Auch in Belangen des ÖRR könnte diese Entscheidung erhebliche Auswirkung haben; siehe Hervorhebung durch Unterstreichung im nachstehend in Grün hervorgehobenen Bereich.
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Siebte Kammer)
15. April 2021(*)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Mehrwertsteuer – Richtlinie 2006/112/EG – Art. 9 – Steuerpflichtige – Art. 11 – Befugnis der Mitgliedstaaten, Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln (‚Mehrwertsteuergruppe‘) – Begriff ‚durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden‘ – Nationale Regelung, wonach es Personengesellschaften, deren Gesellschafter neben dem Organträger nicht nur Personen sind, die in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind, verwehrt ist, einer Mehrwertsteuergruppe anzugehören – Rechtssicherheit – Maßnahmen zur Verhinderung von Steuerhinterziehungen oder ?umgehungen – Verhältnismäßigkeit – Neutralität der Mehrwertsteuer“
In der Rechtssache C-868/19https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=239917&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=494328Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Siebte Kammer) für Recht erkannt:
Art. 11 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist im Licht der Grundsätze der Rechtssicherheit, der Verhältnismäßigkeit und der steuerlichen Neutralität dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die Möglichkeit für eine Personengesellschaft, zusammen mit dem Unternehmen des Organträgers eine als ein Mehrwertsteuerpflichtiger zu behandelnde Personengruppe zu bilden, davon abhängig macht, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die in dieses Unternehmen finanziell eingegliedert sind.
Rn. 34Art. 11 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht in Abs. 1 vor, dass jeder Mitgliedstaat in seinem Gebiet ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln kann; nach Art. 11 Abs. 2 kann ein Mitgliedstaat, der diese Möglichkeit in Anspruch nimmt, die erforderlichen Maßnahmen treffen, um Steuerhinterziehungen oder ?umgehungen durch die Anwendung dieser Bestimmung vorzubeugen.
Siehe Rn. 37 zur Hervorhebung durch Unterstreichung.
Rn. 37Aus den Erläuterungen des vorlegenden Gerichts und der deutschen Regierung ergibt sich zunächst, dass der deutsche Gesetzgeber von der ihm durch Art. 11 eingeräumten Befugnis mittels § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG Gebrauch gemacht hat, der vorsieht, dass „Organschaften“ gebildet werden können.
Rn. 35Mit dieser Bestimmung wollte der Unionsgesetzgeber es den Mitgliedstaaten ermöglichen, die Eigenschaft des Steuerpflichtigen nicht systematisch an das Merkmal der rein rechtlichen Selbständigkeit zu knüpfen, und zwar aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung oder zur Verhinderung bestimmter Missbräuche, wie z. B. der Aufspaltung eines Unternehmens zwischen mehreren Steuerpflichtigen, um in den Genuss einer Sonderregelung zu gelangen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. April 2013, Kommission/Irland, C-85/11, EU:C:2013:217, Rn. 47, und vom 16. Juli 2015, Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, C-108/14 und C-109/14, EU:C:2015:496, Rn. 40).
Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung darf der Bund als Mitgliedsland alle ÖRR als ein einziges mehrwertsteuerpflichtiges System behandeln, da alle ÖRR ja durch den ÖRR-internen Finanzausgleich miteinander verbunden sind.
Rn. 36Die Gleichstellung mit einem einzigen Steuerpflichtigen in Art. 11 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie schließt es aus, dass die untergeordneten Personen weiterhin getrennt Mehrwertsteuererklärungen abgeben und innerhalb wie außerhalb ihres Konzerns weiter als Steuerpflichtige angesehen werden, da nur der einzige Steuerpflichtige befugt ist, diese Erklärungen abzugeben (Urteile vom 22. Mai 2008, Amplifin und Amplifin, C-162/07, EU:C:2008:301, Rn. 19, und vom 17. September 2014, Skandia America [USA], C-7/13, EU:C:2014:2225, Rn. 29).
Rn. 44Für eine einheitliche Anwendung der Mehrwertsteuerrichtlinie ist es jedoch wichtig, dass der Begriff der engen Verbindungen durch finanzielle Beziehungen im Sinne von Art. 11 der Richtlinie autonom und einheitlich ausgelegt wird. Eine solche Auslegung ist, obwohl die in diesem Artikel vorgesehene Regelung für die Mitgliedstaaten fakultativ ist, verbindlich, um, wenn auf ihn zurückgegriffen wird, zu vermeiden, dass es bei der Anwendung dieser Regelung Divergenzen zwischen den Mitgliedstaaten gibt (vgl. entsprechend Urteil vom 25. April 2013, Kommission/Schweden, C-480/10, EU:C:2013:263, Rn. 34).
