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Autor Thema: BGH I ZR 17/21 - Identitätsdiebstahl vs. unlautere Geschäftspraktik  (Gelesen 646 mal)

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Hinweis:
In der vorliegenden Entscheidung geht es um einen Mobilfunkvertrag, der im Fernabsatz zustandegekommen sein soll, was seitens der potentiellen Kundin bestritten worden ist; bereits dieser Umstand genügt allerdings, daß das Verhalten des Unternehmens als unlauter gilt, wenn es an dem nicht von der potentiellen Kundin genutzten, angeblich zustandegekommenen Mobilfunkvertrag festhält und nicht (gerichtsfest) nachweist, daß die potentielle Kundin den Vertrag tatsächlich abgeschlossen hat.


Urteil des I. Zivilsenats vom 20.10.2021 - I ZR 17/21 -
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=125189&pos=2&anz=882

Zitat
UWG § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fall 1, Anh. Nr. 29 zu § 3 Abs. 3

a) Ein Irrtum des Unternehmers über den Umstand einer vorhergehenden Bestellung durch den zur Zahlung aufgeforderten Verbraucher ist im Rahmen der Prüfung der Unlauterkeit einer geschäftlichen Handlung unter dem Gesichtspunkt der Irreführung auch dann nicht zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, wenn dieser Irrtum nicht vorwerfbar ist (Bestätigung von BGH, Urteil vom 6. Juni 2019 - I ZR 216/17, GRUR 2019, 1202 Rn. 26 = WRP 2019, 1471 – Identitätsdiebstahl I).

b) Eine unzulässige geschäftliche Handlung nach Nr. 29 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG kann nur dann angenommen werden, wenn eine nicht bestellte Ware tatsächlich geliefert oder eine nicht bestellte Dienstleistung tatsächlich erbracht wurde. Das bloße Inaussichtstellen einer Warenlieferung oder Dienstleistungserbringung genügt nicht (Aufgabe von BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 134/10, GRUR 2012, 82 Rn. 12 = WRP 2012, 198 - Auftragsbestätigung).

c) Waren sind nur dann als "geliefert" und Dienstleistungen nur dann als "erbracht" im Sinne von Nr. 29 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG anzusehen, wenn sie den zur Zahlung aufgeforderten Verbraucher in einer Weise erreicht haben, dass dieser tatsächlich in der Lage ist, sie zu nutzen oder sonst über deren Verwendung zu bestimmen (Klarstellung von BGH, GRUR 2019, 1202 Rn. 32 - Identitätsdiebstahl).

Rn. 11
Zitat
1. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben (Fall 1) oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über - nachfolgend aufgezählte - Umstände enthält (Fall 2)

Rn. 12
Zitat
2. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, die an die Zeugin Z. übersandte Zahlungsaufforderung stelle eine geschäftliche Handlung dar. Die konkludente Behauptung, es sei zu einem entsprechenden Vertragsschluss zwischen der Zeugin und der T. gekommen, sei außerdem eine unwahre Angabe im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 UWG. Hiergegen wendet sich die Revision nicht.

Rn. 17
Zitat
Anders als die Revision geltend macht, ist das Berufungsgericht insbesondere nicht von einem unzutreffenden Verbraucherleitbild ausgegangen, sondern hat zu Recht die Vorstellung eines verständigen und situationsadäquat aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers zugrunde gelegt (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, GRUR 2021, 1422 Rn. 16 - Vorstandsabteilung). Dabei hat es das Berufungsgericht auch nicht versäumt, die Umstände des Streitfalls in den Blick zu nehmen. Es hat diese umfassend berücksichtigt und dabei nicht verkannt, dass es sich bei dem Abschluss eines Mobilfunkvertrags nicht um einen alltäglichen Vertrag handelt. Zu Recht hat es darauf abgestellt, dass es für die Annahme einer Irreführung erforderlich, aber auch ausreichend ist, wenn das beanstandete Verhalten geeignet ist, bei einem erheblichen Teil der relevanten Verkehrskreise irrige Vorstellungen über marktrelevante Umstände hervorzurufen (vgl. BGH, Urteil vom 8. März 2012 - I ZR 202/10, GRUR 2012, 1053 Rn. 19 = WRP 2012, 1216 - Marktführer Sport; Urteil vom 28. April 2016 - I ZR 23/15, GRUR 2016, 1073 Rn. 27 = WRP 2016, 1228 - Geo-Targeting, jeweils mwN). Dies hat das Berufungsgericht für den Streitfall rechtsfehlerfrei bejaht. Die hierin liegende Bewertung ist insbesondere nicht erfahrungswidrig.

