Nach unten Skip to main content

Autor Thema: EuGH C-526/04 - Rückforderungspflicht einer Überkompensierung  (Gelesen 690 mal)

  • Beiträge: 7.286
Mal wieder passt nicht alles in den Titel:

Er müsste vollständigerweise lauten:

EuGH C-526/04 - Rückforderungspflicht einer nicht gemeldete Abgabe sowie einer Überkompensierung
-----------------------

URTEIL DES GERICHTSHOFES (Zweite Kammer)
7. September 2006(*)

„Staatliche Beihilfen – Artikel 87 EG und 88 Absatz 3 EG – Abgabe auf die Direktverkäufe von Arzneimitteln – Abgabenpflicht der Pharmahersteller, aber nicht der Großhändler – Verbot der Durchführung von nicht notifizierten Beihilfemaßnahmen – Möglichkeit, die Rechtswidrigkeit einer Beihilfemaßnahme geltend zu machen, um die Erstattung einer Abgabe zu erwirken – Ausgleich, der die Gegenleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen der Großhändler darstellt – Beweislast für eine Überkompensierung – Vorschriften des nationalen Rechts – Verbot, die Erstattung der Abgabe praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren“

In der Rechtssache C-526/04

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=63686&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4364289

Rn. 29
Zitat
Hierzu ist daran zu erinnern, dass eine Beihilfemaßnahme im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG, die unter Verstoß gegen die sich aus Artikel 88 Absatz 3 EG ergebenden Verpflichtungen durchgeführt wird, rechtswidrig ist. Es ist Sache der nationalen Gerichte, die Rechte des Einzelnen gegen eine mögliche Verletzung des Verbots der Durchführung der Beihilfen durch die staatlichen Stellen zu schützen und entsprechend ihrem nationalen Recht daraus alle Folgerungen sowohl für die Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der fraglichen Beihilfemaßnahmen als auch für die Wiedereinziehung der gewährten finanziellen Unterstützung zu ziehen (vgl. u. a. Urteil vom 27. Oktober 2005 in den Rechtssachen C-266/04 bis C-270/04, C-276/04 und C-321/04 bis C-325/04, Distribution Casino France u. a., Slg. 2005, I-9481, Randnr. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Rn. 43
Zitat
Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich, dass die nationalen Gerichte grundsätzlich die Erstattung der Abgaben oder Beiträge anzuordnen haben, die speziell zur Finanzierung einer Beihilfe erhoben wurden, wenn die Finanzierungsweise Bestandteil der Beihilfemaßnahme ist und diese unter Missachtung der Meldepflicht durchgeführt worden ist (Urteil Van Calster u. a., Randnr. 54).
-> Siehe hier nicht zitierte Rn. 20:

Zitat
(Urteile vom 21. Oktober 2003 in den Rechtssachen C-261/01 und C-262/01, Van Calster u. a., Slg. 2003, I-12249, [...])

Rn. 47
Zitat
Es ist hinzuzufügen, dass eine solche Erstattung auf alle Fälle nur dann gewährt werden kann, wenn nachgewiesen ist, dass die genannten Beträge, jedenfalls soweit ihre Erstattung gefordert wird, eine Überkompensierung zugunsten der Großhändler darstellen und diesen damit insoweit einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen, und wenn darüber hinaus auch die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, die nach Artikel 87 Absatz 1 EG gegeben sein müssen, um eine Maßnahme als staatliche Beihilfe einstufen zu können.
Würde hier in Angelegenheiten des Rundfunkbeitrages bedeuten, daß die Mittel der rundfunknichtnutzenden Bürger vollauf zu erstatten wären, da diese ein unzulässige Überkompensierung darstellen, da sie Mittel wären, die das durch die Abgabe unterstützte Unternehmen am Markt nicht erzielen würde.

Hierzu auch das auf Basis einer anderen EuGH-Entscheidung entstandene weiterführende Thema, welches die Begriffe "staatliche Mittel", "staatliche Beihilfe" und "Überkompensierung" in Zusammenhang setzt; siehe hierzu

EuGH C-706/17 - Zwangsabgabe immer staatl. Mittel -> Staatl. Beihilfe
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35258.0

---------------
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
ANTONIO TIZZANO
vom 30. März 20061(1)
Rechtssache C-526/04

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=55304&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4364289

Zitat
23.      Vorab ist darauf hinzuweisen, dass eine Abgabe der Art, um die es im Ausgangsverfahren geht, bereits in der Rechtssache Ferring untersucht worden ist. Dort hat der Gerichtshof festgestellt, dass eine solche Abgabe, die nur Direktverkäufe von Arzneimitteln durch Pharmahersteller betrifft, insoweit eine staatliche Beihilfe zugunsten der Großhändler darstellt, als der Vorteil, den diese daraus ziehen, dass sie der Abgabe auf Direktverkäufe von Arzneimitteln nicht unterliegen, die zusätzlichen Kosten übersteigt, die ihnen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen entstehen(6).

Zitat
24.      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass Frankreich diese Abgabe durch Gesetz vom 20. Dezember 2002 abgeschafft hat.

