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Patricia Schlesinger: Kind mit dem Bade (+ Leserbrief Richter BVerwG a.D.)

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ChrisLPZ:
zeit.de, Online-Abo 10.08.2022 oder Printausgabe 11.08.2022

Patricia Schlesinger
Kind mit dem Bade
Ja, bei den Öffentlich-Rechtlichen gibt es ernste Probleme und Missstände. Aber eine Demontage verdienen sie nicht.

Ein Kommentar von Giovanni di Lorenzo


--- Zitat ---Natürlich kann man fast jeder oder jedem Medienschaffenden, die oder der sich zum Fall der zurückgetretenen Rundfunkintendantin Patricia Schlesinger äußert, Befangenheit unterstellen: der Bild-Zeitung, die Schlesinger über Wochen mit äußerst negativen Geschichten bedachte, weil sie selbst versucht, unter großen Mühen einen Fernsehsender zu etablieren, und weil Schlesinger als turnusmäßige ARD-Vorsitzende angekündigt hatte, den Nachrichtenkanal Tagesschau24 kräftig ausbauen zu wollen. Das hätte Bild und dem ebenfalls zu Springer gehörenden Sender WELT Konkurrenz gemacht. Der ZEIT wiederum könnte man Befangenheit vorhalten, weil sie mit einigen Sendern der ARD inhaltlich kooperiert und zuletzt mit dem RBB über ein gemeinsames Gesprächsformat verhandelt hat. Und besonders dem Autor dieses Leitartikels, weil er seit Jahren eine Talkshow des ARD-Senders Radio Bremen moderiert.
[…]

Die Probleme sind größer als Massagestühle und Vier-Gänge-Menüs
[…]


--- Ende Zitat ---

Weiterlesen auf (Online-Abo oder Printausgabe 11.08.2022):
https://www.zeit.de/2022/33/patricia-schlesinger-rbb-oeffentlich-rechtlicher-rundfunk-medien


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Leserbrief eines bei den Verhandlungen zum Rundfunkbeitrag am BVerwG im März 2016 beteiligten Richters im "Blog der Leser" von Zeit Online:


--- Zitat von: Leserkommentar Dr. Thomas Heitz, Richter am BVerwG a.D. (bis Mai 2021) zu „Kind mit dem Bade“ von Giovanni di Lorenzo, ZEIT, 11.08.2022 ---
Der im Betreff genannte Beitrag zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk (ÖRR) behandelt die jüngsten Vorkommnisse im RBB auf die gewohnte Weise: Es sind Fehler gemacht worden, strukturelle Änderungen sind wünschenswert, aber bitte den RBB-Sumpf nicht überbewerten: Unsere Eliten sind halt einen gewissen aufwändigeren Stil gewohnt; warum nicht auch im ÖRR? Die überragenden Leistungen des ÖRR im Bereich der Nachrichten- und Informationssendungen sind für uns alle unverzichtbar. daeshalb ist nebensächlich, was sonst noch im ÖRR passiert.

Der ÖRR beruht auf zwei tragenden Säulen: Zum einen die rundherum gesicherte, weil vom Bundesverfassungsgericht garantierte Finanzierung durch eine Zwangsabgabe (Rundfunkbeitrag), die jeder Inhaber einer Wohnung im Bundesgebiet selbst dann bezahlen muss, wenn er nicht im Besitz eines Empfangsgeräts ist. Zum anderen der Programmgrundsatz der Ausgewogenheit, d.h. alle gesellschaftlich relevanten Meinungen müssen im Programm angemessen berücksichtigt werden. Die Finanzierung durch eine Zwangsabgabe schließt es (verfassungsrechtlich) aus, dass der ÖRR zum Instrument für die Förderung und Verbreitung einer bestimmten gesellschaftlichen oder politischen Linie gemacht wird.

