fassung Medienstaatsvertrages geht nicht hervor, daß die ÖRR im WWW auftreten dürfen

Medienstaatsvertrag (MStV)
https://bravors.brandenburg.de/vertraege/mstv

Zitat
III. Abschnitt
Besondere Bestimmungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
§ 26
Auftrag


(1) Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen.

(2) Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.

(3) Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten arbeiten zur Erfüllung ihres Auftrages zusammen; die Zusammenarbeit regeln sie in öffentlich-rechtlichen Verträgen.

(4) Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten sind mit der Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Artikels 106 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union auch betraut, soweit sie zur Erfüllung ihres Auftrags gemäß Absatz 1 bei der Herstellung und Verbreitung von Angeboten im Sinne des § 27 zusammenarbeiten. Die Betrauung gilt insbesondere für die Bereiche Produktion, Produktionsstandards, Programmrechteerwerb, Programmaustausch, Verbreitung und Weiterverbreitung von Angeboten, Beschaffungswesen, Sendernetzbetrieb, informationstechnische und sonstige Infrastrukturen, Vereinheitlichung von Geschäftsprozessen, Beitragsservice und allgemeine Verwaltung. Von der Betrauung nicht umfasst sind kommerzielle Tätigkeiten nach § 40 Abs. 1 Satz 2.

Auch bei den sonstigen Angeboten, die der ÖRR realisieren darf, wird WWW nicht erwähnt.

Medienstaatsvertrag (MStV)
https://bravors.brandenburg.de/vertraege/mstv

Zitat
§ 27
Angebote


(1) Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind Rundfunkprogramme (Hörfunk- und Fernsehprogramme) und Telemedienangebote nach Maßgabe dieses Staatsvertrages und der jeweiligen landesrechtlichen Regelungen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk kann programmbegleitend Druckwerke mit programmbezogenem Inhalt anbieten.

(2) Rundfunkprogramme, die über unterschiedliche Übertragungswege zeitgleich verbreitet werden, gelten zahlenmäßig als ein Angebot.

Im unionsrechtlichen Sinne dürfen sich die ÖRR ob

EuGH C-347/14 - Für alle Medienunternehmen gilt das gleiche Recht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35753.0
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35753.msg220404.html#msg220404

sicherlich im WWW ausbreiten, aber dürfen sie es auf Basis des Rundfunkbeitrages? Ist doch das Ausbreiten des ÖRR im WWW kein Teil des ihnen von den Ländern übertragenen Auftrages?


Edit "Bürger": Bitte um Berücksichtigung auch der Informationen u.a. unter
Worin erschöpft sich die "Bestands- und Entwicklungsgarantie" d. ö.r. Rundfunks?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=21558.0
Worin erschöpft sich die "Finanzierungsgarantie" d. ö.r. Rundfunks?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=21559.0


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 06. Dezember 2022, 23:25 von Bürger«
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Verwertet für Gutachtentexte wie folgt:

(sicherlich dort mit etwas Doppelung, aber @pinguin hat es derart schön in Gesamtschau formuliert, das sollte die Darlegung dort deshalb verstärken):
Zitat
*PSB7.   EU-Recht: Rundfunkabgabe unzulässig für Internet.
*NEU 2022-12-07 cv!
PSB7.a1)   Die Frage für diesen Abschnitt lautet nicht, ob sie im Web auftreten dürfen, sondern nur, ob sie ihren Webauftritt auf Basis des Einsatzes von Rundfunkbeitragsmitteln finanzieren dürfen.
Im Unionsrahmen ist der Rundfunkbeitrag als staatliche Beihilfe bestätigt,
EuGH Luxembourg, Urteil C-492/17, 13.12.2018
Bekanntlich haben auch ARD, ZDF usw. und die sie betreffenden Gesetze alle Beihilfevorschriften der Union einzuhalten, das Nettoprinzip der staatlichen Beihilfe:
Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf staatsnah subventionierte Sender (Text von Bedeutung für den EWR)
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A52009XC1027%2801%29

PSB7.a2)   Zusätzliche kommerzielle Einnahmen müssen den Subventionsbedarf betragsgleich reduzieren.
So lautet die Unionsgerichtsbarkeit, dass kommerzielle Einnahmen der mit einer staatlichen Beihilfe unterstützten Sender - joer ARD. ZDF usw. - zur Reduzierung der staatlichen Beihilfe einzusetzen sind:
EuG T-568/08 - Staatliche Finanzierungsmittel - öffentliche Dienstleistungen - stets staatliche Beihilfe

Zwar betrifft es hier Werbeeinnahmen. Aber analog wären sicherlich auch andere kommerzielle Einnahmen zur Senkung der staatlichen Beihilfe heranzuziehen, beispielsweise die Einnahmen für eine Smartphone-App für die Mediathek.