Zitat
28.      Ausgangspunkt der Erörterung ist, was eigentlich keiner Erwähnung bedarf, dass die gemeinschaftliche Kontrolle auf dem Gebiet der Beihilfen den Zweck hat, die beeinträchtigenden Auswirkungen zu verhindern, die sich aus bestimmten nationalen Maßnahmen für den Wettbewerb zwischen den Unternehmen eines Sektors ergeben könnten. Steht fest, dass eine nationale Maßnahme die Natur einer unvereinbaren Beihilfe hat, sind die beeinträchtigenden Auswirkungen, die sich aus dieser Maßnahme ergeben, durch Wiederherstellung der früheren Lage zu beseitigen(11). In der Regel wird dies dadurch erreicht, dass den Empfängern die Rückzahlung der rechtswidrigen Beihilfen an die Einrichtung, die sie gewährt hat, auferlegt wird, denn die Rückforderung der Beihilfen ist die natürliche Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit(12).

Zitat
41.      In der vorliegenden Rechtssache verhält es sich also nicht so, dass durch eine erste Rechtsvorschrift rechtmäßig eine Abgabe eingeführt wird, von der dann durch eine zweite Rechtsvorschrift rechtswidrig bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden. Hypothetisch rechtswidrig ist vielmehr die Rechtsvorschrift, durch die die Abgabe eingeführt wird, denn sie ist darauf angelegt, bestimmten Unternehmen, die der Abgabe nicht unterliegen, einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Mit der Folge, dass eine etwaige Beihilfe eben in der asymmetrischen Erhebung der Abgabe bei (nur) einer Kategorie von Unternehmen liegt.
Die Rundfunkanstalten unterliegen selbst nicht der Abgabe, sind vielmehr die Begünstigten daraus und erhalten dadurch einen Wettbewerbsvorteil, daß diese Abgabe nur ihnen zufließt und dabei eine Mittelhöhe erreicht, die am Markt nicht erzielbar wäre.

Zitat
43.      Für eine solche Lösung scheint sich zunächst in der Rechtsprechung zur Erhebung so genannter Sonderabgaben eine mittelbare Bestätigung zu finden; sie betrifft Fälle, in denen die rechtswidrige staatliche Beihilfe darin besteht, dass bestimmten Wirtschaftsteilnehmern in Form von Subventionen Mittel gewährt werden, die durch eine gerade zu diesem Zweck eingeführte Abgabe (eben die Sonderabgabe) eingenommen werden. Die von den Unternehmen aufgrund dieser Abgabe entrichteten Beiträge stellen in diesen Fällen das Mittel zur Finanzierung der öffentlichen Unterstützungsmaßnahme dar.
Der Rundfunkbeitrag ist also auch unionsrechtlich eine Sonderabgabe?

Zitat
51.      Wenn die asymmetrische Erhebung der Abgabe die rechtswidrige Beihilfe darstellt, erscheint mir zudem die von der Klägerin vertretene Auffassung überzeugend, dass die Rechtsakte, durch die die französischen Stellen die rechtswidrig auferlegten Abgaben (nur) bei den Pharmaherstellern erhoben, ungültig sind.

Zitat
52.      In diesem Zusammenhang ist nämlich daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung „[d]ie nationalen Gerichte … dem Einzelnen, der sich auf [die Nichtbeachtung von Artikel 88 Absatz 3 EG durch die nationalen Stellen] berufen kann, die Gewähr dafür bieten [müssen], dass daraus entsprechend ihrem nationalen Recht sämtliche Folgerungen sowohl bezüglich der Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der Beihilfemaßnahmen als auch bezüglich der Wiedereinziehung der unter Verletzung dieser Bestimmung gewährten finanziellen Unterstützungen oder eventueller vorläufiger Maßnahmen gezogen werden“(22).

Zitat
53.      Diese Befugnis/Verpflichtung der nationalen Gerichte, den Schutz der Rechte der Einzelnen zu gewährleisten, beruht bekanntlich auf der unmittelbaren Wirksamkeit von Artikel 88 Absatz 3 EG(23). Und wie aus der soeben zitierten Stelle klar hervorgeht, bringt sie für sie die Verpflichtung mit sich, alle ihnen nach nationalem Recht zum Schutz der Kläger zu Gebote stehenden rechtlichen Maßnahmen zu ergreifen.

Zitat
59.      Nur dieser Teil der entrichteten Abgaben, der der behaupteten Überkompensierung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen entspricht, würde also für die Pharmahersteller eine rechtsgrundlose Abgabenbelastung und für die Großhändler eine rechtswidrige Vergünstigung darstellen.
Der Teil der Abgabe namens Rundfunkbeitrag, der am Markt nicht erzielbar wäre, stellt eine Überkompensierung dar und damit eine rechtswidrige Vergünstigung des mit der Abgabe unterstützten Unternehmens, wäre wohl die Aussage seitens der europäischen Ebene, würde das gesamte dt. Rundfunkfinanzierungsregelwerk zur Diskussion stehen.