Nach meiner Einschätzung, gewonnen u.a. als Mitglied des für das Rundfunkrecht zuständigen Senats des Bundesverwaltungsgerichts (bis Mitte 2021), fehlt den Verantwortlichen und vielen Mitarbeitern des ÖRR schlicht das Bewusstsein für die Bedeutung der beiden den ÖRR tragenden Säulen. Dies gilt insbesondere für die zweite Säule: Der ÖRR wird als Einrichtung angesehen, um die für richtig gehaltenen Vorstellungen zu verbreiten (z.B. zum Gendern).

Gegenauffassungen kommen in der Gesamtheit des Programms oftmals nicht vor oder werden als irrig, hinterwäldlerisch u.a. abgetan. Als eindrucksvollstes Beispiel sei nochmals an die Berichterstattung des ÖRR während der sog. Flüchtlingskrise 2015/16 erinnert. Der ÖRR war nicht mehr als eine Pressestelle der Bundesregierung. Die ÖRR-Programme verbreiteten eine Einheitsmeinung; Probleme wurden weitestgehend ausgeblendet bzw. abgetan.

Weiteres Beispiel: Wo waren denn im ÖRR die Kritiker des „Rußland-Gas-Kurses“ der CDU-SPD-Bundesregierungen, der sich als verhängnisvoller Irrweg herausgestellt hat? Wer hat denn im ÖRR die langjährigen Warnungen unserer Partner (USA, Polen, baltische Staaten u.a.) ernst genommen? Aus jüngster Zeit sei noch genannt, dass die Hamburger Besonderheiten des Cum-Ex-Skandals (Steuererlass von 45 Millionen Euro) den NDR – im Gegensatz zur ZEIT – nicht zu interessieren scheinen. Der viel gerühmte Rechercheverbund „NDR – WDR – Süddeutsche Zeitung“ hat offenbar anderes zu tun.

Diese Situation kann auf die Zusammensetzung der Mitarbeiterschaft des ÖRR zurückgeführt werden. Herr di Lorenzo konstatiert zwar, dass es im ÖRR keine einzige profilierte konservative Stimme mehr gibt, nennt aber die – aus meiner Sicht – Hauptursache nicht: Welcher konservative Journalist heuert denn beim ÖRR an, wenn er sicher sein kann, dort einer erdrückenden rot-grünen Mehrheit gegenüberzustehen.

Dazu gehört ein hohes Maß an Zivilcourage und Kampfbereitschaft. Die Lage ist nicht anders als im Bereich der Hamburger Verwaltung. Wie ich aus vielen Gesprächen weiss, meiden konservative oder jedenfalls nicht SPD-affine Juristen diese Verwaltung, weil sie eine SPD-Hochburg ist. Wie wäre es denn mit einer ÖRR-Quote für konservative Bewerber? (Scherz).

In seiner gegenwärtigen Verfassung ist dieser ÖRR keinesfalls unverzichtbar. Vor allem aber werden die Informations- und Nachrichtensendungen aufgrund ihrer eindeutigen Tendenz dem Aufrag, alle gesellschaftlich relevanten Entwicklungen aufzuzeigen, nicht gerecht. Aber ich befürchte, dass die notwendigen tiefgreifenden Reformen wieder einmal mit dem Verweis auf die auch von Herrn di Lorenzo beschworene überragende Bedeutung des ÖRR hintertrieben werden. In meiner Berufstätigkeit ist mir schon vor Jahren eine tiefe Abneigung gerade des „nichtakademischen“ Teils der Bevölkerung gegen den ÖRR aufgefallen.

Diese Abneigung ist im Osten besonders ausgeprägt. Es hat mich immer wieder erstaunt, mit welcher Arroganz die Verantwortlichen und Mitarbeiter des ÖRR darüber hinweggegangen sind, obwohl sie doch auch von diesem Teil der Bevölkerung finanziert werden. Die Notwendigkeit, Rundfunkbeitrag von monatlich 18,36 Euro zu zahlen, führt bei einkommensschwächeren Personen durchaus dazu, dass kein Geld für sonstige Medien, etwa für die Lokalzeitung, ausgegeben wird.