Rn. 19
Zitat
4. Das Berufungsgericht ist ferner davon ausgegangen, die mit der Zahlungsaufforderung verbundene unwahre Angabe eines zugrundeliegenden Vertragsschlusses sei geeignet gewesen, die angeschriebene Verbraucherin zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätte. Die (abstrakte) Täuschungseignung sei selbst dann zu bejahen, wenn die Zeugin Z. gewusst habe, dass sie das geforderte Entgelt nicht schulde. Die mit der Zahlungsaufforderung verbundene unwahre Angabe sei geeignet gewesen, die angeschriebene Verbraucherin zur Zahlung des verlangten Entgelts und damit zur Erfüllung des behaupteten Vertrags und so zu dessen Behandlung als wirksam zu veranlassen. Auch diese Beurteilung unterliegt keinem Rechtsfehler (vgl. BGH, GRUR 2019, 1202 Rn. 22 bis 24 - Identitätsdiebstahl I)

Rn. 20
Zitat
5. Der Umstand, dass im Streitfall ein sogenannter "Identitätsdiebstahl" dergestalt vorliegt, dass ein unbekannter Dritter unter dem Namen der Zeugin Z. die auf den Abschluss des Mobilfunkvertrags gerichtete Willenserklärung gegenüber der T. abgegeben hat, steht der Annahme einer unlauteren geschäftlichen Handlung im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichts nicht entgegen

Rn. 22
Zitat
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Irrtum des Unternehmers über den Umstand einer vorhergehenden Bestellung durch den zur Zahlung aufgeforderten Verbraucher im Rahmen der Prüfung der Unlauterkeit einer geschäftlichen Handlung allerdings auch dann nicht zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, wenn dieser Irrtum nicht vorwerfbar ist (vgl. BGH, GRUR 2019,
1202 Rn. 26 - Identitätsdiebstahl I). Die Annahme einer irreführenden Handlung im Sinne von Art. 6 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmern gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt, dessen Umsetzung § 5 UWG dient, setzt grundsätzlich nicht voraus, dass der Gewerbetreibende vorsätzlich eine objektiv falsche Angabe macht (vgl. EuGH, Urteil vom 16. April 2015 - C-388/13, GRUR 2015, 600 Rn. 47 bis 49 = WRP 2015, 698 - UPC Magyarország; BGH, GRUR 2019, 1202 Rn. 26 - Identitätsdiebstahl I; Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 39. Aufl., § 5 Rn. 1.53). Ferner braucht bei einer Geschäftspraxis, die - wie im Streitfall - alle in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG (§ 5 Abs. 1 UWG) genannten Voraussetzungen einer den Verbraucher irreführenden Praxis erfüllt, nicht mehr geprüft zu werden, ob eine solche Praxis auch den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt im Sinne von Art. 5 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie (§ 2 Abs. 1 Nr. 7, § 3 Abs. 2 UWG) widerspricht, um sie als unlauter ansehen zu können (vgl. EuGH, Urteil vom 19. September 2013 - C-435/11, GRUR 2013, 1157 Rn. 42 bis 45 = WRP 2014, 38 - CHS Tour Services; EuGH, GRUR 2015, 600 Rn. 63 - UPC Magyarország; BGH, GRUR 2019, 1202 Rn. 26 - Identitätsdiebstahl I; Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 5 Rn. 1.53).

