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Autor Thema: EuGH C-333/07 - Kommission muß Beihilfe-Finanzierungsweise prüfen  (Gelesen 719 mal)

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... sonst ist die ganze Prüfung mitsamt ihrer Entscheidung ungültig.

Im vorliegenden Fall geht es um eine Abgabe auf Rundfunk-Werbung, die zur Finanzierung von Rundfunkunternehmen verwendet wird, wo also die Abgabe zur Finanzierung der Beihilfe verwendet wird, wie es auch beim Rundfunkbeitrag der Fall ist.

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)
22. Dezember 2008(*)

„Staatliche Beihilfen – Beihilferegelung zugunsten von lokalen Radiosendern – Finanzierung durch eine parafiskalische Abgabe auf die Vermarktung von Werbezeiten – Positive Entscheidung der Kommission nach Abschluss der Vorprüfungsphase gemäß Art. 93 Abs. 3 EG-Vertrag (jetzt Art. 88 Abs. 3 EG) – Beihilfen, die mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sein können – Art. 92 Abs. 3 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 87 Abs. 3 EG) – Berufung auf die Rechtswidrigkeit der Entscheidung – Begründungspflicht – Würdigung des Sachverhalts – Vereinbarkeit der parafiskalischen Abgabe mit dem EG-Vertrag“

In der Rechtssache C-333/07

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=73214&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4335933

Rn. 111
Zitat
Da die Kommission bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der streitigen Beihilferegelung mit den Bestimmungen des Vertrags betreffend staatliche Beihilfen die Finanzierungsweise dieser Beihilfen nicht berücksichtigt hat, obwohl sie Bestandteil der Regelung war, ist die Beurteilung der Vereinbarkeit der fraglichen Regelung mit dem Gemeinsamen Markt zwangsläufig fehlerhaft.

Rn. 112
Zitat
Die streitige Entscheidung ist aus diesem Grund für ungültig zu erklären.

Rn. 124
Zitat
Stellt der Gerichtshof im Rahmen eines Verfahrens nach Art. 234 EG die Ungültigkeit eines von einer Gemeinschaftsbehörde erlassenen Rechtsakts fest, hat nach ständiger Rechtsprechung seine Entscheidung insbesondere die Rechtsfolge, dass die zuständigen Organe der Gemeinschaft verpflichtet sind, die erforderlichen Maßnahmen zu erlassen, um der festgestellten Rechtswidrigkeit abzuhelfen; die in Art. 233 EG für den Fall eines Nichtigkeitsurteils festgelegte Pflicht gilt in einem solchen Fall entsprechend (vgl. u. a. Urteil vom 9. September 2008, FIAMM u. a./Rat und Kommission, C-120/06 P und C-121/06 P, Slg. 2008, I-0000, Randnr. 123 und die dort angeführte Rechtsprechung).

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SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN
JULIANE Kokott
vom 26. Juni 2008(1)
Rechtssache C-333/07

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=66893&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4335933

Zitat
a)      Fehlende Bezugnahme auf die Art der Finanzierung der Beihilferegelung

64.      Was zunächst die Art der Finanzierung der Beihilferegelung anbelangt, so ist es unbestreitbar, dass die Kommission dazu in der Begründung der streitigen Entscheidung kein Wort verliert. Dieses Schweigen bedeutet allerdings nicht zwangsläufig, dass die streitige Entscheidung mit einem Begründungsmangel behaftet ist.

65.      Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 190 EG-Vertrag vorgeschriebene Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können(49).

66.      Zu den besonderen Umständen des Beihilfenkontrollverfahrens gehört es, dass, wie bereits erwähnt, zwischen der Vorprüfungsphase gemäß Art. 93 Abs. 3 EG-Vertrag und dem förmlichen Prüfverfahren gemäß Art. 93 Abs. 2 EG-Vertrag zu unterscheiden ist. Während es das förmliche Prüfverfahren der Kommission ermöglichen soll, umfassend Kenntnis von allen Gesichtspunkten eines Falls zu erhalten, dient die Vorprüfungsphase lediglich dazu, der Kommission eine erste Meinungsbildung über die teilweise oder völlige Vereinbarkeit der fraglichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt zu ermöglichen(50) und ist überdies durch eine kurze Entscheidungsfrist gekennzeichnet(51).