Auf die Verantwortung des Bundesverfassungsgerichts für die Situation des ÖRR gehe ich nicht ein; dies würde meine Zuschrift sprengen. Langer Rede kurzer Sinn: Herr di Lorenzo macht es sich viel zu einfach; er redet die Situation des ÖRR in gewohnter Weise schön. Devise: Weiter so! Während dessen sinkt die Akzeptanz des ÖRR immer mehr. Dass dies dort nicht weiter zu denken gibt, hängt mit den garantierten Milliarden aus den Rundfunkbeiträgen zusammen.

Dr. Thomas Heitz
--- Ende Zitat ---
https://blog.zeit.de/leserbriefe/2022/08/19/11-august-2022-33-ausgabe/
(Leserbrief Nr. 20)

Es besteht hiesigerseits Unsicherheit, ob ein öffentlich zugänglicher Leserbrief mit Angabe des Autors und Verlinkung der Quelle als Vollzitat wiedergegeben werden darf. Mögliche Reklamation durch den Autor bzw. Mitarbeiter von "Die Zeit" bitte per PM an mich bzw. einen der Moderatoren oder Admins.

ope23:
1. Hinweis: Der Leserbrief steht in gekürzter Form auch in der Printausgabe vom 25.8. - Die Kürzung ist nicht besonders geschickt. Insbesondere das Ding mit den beiden Säulen hat hier im Blogbeitrag mehr Pfeffer. Bei Bedarf könnte ich eine Art Kürzungsbericht erstellen.

2. Hinweis: Der 6. Senat, dem Herr Heitz angehörte, ist allerdings auch derjenige Senat, welcher in spektakulärer Weise Rundfunkklagen in massenhafter Form abgewiesen hat:

Rundfunkbeitrag - Gehörsrüge zum Copy & Paste Urteil des BVerwG (06/2016)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=19171.0

Dunkel erinnere ich mich, dass der Name von Herrn Heitz im Zusammenhang mit einem Minderheitsvotum bei den seinerzeitigen Urteilen genannt wurde. Ohne Gewähr.

Ich bin etwas verwundert über die manchmal ins Flapsige reichende Offenherzigkeit des Blogbeitrags.  :laugh:

ope23:
Vor mir liegt jetzt die Printversion. Junge, Junge, die ZEIT-Redaktion hat hier schon geradezu tendenziös gekürzt. Wenn sonst auch teppichlange Leserbriefe gedruckt werden, hätte es der Blogbeitrag von Herrn Heitz aber dreimal verdient. 

Aber letztlich bleibt der längere Blogbeitrag länger im Web-Gedächtnis als der gedruckte Text, der eh bald ins Altpapier kommt.

Vielleicht gibt es technisch versierte Forumsteilnehmer, die den Blogbeitrag von Herrn Heitz digital zu sichern versuchen.

Bürger:

--- Zitat von: ChrisLPZ am 28. August 2022, 10:20 ---
--- Zitat von: Leserkommentar Dr. Thomas Heitz, Richter am BVerwG a.D. (bis Mai 2021) zu „Kind mit dem Bade“ von Giovanni di Lorenzo, ZEIT, 11.08.2022 ---[...] Nach meiner Einschätzung, gewonnen u.a. als Mitglied des für das Rundfunkrecht zuständigen Senats des Bundesverwaltungsgerichts (bis Mitte 2021) [...]

[...] Die Notwendigkeit, Rundfunkbeitrag von monatlich 18,36 Euro zu zahlen, führt bei einkommensschwächeren Personen durchaus dazu, dass kein Geld für sonstige Medien, etwa für die Lokalzeitung, ausgegeben wird. [...]