Rn. 30
Zitat
cc) Das Berufungsgericht ist weiter zutreffend davon ausgegangen, dass Waren nur dann als "geliefert" und Dienstleistungen nur dann als "erbracht" im Sinne von Nr. 29 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG angesehen werden können, wenn sie den zur Zahlung aufgeforderten Verbraucher tatsächlich erreicht haben (vgl. MünchKomm.UWG/Alexander aaO nach § 3 Abs. 3 Nr. 29 Rn. 28; BeckOK.UWG/Fritzsche aaO Anh. zu § 3 Abs. 3 Nr. 29 Rn. 11c; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO Anh. zu § 3 Nr. 29 Rn. 29.8; jurisPK.UWG/Seichter, Stand 30. März 2021, Anh. zu § 3 Abs. 3 Nr. 29 Rn. 5.1). Der Verbraucher muss also in die Lage versetzt worden sein, die Dienstleistung oder Ware zu nutzen oder über deren Verwendung zu bestimmen. Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn dem Verbraucher eine gelieferte Ware im Wege der Besitzverschaffung zur Verfügung gestellt wurde, sie also in seinen Machtbereich gelangt ist. Eine Dienstleistung muss dementsprechend in einer Weise bei dem Verbraucher angekommen sein, dass er sie nutzen oder sonst von ihr profitieren kann. Die Bereitstellung des Mobilfunkanschlusses und die Freischaltung der SIM-Karte haben die Verbraucherin im Streitfall allerdings nicht in einer Weise erreicht, dass sie in der Lage gewesen wäre, hiervon Gebrauch zu machen. Sie hat keine SIM-Karte erhalten und konnte den Mobilfunkanschluss nicht nutzen.

Rn. 32
Zitat
(2) Dem dargestellten Normverständnis entsprechend hat auch der Gerichtshof der Europäischen Union festgehalten, Nr. 29 von Anhang I der Richtlinie 2005/29/EG sei insbesondere dann erfüllt, wenn der Gewerbetreibende den Verbraucher zur Bezahlung einer Ware oder Dienstleistung auffordere, die er dem Verbraucher geliefert habe, die vom Verbraucher aber nicht bestellt worden sei
(vgl. EuGH, Urteil vom 13. September 2018 - C-54/17 und C-55/17, GRUR 2018, 1156 Rn. 43 = WRP 2018, 1304 - Wind Tre und Vodafone Italia). Die Formulierung "dem Verbraucher geliefert" deutet darauf hin, dass auch aus Sicht des Gerichtshofs der Europäischen Union die Lieferung den zur Zahlung aufgeforderten Verbraucher erreicht haben muss

Rn. 35
Zitat
aa) Die allgemeinen Vorschriften der Unlauterkeit wegen irreführender und aggressiver Geschäftspraktiken werden durch die spezielleren Tatbestände im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG nicht verdrängt, sondern lediglich ergänzt (BGH, GRUR 2012, 82 Rn. 16 - Auftragsbestätigung; GRUR 2019, 1202 Rn. 28 - Identitätsdiebstahl I). Wird ein Verhalten von den Tatbeständen des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG nicht erfasst, folgt daraus nicht, dass es hinzunehmen ist. Vielmehr greift dann die Prüfung nach den allgemeinen Bestimmungen über unlautere Geschäftspraktiken ein (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - I ZR 157/10, GRUR 2012, 184 Rn. 29 = WRP 2012, 194 - Branchenbuch Berg; Büscher/Büscher aaO § 5 Rn. 96; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 3 Rn. 4.4 und Anh. zu § 3 Rn. 0.8; Großkomm.UWG/Lindacher/Peifer aaO § 5 Rn. 308; Nordemann in Götting/Nordemann aaO § 5 Rn. 0.12).