PSB7.b1)   Nun zur Kernfrage dieses Abscnitts: Internet-Zulässigkeit?
Dürfen ARD, ZDF usw. sich bei der derzeitigen Definitionslage überhapt Im Internet ausbreiten? Auf Basis des "Rundfunk"-"Zwangsbeitrags" vielleicht nicht; denn das wäre jedenfalls im Prinzip nicht-linear. Der "Rundfunkbeitrag" dient bekanntermaßen der Finanzierung von "Rundfunk", Dieser ist nach den rundfunkrechtlichen Staatsverträgen definiert als "linear" jedenfalls für die Zeit vor 2015. Die EU-Bewilligung von dieser "Subvention" erfolgte mehre Jahre vorher, also auch für den Übergang zum (angeblichen) "Beitrag" statt "Gebühr" ab 2013.

Die einstige allein maßgebliche Definition ist noch vertreten im Medienstaatsvertrag (MStV)
https://bravors.brandenburg.de/vertraege/mstv
"§ 2 Begriffsbestimmungen (1) Rundfunk ist ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; [...]"

PSB7.b2)   Die Definition des Auftrags von ARD, ZDF usw.:
Aus der aktuellen Fassung des "Medienstaatsvertrags 2020++":
Medienstaatsvertrag (MStV) --- https://bravors.brandenburg.de/vertraege/mstv

"III. Abschnitt Besondere Bestimmungen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
§ 26 Auftrag (1) Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen." (usw. usw.)

PSB7.c)   Nun aber taucht der Begriff "Telemedienangebote" auf:
"§ 27 Angebote (1) Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind Rundfunkprogramme (Hörfunk- und Fernsehprogramme) und Telemedienangebote nach Maßgabe dieses Staatsvertrages und der jeweiligen landesrechtlichen Regelungen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk kann programmbegleitend Druckwerke mit programmbezogenem Inhalt anbieten.
(2) Rundfunkprogramme, die über unterschiedliche Übertragungswege zeitgleich verbreitet werden, gelten zahlenmäßig als ein Angebot."

PSB7.d)   Im unionsrechtlichen Sinne dürfen sich ARD, ZDF usw. durchaus im Internet ausbreiten.
Wettbewerblich betrachtet:
EuGH C-347/14 - Für alle Medienunternehmen gilt das gleiche Recht.

Aber dürfen sie es auf Basis des Rundfunkbeitrages? Ist das Ausbreiten ein Teil des ihnen von den Ländern übertragenen Auftrages?

Schon zuvor mit funk.net , endgültig aber mit dem "Medienstaatsvertrag 2020", dürfen ARD, ZDF usw. es rein wettbewerbsrechtlich und dank Landesrecht auch medienrechtlich. Mit jedem weiteren Medienstaatsvertrag wird die Ermächtigung ausgeweitet mit dem sich abzeichnenden Nahziel der Verlagerung in den nächsten Jahren ins Internet. Folgewirkung wäre Staatsdominanz im Netz.

PSB7.e)   Die einzige, aber ausschlaggebende Fehlstelle ist: Sie dürfen es nicht mit der Rundfunkabgabe finanzieren.
Die staatliche Subvention wurde seitens der EU hierfür nicht bewilligt. Eine Bewilligung ist für die subventionierten Sender nicht zu erwarten. Eine Mischung aus subventioniert und privatwirtschaftlich ist nicht machbar, da dies erfahrungsgemäß in einer Quersubvention für das Privatsegment enden würden. Das wäre eine Wettbewerbsverzerrung für Anbieter aus dem Inland und dem EU-Ausland.

PSB7.f)   Also dürfen die Sender aus EU-rechtlichen Gründen die Rundfunkabgabe nicht für das Internet verwenden. Die dies ermächtigenden ein wenig versteckten Klauseln des "Medienstaatsvertrages" sind insoweit als nichtig anzusehen: Der schlichte winzige Zusatz: "und Telemedienangebote" im Gesetz schafft das.

Für die hiergegen gerichteten etwa 15 Landesverfassungsbeschwerden seit 2021 für Nichtigerklärung gilt: Bisher hat kein einziges Landesverfassungsgericht zur Sache bearbeitet. Damit sind alle Beschwerden unverändert anstehend zum Erstentscheid (Stand Dezember 2022).

Damit sind alle einleitenden Maßnahmen der Sender verfrüht, weil ohne Rechtssicherheit. Folgt auch nur 1 Landesverfassungsgericht den Argumenten, so würde das Konzept bundesweit hinfällig werden. Denn die Staatsverträge sind ohne "salvatorische Klausel": Sie werden insgesamt hinfällig, wenn es an Vollzähligkeit der 16 Bundesländer fehlt.
Wichtig ist ja immer, vom recht jungen EU-Recht haben fast alle maßgeblichen Gegner-Juristen keine Ahnung, weil meist ältere Jahrgänge. Die erfahren dann zum ersten Mal, dass es da überhaupt etwas gibt, was ständig mitzudenken ist, sind aber in der Regel nicht zum Auto-Nachhilfeunterricht willig. Da kann man immer ganz schön taktisch punkten.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 08. Dezember 2022, 00:49 von Bürger«
"Glücklich das Land, das Rechtsstaatsverteidiger hat. Traurig das Land, das sie nötig hat."   (Pedro Rosso)
Deine Worte weht der Wind ins Nirvana des ewigen Vergessens. Willst du die Welt wandeln, so musst du handeln. Um Böses abzuschaffen, Paragrafen sind deine Waffen.

 
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