Dr. Thomas Heitz
--- Ende Zitat ---
https://blog.zeit.de/leserbriefe/2022/08/19/11-august-2022-33-ausgabe/

--- Ende Zitat ---

Schön und gut - aber laut seinerzeitigem Urteil des BVerwG, an welchem Herr Dr. Thomas Heitz offensichtlich selbst mitgewirkt hat, sei diese "Beschränkung des Zugangs zu anderen Quellen" angeblich "hinzunehmen" [sic!], um den angeblich "unmittelbar durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Bestand des öffentlichrechtlichen Rundfunks und dessen Entwicklung zu gewährleisten" ::) siehe dazu u.a. unter
Neue Klagebegründungen aufgrund Urteil des BVerwG vom 16./17. März?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,18784.msg122616.html#msg122616

--- Zitat von: Bürger am 14. Mai 2016, 19:54 ---[...]
BVerwG 6 C 6.15 - Urteil vom 18.03.2016
http://www.bverwg.de/entscheidungen/pdf/180316U6C6.15.0.pdf
Rd.-Nr. 50

--- Zitat ---10. Die Rundfunkbeitragspflicht für Wohnungsinhaber nach §§ 2 ff. RBStV verstößt nicht gegen das Grundrecht, sich aus allgemein zugänglichen Informationsquellen ungehindert zu unterrichten (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Da nahezu jeder Beitragspflichtige über eine Rundfunkempfangsmöglichkeit verfügt, zielt die Rundfunkbeitragspflicht weder darauf ab noch ist sie wegen der Höhe des Beitrags objektiv geeignet, Interessenten von Informationen des öffentlichrechtlichen Rundfunks fernzuhalten. Soweit sie sich als Beschränkung des Zugangs zu anderen Informationsquellen auswirkt, ist dies hinzunehmen [sic!], um den unmittelbar durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Bestand des öffentlichrechtlichen Rundfunks und dessen Entwicklung zu gewährleisten (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2010 - 6 C 12.09 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 58 Rn. 39 ff.). Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fordert die Finanzierung des Rundfunkauftrags; dem dient die Rundfunkbeitragspflicht (vgl. unter 4.).
--- Ende Zitat ---
[...]

--- Ende Zitat ---

...sowie im Weiteren auch
Worin erschöpft sich die "Bestands- und Entwicklungsgarantie" d. ö.r. Rundfunks?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=21558.0
Worin erschöpft sich die "Finanzierungsgarantie" d. ö.r. Rundfunks?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=21559.0

Nichtgucker:

--- Zitat von: Bürger am 03. September 2022, 01:26 ---
--- Zitat von: Bürger am 14. Mai 2016, 19:54 ---[...]
BVerwG 6 C 6.15 - Urteil vom 18.03.2016
http://www.bverwg.de/entscheidungen/pdf/180316U6C6.15.0.pdf
Rd.-Nr. 50

--- Zitat ---[...] um den unmittelbar durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Bestand des öffentlichrechtlichen Rundfunks und dessen Entwicklung zu gewährleisten [...]
--- Ende Zitat ---
[...]

--- Ende Zitat ---

--- Ende Zitat ---
In Artikel 5 Grundgesetz wird die Freiheit der Presse und des Rundfunks gewährleistet. Von einer öffentlich-rechtlichen Organisation des Rundfunks und einer Finanzierung durch Zwangsbeiträge steht dort nichts - genauso wie in den anderen Artikeln des Grundgesetzes. Wer in Artikel 5 GG einen öffentlichen-rechtlichewn Rundfunk hineininterpretiert, müsste auch eine öffentlich-rechtliche Presse verlangen.


Edit "Bürger": Ja - aber hier in diesem Thread ist nicht der geeignete Ort für eine - wiederholte - Vertiefung.
Obiger Querverweis sollte lediglich kurz die gefühlte Doppelzüngigkeit des Herrn Dr. Thomas Heitz, Richter am BVerwG a.D., verdeutlichen.
Es wäre schön, wenn Dr. Thomas Heitz, Richter am BVerwG a.D., die Erkenntnis der Einschränkung nicht nur in Leserbriefen kundtäte ::)
Inhaltliche Diskussionen siehe u.a. oben verlinkte Threads. Hier bitte nur noch zum Einstiegs-Thema. Danke.

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