67.      Die streitige Entscheidung ist am Ende einer solchen Vorprüfungsphase ergangen, ohne dass die Kommission die zweite Verfahrensphase eingeleitet hätte. Dementsprechend müssen auch die Anforderungen an die Begründung dieser Entscheidung geringer ausfallen als an die Begründung einer Entscheidung, mit der die vertiefte Untersuchung eines Falls in einem förmlichen Prüfverfahren abgeschlossen wird. Es ist lediglich anzugeben, weshalb die Kommission keine ernsten Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Frage der Vereinbarkeit der streitigen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt sieht(52).

68.      Ohnehin brauchen in der Begründung nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 190 EG-Vertrag genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet(53).

69.      Da es sich bei der streitigen Entscheidung bereits um die dritte in Folge zu der in Frage stehenden Beihilferegelung handelte(54), durfte die Kommission den allgemeinen Kontext, in den sich ihre Entscheidung einfügte, als bekannt voraussetzen und sich entsprechend kurz fassen(55).

70.      In ihrem Schreiben vom 10. November 1997 teilte die Kommission den französischen Behörden in äußerst knapper, aber gleichwohl verständlicher Form ihre Gründe für die erneute Genehmigung der verlängerten Beihilferegelung mit: die aufgewendeten Haushaltsmittel würden nicht erhöht, die Beihilfeempfänger seien kleine Radiosender mit lokaler Zuhörerschaft, die verfolgten Ziele des Allgemeininteresses bestünden fort, und der innergemeinschaftliche Handel werde nicht in einem Maß beeinträchtigt, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufe.

71.      Da die Kommission nach eigenen Angaben die Art der Finanzierung der Beihilferegelung im Hinblick auf deren wettbewerbsrechtliche Beurteilung für unerheblich hielt, brauchte sie in der Begründung der streitigen Entscheidung nicht darauf einzugehen. Die Begründung eines Gemeinschaftsrechtsakts muss nämlich lediglich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen enthalten, auf die die Entscheidung gestützt ist(56).

72.      Keine Frage der Einhaltung wesentlicher Formvorschriften, sondern eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung ist es hingegen, ob die von der Kommission angeführten Gründe auch inhaltlich zutreffen (Stichhaltigkeit der Begründung)(57) und ob die Kommission es gegebenenfalls versäumt hat, sich bei ihrer Entscheidungsfindung mit einem maßgeblichen Gesichtspunkt auseinanderzusetzen(58).

73.      Unter diesen Umständen halte ich das Fehlen von Ausführungen zur Art der Finanzierung der Beihilferegelung nicht für einen Begründungsmangel, der als Verletzung einer wesentlichen Formvorschrift zur Ungültigkeit der streitigen Entscheidung führen könnte.

Ist jemandem die Tragweite bewusst?

Haben die Länder die Finanzierungsweise der Beihilfe namens Rundfunkbeitrag nicht an die Kommission gemeldet, konnte die Kommission folglich diesen Aspekt bei ihrer Beihilfeprüfung nicht beachten, ist die darauffolgende Entscheidung der Kommission ungültig und die Beihilfe mithin als ungenehmigt anzusehen, sofern genehmigungspflichtig.

Querverweis:
Mitteilung -> Kriterien d. Vereinbarkeit staatl. Beihilfen mit dem Binnenmarkt
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35861.0.html

Weiterführend auch:

EuGH C-677/11 - Beihilfemeldung muß Finanzierungsweise enthalten
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35210.0

EuGH C-24/95 - Unionsrechtswidrige Unternehmensbeihilfe sind zurückzufordern
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=34842.0


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