Rn. 37
Zitat
(1) Danach ist es geboten, bei der Prüfung einer geschäftlichen Handlung anhand der allgemeinen Vorschriften der §§ 4 bis 6 UWG zu fragen, ob es gesetzlich geregelte Verbotstatbestände oder Regelbeispiele gibt, die zumindest einen ähnlichen Fall erfassen und damit einen wertenden Rückschluss erlauben, ob die entsprechende Verhaltensweise lauterkeitsrechtlich zu missbilligen ist oder nicht. Dementsprechend darf die Prüfung nach den allgemeinen Bestimmungen über unlautere Geschäftspraktiken nicht zu einem Wertungswiderspruch zu den speziellen Tatbeständen des Anhangs führen (vgl. BGH, GRUR 2019, 1202 Rn. 29 - Identitätsdiebstahl I; zu einem Wertungswiderspruch infolge verschiedener Maßstäbe an das Verhalten des Werbenden gegenüber Verbrauchern und
sonstigen Marktteilnehmern vgl. BGH, GRUR 2012, 184 Rn. 29 - Branchenbuch Berg; Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO Anh. zu § 3 Rn. 0.8 )

Rn. 43
Zitat
b) Eine Unverhältnismäßigkeit der Titulierung des klägerischen Unterlassungsanspruchs ergibt sich entgegen der Revision insbesondere nicht daraus, dass die in der Zahlungsaufforderung enthaltene Falschangabe für die Beklagte möglicherweise nicht zu vermeiden war (vgl. dazu Franz, CR 2019, 756, 757 f.). Wie bereits (unter Rn. 20 bis 22) dargelegt, ändert ein fehlendes Verschulden des Gewerbetreibenden in einer Konstellation wie der vorliegenden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nichts daran, dass ihm die Herbeiführung der beim Verbraucher eingetretenen Irreführung als unlauteres Verhalten anzulasten ist.

Der BGH stellt hier zwar bundesfachgerichtlich klar, siehe Leitsatz c und Rn. 32, daß eine Ware oder Dienstleistung den Empfänger auch tatsächlich erreicht haben muß, also nutzungsfähig sein muß, um als "nichtbestellte Ware oder Dienstleistung" überhaupt gelten zu können; die Nachweispflicht dafür hat aber das Unternehmen, wie aus Rnn. 11 und 43 ableitbar ist.

Nutzungsfähig ist Mobilfunk wie letztlich auch Rundfunk nur mit den entsprechend vorhandenen Empfangsgeräten und den sonstigen dafür erforderlichen technischen Gerätschaften.


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In Vertiefung des Themas sei nachstehende Entscheidung verlinkt wie zitiert, die in Leitsatz a. der im Titel genannten Entscheidung benannt wird.

Urteil des I. Zivilsenats vom 6.6.2019 - I ZR 216/17 -
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=9e3c6f4d5783f398878cae0234777c24&nr=99532&pos=0&anz=1

Zitat
UWG § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Fall 1, Anhang Nr. 29 zu § 3 Abs. 3

a) Die Aufforderung zur Bezahlung nicht bestellter Dienstleistungen ist als irreführende geschäftliche Handlung im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 UWG anzusehen, wenn der angesprochene Verbraucher der Aufforderung die Behauptung entnimmt, er habe die Dienstleistung bestellt. Einer Unlauterkeit nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG steht nicht entgegen, dass der Unternehmer bei der Zahlungsaufforderung in der ihm nicht vorwerfbaren irrtümlichen Annahme einer tatsächlich vorliegenden Bestellung gehandelt hat.

b) Die Aufforderung zur Bezahlung nicht bestellter, aber erbrachter Dienstleistungen fällt auch dann unter Nr. 29 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG, wenn der Unternehmer irrtümlich von einer Bestellung ausgeht und der Irrtum seine Ursache nicht im Verantwortungsbereich des Unternehmers hat (Aufgabe von BGH, Urteil vom 17. August 2011 - I ZR 134/10, GRUR 2012, 82
Rn. 18 - Auftragsbestätigung).

Rn. 11
Zitat
1. Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 UWG irreführend, wenn sie unwahre Angaben (Fall 1) oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über - nachfolgend aufgezählte - Umstände enthält (Fall 2).