Rn. 47Zum anderen hat der Gerichtshof klargestellt, dass das bloße Bestehen enger Verbindungen zwischen den zu einer Mehrwertsteuergruppe gehörenden Personen in Ermangelung weiterer Anforderungen nicht zu der Annahme führen kann, dass der Unionsgesetzgeber die Inanspruchnahme der Regelung über die Mehrwertsteuergruppe allein den Einheiten vorbehalten wollte, die sich in einem Unterordnungsverhältnis zum Organträger der betreffenden Unternehmensgruppe befinden. Liegt ein solches Unterordnungsverhältnis vor, lässt dies zwar die Vermutung zu, dass zwischen den fraglichen Personen enge Verbindungen bestehen, doch kann es nicht grundsätzlich als eine für die Bildung einer Mehrwertsteuergruppe notwendige Voraussetzung angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juli 2015, Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, C-108/14 und C-109/14, EU:C:2015:496, Rn. 44 und 45).
Ein Unterordnungsverhältnis ist nicht für die Einstufung als "gemeinsam mehrwertsteuerpflichtig" maßgebend.
Rn. 54Würde der Grundsatz der Rechtssicherheit Personengesellschaften, zu deren Gesellschaftern neben dem Organträger nicht nur Personen gehören, die in das Unternehmen des Organträgers finanziell eingegliedert sind, die Bildung von Mehrwertsteuergruppen im Sinne von Art. 11 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie allein deshalb verwehren, weil ihre Gesellschaftsverträge nach nationalem Recht rein mündlich geschlossen und geändert werden können, liefe dies im Übrigen, wie auch das vorlegende Gericht zu Recht feststellt, darauf hinaus, die Vereinbarkeit aller mündlichen Vereinbarungen, die Rechtsfolgen im Bereich der Mehrwertsteuer haben, mit diesem Grundsatz in Frage zu stellen.
Auch rein mündliche Vereinbarungen, die mehrwertsteuerliche Rechtsfolgen haben, sind bindend.
Rn. 63Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist festzustellen, dass eine nationale Regelung, mit der alle Personengesellschaften, zu deren Gesellschaftern natürliche Personen gehören, systematisch von den Vorteilen der Mehrwertsteuergruppe ausgeschlossen werden, über das hinausgeht, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juni 2020, SCT, C-146/19, EU:C:2020:464, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Da der Bund von der Möglichkeit, (siehe Rnn. 34 und 37), Gebrauch gemacht hat,
muß er alle Personen mehrwertsteuerrechtlich gemeinsam erfassen, die durch "gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind".
Daher sind im System "ÖRR" alle Tochtergesellschaften zuzüglich BS, ARD, Arte, Medienanstalten, (solange, wie denen ein Teil aus dem Rundfunkbeitrag zugestanden wird), als "gemeinsam mehrwertsteuerpflichtig" zu behandeln.
Die Frage, die noch zu klären wäre, ist, wer das mehrwertsteuerpflichtige gemeinsame Organ ist; länderorganisatorisch ist ja keines definiert?
Zu Rn. 37: -> § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStGUmsatzsteuergesetz (UStG)
§ 2 Unternehmer, Unternehmenhttps://www.gesetze-im-internet.de/ustg_1980/__2.html(1) Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.
(2) Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,
1.
soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind,
2.
wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. Hat der Organträger seine Geschäftsleitung im Ausland, gilt der wirtschaftlich bedeutendste Unternehmensteil im Inland als der Unternehmer.
(3) (weggefallen)
Sind die Länder "Organträger" der ÖRR, sind sie in Belangen der ÖRR zusammen mit diesen selber mehrwertsteuerpflichtig?
Ist doch irre? Die Länder finanzieren ihren ÖRR mit Hilfe einer staatlichen Beihilfe und wären mit allen Einnahmen der ÖRR, zu denen dann auch diese Beihilfe gehört, wiederum mehrwertsteuerpflichtig?
Und das nur, weil sich die Länder nicht trauen, ihren ÖRR auf unionsrechtlich stabile Füße zu stellen?
Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)
Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;
- Parteien, deren Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;
- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;