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Autor Thema: EuGH C-234/17 - Mit Unionsgrundrechten unvereinbare Maßnahmen sind unzulässig  (Gelesen 771 mal)

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URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)
24. Oktober 2018(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Grundsätze des Unionsrechts – Loyale Zusammenarbeit – Verfahrensautonomie – Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität – Nationale Rechtsvorschriften, die einen Rechtsbehelf vorsehen, der im Fall einer Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten die Erneuerung eines Strafverfahrens ermöglicht – Pflicht, dieses Verfahren auf Fälle einer behaupteten Verletzung unionsrechtlich verankerter Grundrechte zu erstrecken – Fehlen“

In der Rechtssache C-234/17

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=206981&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=12898644

Rn. 36
Zitat
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das Unionsrecht, wie der Gerichtshof mehrfach ausgeführt hat, dadurch gekennzeichnet ist, dass es einer autonomen Quelle, den Verträgen, entspringt und Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten hat (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Juli 1964, Costa, 6/64, EU:C:1964:66, und vom 17. Dezember 1970, Internationale Handelsgesellschaft, 11/70, EU:C:1970:114, Rn. 3, Gutachten 1/91 [EWR-Abkommen I] vom 14. Dezember 1991, EU:C:1991:490, Rn. 21, und 1/09 vom 8. März 2011, EU:C:2011:123, Rn. 65, und Urteil vom 26. Februar 2013, Melloni, C?399/11, EU:C:2013:107, Rn. 59), sowie durch die unmittelbare Wirkung einer ganzen Reihe von Bestimmungen, die für ihre Staatsangehörigen und für sie selbst gelten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Februar 1963, van Gend & Loos, 26/62, EU:C:1963:1, S. 25, Gutachten 1/09 vom 8. März 2011, EU:C:2011:123, Rn. 65, und Gutachten 2/13 [Beitritt der Union zur EMRK] vom 18. Dezember 2014, EU:C:2014:2454, Rn. 166 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Rn. 37
Zitat
Im Mittelpunkt dieser rechtlichen Konstruktion stehen im Übrigen die durch die Charta – die nach Art. 6 Abs. 1 EUV den gleichen rechtlichen Rang hat wie die Verträge – anerkannten Grundrechte, deren Achtung eine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit der Handlungen der Union ist, so dass mit den Grundrechten unvereinbare Maßnahmen in der Union nicht zulässig sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juni 1991, ERT, C-260/89, EU:C:1991:254, Rn. 41, vom 29. Mai 1997, Kremzow, C-299/95, EU:C:1997:254, Rn. 14, vom 12. Juni 2003, Schmidberger, C-112/00, EU:C:2003:333, Rn. 73, und vom 3. September 2008, Kadi und Al Barakaat International Foundation/Rat und Kommission, C-402/05 P und C-415/05 P, EU:C:2008:461, Rn. 283 und 284, sowie Gutachten 2/13 [Beitritt der Union zur EMRK] vom 18. Dezember 2014, EU:C:2014:2454, Rn. 169).

Der EuGH bestätigt mit dieser Entscheidung auch jene Aussagen zur EMRK, wie sie in der hier mit Blau hervorgehobenen Rundfunk-Entscheidung bereits früher getätigt worden sind und die im Forum schon thematisiert wird.

->
EuGH C-260/89 - Rundfunk - Keine Maßnahme rechtens, die Art 10 EMRK mißachtet
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35024.0

Rn. 38
Zitat
Der Gerichtshof hat im Übrigen in Bezug auf den in Art. 50 der Charta verbürgten Grundsatz ne bis in idem, um den es im Ausgangsverfahren geht, bereits entschieden, dass diese Bestimmung unmittelbare Wirkung hat (Urteil vom 20. März 2018, Garlsson Real Estate u. a., C-537/16, EU:C:2018:193, Rn. 68).