Zur zitierten Rn. 43 der Entscheidung:

URTEIL DES GERICHTSHOFES
21. Oktober 2003(1)

„Durch parafiskalische Abgaben finanzierte Beihilfen - Pflichtbeitrag zur Finanzierung eines Fonds für die Tiergesundheit und -erzeugung - Rückwirkende Beiträge - Gültigkeit einer Entscheidung der Kommission auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen - Zuständigkeit der Kommission“

In den verbundenen Rechtssachen C-261/01 und C-262/01

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=48339&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4573097

Rn. 44
Zitat
Um die erste Frage beantworten zu können, ist zunächst festzustellen, ob die Pflicht, eine staatliche Beihilfe nach Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag anzumelden, und die sich aus einer möglichen Verletzung dieser Vorschrift ergebenden Folgen auch für die Art und Weise der Finanzierung einer solchen Beihilfe gelten. Diese Frage wird in Bezug auf eine Beihilfemaßnahme gestellt, die eine Beitragsregelung vorsieht, die Bestandteil der Maßnahme ist und speziell und ausschließlich zur Finanzierung der Beihilfe dient.

Rn. 45
Zitat
Gemäß Artikel 93 EG-Vertrag ist für die Beurteilung der Vereinbarkeit einer staatlichen Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt ausschließlich die Kommission - unter der Kontrolle durch den Gerichtshof - zuständig.

Rn. 46
Zitat
Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass nach Artikel 92 EG-Vertrag die Kommission die eigentliche Beihilfe nicht von ihrer Finanzierungsweise trennen und diese nicht außer Betracht lassen darf, wenn ihre Verbindung mit der eigentlichen Beihilfe zur Unvereinbarkeit des Ganzen mit dem Gemeinsamen Markt führt (Urteil vom 25. Juni 1970 in der Rechtssache 47/69, Frankreich/Kommission, Slg. 1970, 487, Randnr. 4).
Hierzu ist weiterführend zu beachten, daß Zwangsabgaben als Teil einer Abgabe der separaten Meldepflicht unterliegen; hierzu siehe:

EuGH C-345/02 - Zwangsbeiträge als Teil einer Beihilfe meldepflichtig
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33338.0

Rn. 47
Zitat
Selbst wenn die Finanzierungsweise die anderen Voraussetzungen des EG-Vertrags, insbesondere die des Artikels 95 EG-Vertrag, erfüllt, bedeutet dies nicht, dass die betreffende Maßnahme im Hinblick auf die Artikel 92 und 93 EG-Vertrag rechtmäßig ist (vgl. in diesem Sinne das eben erwähnte Urteil Frankreich/Kommission, Randnr. 13). Es ist denkbar, dass eine Beihilfe im eigentlichen Sinne den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht wesentlich verändert und daher als zulässig anerkannt werden kann, aber ihre störende Wirkung durch eine Finanzierungsweise verstärkt wird, die die gesamte Regelung als unvereinbar mit einem einheitlichen Markt und dem gemeinsamen Interesse erscheinen lässt (vgl. das eben erwähnte Urteil Frankreich/Kommission, Randnr. 16).

Rn. 49
Zitat
Daraus folgt, dass die Finanzierungsweise einer Beihilfe die ganze Beihilferegelung, die damit finanziert werden soll, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar machen kann. Eine Beihilfe darf daher nicht getrennt von den Auswirkungen ihrer Finanzierungsweise untersucht werden (vgl. das oben erwähnte Urteil Frankreich/Kommission, Randnr. 8 ). Vielmehr muss die Untersuchung einer Beihilfemaßnahme durch die Kommission notwendigerweise auch die Finanzierungsweise der Beihilfe berücksichtigen, wenn diese Finanzierungsweise Bestandteil der Maßnahme ist.

Rn. 50
Zitat
In einem solchen Fall muss die Anmeldung der Beihilfe nach Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag sich auch auf die Finanzierungsweise der Beihilfe beziehen, damit die Kommission ihre Prüfung auf der Grundlage umfassender Informationen durchführen kann. Andernfalls wäre nicht auszuschließen, dass die Kommission eine Beihilfe für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt, die sie nicht für vereinbar erklärt hätte, wenn ihr deren Finanzierungsweise bekannt gewesen wäre.
Es ist unstreitig, daß die Beihilfe aus dem Rundfunkbeitrag selbst besteht und ohne diesen nicht wäre, also nicht davon separierbar wäre.

Rn. 54
Zitat
Daraus folgt, dass es grundsätzlich den nationalen Gerichten obliegt, die Erstattung der Abgaben oder Beiträge anzuordnen, die speziell zur Finanzierung einer Beihilfe erhoben wurden, wenn die Finanzierungsweise Bestandteil der Beihilfe ist und diese unter Missachtung der Meldepflicht durchgeführt worden ist.


Unterschriftenaktion: https://online-boykott.de/unterschriftenaktion
Rechtlicher Hinweis: Beiträge stellen keine Rechtsberatung in irgendeiner Form dar. Sie spiegeln ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wider. Weitere Infos: Regeln

  • IP logged  »Letzte Änderung: 19. Mai 2021, 11:26 von pinguin«
Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)

Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;

- Parteien, der Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;

- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

 
Nach oben