Rn. 12
Zitat
2. Die Zahlungsaufforderungen der Beklagten und die ihr gemäß § 8 Abs. 2 UWG zuzurechnenden Zahlungsaufforderungen der beauftragten Inkassounternehmen und des Rechtsanwalts sind geschäftliche Handlungen im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, die mit der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.

Rn. 16
Zitat
a) Angaben sind Geschäftshandlungen mit Informationsgehalt, die sich auf Tatsachen und zur Täuschung des Durchschnittsverbrauchers geeignete Meinungsäußerungen beziehen (vgl. BGH, GRUR 2019, 754 Rn. 25 bis 29 - Prä-
miensparverträge). Gegenstand einer solchen Angabe kann die Erweckung des Eindrucks sein, eine Ware oder Dienstleistung sei vom Verbraucher bereits bestellt worden (vgl. BGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - I ZR 157/10, GRUR 2012, 184 Rn. 18 = WRP 2012, 194 - Branchenbuch Berg, mwN)

Rn. 18
Zitat
b) Eine Angabe ist unwahr, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Für die Beurteilung kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 24. September 2013 - I ZR 89/12, GRUR 2013, 1254 Rn. 15 = WRP 2013, 1596 - Matratzen Factory Outlet; Urteil vom 21. April 2016 - I ZR 151/15, GRUR 2016, 1193 Rn. 20 = WRP 2016, 1354 - Ansprechpartner; Urteil vom 21. Juni 2018 - I ZR 157/16, GRUR 2018, 1263 Rn. 11 = WRP 2018, 1458 - Vollsynthetisches Motorenöl).

Rn. 21
Zitat
[...]  Die Übersendung der Zahlungsaufforderungen durch und auf Veranlassung der Beklagten schloss aus der Sicht des angesprochenen Verbrauchers nicht nur die unwahre Behauptung einer Bestellung der in Rechnung gestellten Dienstleistung ein, sondern war darüber hinaus zur Täuschung des Verbrauchers geeignet (vgl. auch BGH, GRUR 2018, 950 Rn. 42 - Namensangabe).

Rn. 22
Zitat
4. Die unwahre Angabe ist ferner geeignet, den Verbraucher tatsächlich oder voraussichtlich zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte.

Rn. 26
Zitat
a) Ein Irrtum des Unternehmers über den Umstand einer vorhergehenden Bestellung durch den zur Zahlung aufgeforderten Verbraucher ist im Rahmen der Prüfung der Unlauterkeit einer geschäftlichen Handlung unter dem Gesichtspunkt der Irreführung auch dann nicht zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, wenn dieser Irrtum nicht vorwerfbar ist. Die Annahme einer irreführenden Handlung im Sinne von Art. 6 der Richtlinie 2005/29/EG setzt grundsätzlich nicht voraus, dass der Gewerbetreibende vorsätzlich eine objektiv falsche Angabe macht (EuGH, Urteil vom 16. April 2015 - C-388/13, GRUR 2015, 600 Rn. 47 bis 49 = WRP 2015, 698 - Ungarische Verbraucherschutzbehörde; Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 5 Rn. 1.53). Ferner braucht bei einer Geschäftspraxis, die - wie im Streitfall - alle in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG genannten Voraussetzungen einer den Verbraucher irreführenden Praxis erfüllt, nicht mehr geprüft zu werden, ob eine solche Praxis auch den Erfordernissen der beruflichen Sorgfalt im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie widerspricht, um sie als unlauter und mithin nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie verboten ansehen zu können (EuGH, Urteil vom 19. September 2013 - C-435/11, GRUR 2013, 1157 Rn. 42 bis 45 = WRP 2014, 38 - CHS Tour Services; EuGH, GRUR 2015, 600 Rn. 63 - Ungarische Verbraucherschutzbehörde; Bornkamm/Feddersen in Köhler/Bornkamm/Feddersen aaO § 5 Rn. 1.53).


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- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

 
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