Rn. 39
Zitat
Um sicherzustellen, dass die besonderen Merkmale und die Autonomie der Unionsrechtsordnung erhalten bleiben, haben die Verträge ein Gerichtssystem geschaffen, das zur Gewährleistung der Kohärenz und der Einheitlichkeit bei der Auslegung des Unionsrechts dient (Gutachten 2/13 [Beitritt der Union zur EMRK] vom 18. Dezember 2014, EU:C:2014:2454, Rn. 174).
Sowie bundesrechtlich die Einheitlichkeit der Rechtsprechung im Bunde zu wahren ist, gilt dieses unionsrechtlich mit der selben Tragweite, weswegen alleine der EuGH zur Auslegung des Unionsrechts befugt ist.

Rn. 41
Zitat
Das Schlüsselelement des so ausgestalteten Gerichtssystems besteht in dem in Art. 267 AEUV vorgesehenen Vorabentscheidungsverfahren, das durch die Einführung eines Dialogs von Gericht zu Gericht gerade zwischen dem Gerichtshof und den Gerichten der Mitgliedstaaten die einheitliche Auslegung des Unionsrechts gewährleisten soll (vgl. in diesem Sinne Urteil van Gend & Loos, EU:C:1963:1, S. 25) und damit die Sicherstellung seiner Kohärenz, seiner vollen Geltung und seiner Autonomie sowie letztlich des eigenen Charakters des durch die Verträge geschaffenen Rechts ermöglicht (Gutachten 2/13 [Beitritt der Union zur EMRK] vom 18. Dezember 2014, EU:C:2014:2454, Rn. 176).

Rn. 42
Zitat
Nach ständiger Rechtsprechung verleiht Art. 267 AEUV den nationalen Gerichten ein unbeschränktes Recht zur Vorlage an den Gerichtshof, wenn sie der Auffassung sind, dass eine bei ihnen anhängige Rechtssache Fragen nach der Auslegung oder der Gültigkeit unionsrechtlicher Bestimmungen aufwirft, deren Beantwortung für die Entscheidung des ihnen unterbreiteten Rechtsstreits erforderlich ist. Den nationalen Gerichten steht es zudem frei, davon in jedem Moment des Verfahrens, den sie für geeignet halten, Gebrauch zu machen (Urteil vom 5. Juli 2016, Ognyanov, C-614/14, EU:C:2016:514, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Jedes nationale Gericht hat in jedem Stadium eines Verfahrens das Recht zur Vorlage an den EuGH, wenn sich Fragen des Unionsrechts stellen, sei es, daß sie direkt Teil der Klage sind, oder daß in einem streitigen Sachverhalt, bspw., Unionsgrundrechte berührt werden.

Rn. 43
Zitat
Zudem ist darauf hinzuweisen, dass ein nationales Gericht, dessen Entscheidungen nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV grundsätzlich verpflichtet ist, den Gerichtshof anzurufen, wenn sich in einem bei ihm anhängigen Verfahren eine Frage nach der Auslegung des Unionsrechts stellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. September 2015, Ferreira da Silva e Brito u. a., C-160/14, EU:C:2015:565, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Rn. 44
Zitat
Schließlich sind die nationalen Gerichte, die im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die Bestimmungen des Unionsrechts anzuwenden haben, nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs gehalten, für die volle Wirksamkeit dieser Bestimmungen Sorge zu tragen, indem sie erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Bestimmung aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewandt lassen, ohne die vorherige Beseitigung dieser nationalen Bestimmung auf gesetzgeberischem Weg oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren zu beantragen oder abzuwarten (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 9. März 1978, Simmenthal, 106/77, EU:C:1978:49, Rn. 21 und 24, sowie vom 6. März 2018, SEGRO und Horváth, C-52/16 und C-113/16, EU:C:2018:157, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Rn. 45
Zitat
Unter Beachtung dieses verfassungsrechtlichen Rahmens sind daher die insbesondere durch die Charta anerkannten Grundrechte innerhalb der Union auszulegen und anzuwenden (Gutachten 2/13 [Beitritt der Union zur EMRK] vom 18. Dezember 2014, EU:C:2014:2454, Rn. 177).


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