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Autor Thema: BVerfG 2 BvR 743/01 - Nichtsteuerliche Abgabe muß Finanzverfassung entsprechen  (Gelesen 944 mal)

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BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 12. Mai 2009
- 2 BvR 743/01 -, Rn. 1-74,

http://www.bverfg.de/e/rs20090512_2bvr074301.html

Rn. 55
Zitat
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. zuletzt Urteil des Zweiten Senats vom 3. Februar 2009 - 2 BvL 54/06 -, Rz. 97 ff.) ergeben sich aus den Begrenzungs- und Schutzfunktionen der bundesstaatlichen Finanzverfassung (Art. 104a ff. GG) Grenzen auch für die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben und insbesondere für die Erhebung von Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion, die der Gesetzgeber in Wahrnehmung einer ihm zustehenden Sachkompetenz außerhalb der Finanzverfassung nach den allgemeinen Regeln der Art. 70 ff. GG erhebt. Die Finanzverfassung, die die bundesstaatliche Verteilung der Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenzen im Wesentlichen - neben den Zöllen und Finanzmonopolen - nur für das Finanzierungsmittel der Steuer regelt, schließt die Erhebung nichtsteuerlicher Abgaben verschiedener Art zwar nicht aus; das Grundgesetz enthält keinen abschließenden Kanon zulässiger Abgabetypen. Die grundgesetzliche Finanzverfassung verlöre aber ihren Sinn und ihre Funktion, wenn unter Rückgriff auf die Sachgesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern beliebig nichtsteuerliche Abgaben unter Umgehung der finanzverfassungsrechtlichen Verteilungsregeln begründet werden könnten und damit zugleich ein weiterer Zugriff auf die Ressourcen der Bürger eröffnet würde. Die Finanzverfassung schützt insofern auch die Bürger.

Rn. 56
Zitat
Die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben wird danach grundlegend begrenzt durch das Erfordernis eines besonderen sachlichen Rechtfertigungsgrundes, der einerseits eine deutliche Unterscheidung gegenüber den Steuern ermöglicht und andererseits auch im Hinblick auf die zusätzliche Belastung neben den Steuern geeignet ist, der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen Rechnung zu tragen. Zudem ist der Grundsatz der Vollständigkeit des Haushalts hinreichend zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 93, 319 <342 f.>; 108, 1 <16 f.>; 108, 186 <215 f.>; 110, 370 <387 f.>; 113, 128 <147>).

Rn. 57
Zitat
Die für alle nichtsteuerlichen Abgaben geltenden Begrenzungen hat das Bundesverfassungsgericht für Sonderabgaben mit Finanzierungsfunktion (Sonderabgaben im engeren Sinn) in besonders strenger Form präzisiert. Sonderabgaben im engeren Sinn zeichnen sich dadurch aus, dass der Gesetzgeber Kompetenzen außerhalb der Finanzverfassung in Anspruch nimmt, obwohl weder ein Gegenleistungsverhältnis noch ähnlich unterscheidungskräftige besondere Belastungsgründe eine Konkurrenz der Abgabe zur Steuer ausschließen. Sie schaffen trotz ihrer Ähnlichkeit mit den ebenfalls „voraussetzungslos“ erhobenen Steuern neben diesen und außerhalb der Grundsätze steuergerechter Verteilung der Gemeinlasten zusätzliche Sonderlasten und gefährden in den Fällen organisatorischer Ausgliederung des Abgabenaufkommens und seiner Verwendung aus dem Kreislauf staatlicher Einnahmen und Ausgaben zugleich das Budgetrecht des Parlaments. Wegen dieser Gefährdungen der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung, der Belastungsgleichheit der Abgabepflichtigen sowie des parlamentarischen Budgetrechts unterliegen diese Sonderabgaben engen Grenzen und müssen gegenüber den Steuern seltene Ausnahmen bleiben (stRspr; vgl. BVerfGE 55, 274 <308>; 108, 186 <217> m.w.N.; 113, 128 <149 f.>).

Rn. 58
Zitat
Der Gesetzgeber darf sich der Abgabe nur im Rahmen der Verfolgung eines Sachzwecks bedienen, der über die bloße Mittelbeschaffung hinausgeht. Mit einer Sonderabgabe darf nur eine homogene Gruppe belegt werden, die in einer spezifischen Beziehung (Sachnähe) zu dem mit der Abgabenerhebung verfolgten Zweck steht und der deshalb eine besondere Finanzierungsverantwortung zugerechnet werden kann. Das Abgabenaufkommen muss gruppennützig verwendet werden (BVerfGE 75, 108 <147 f.>; vgl. aus der ständigen Rechtsprechung näher BVerfGE 55, 274 <305 ff.>; 67, 256 <275 ff.>; 82, 159 <179 ff.>). Zusätzlich muss der Gesetzgeber im Interesse wirksamer parlamentarisch-demokratischer Legitimation und Kontrolle die erhobenen Sonderabgaben haushaltsrechtlich vollständig dokumentieren (vgl. BVerfGE 108, 186 <218 f.>).

Rn. 59
Zitat
Innerhalb des Ensembles der speziellen Anforderungen an die Zulässigkeit einer Sonderabgabe mit Finanzierungszweck besteht eine besonders enge Verbindung zwischen der spezifischen Beziehung oder auch Sachnähe der Abgabepflichtigen zum Zweck der Abgabenerhebung, einer daraus ableitbaren Finanzierungsverantwortung und der gruppennützigen Verwendung des Abgabenaufkommens. Sind Sachnähe zum Zweck der Abgabe und Finanzierungsverantwortung der belasteten Gruppe der Abgabepflichtigen gegeben, so wirkt die zweckentsprechende Verwendung des Abgabenaufkommens zugleich gruppennützig, entlastet die Gesamtgruppe der Abgabenschuldner nämlich von einer ihrem Verantwortungsbereich zuzurechnenden Aufgabe. Die Erfüllung dieser Merkmalsgruppe in ihrem Zusammenspiel bildet zugleich den entscheidenden Rechtfertigungsgrund für eine zu der Gemeinlast der Steuern hinzutretende Sonderlast und sichert so die Wahrung verhältnismäßiger Belastungsgleichheit (BVerfGE 113, 128 <150 f.>).

Weiterführend u. U. auch:

BVerfG 1 BvR 1675/16 - Rundfunkbeitrag ist eine Sonderabgabe
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33318.msg203645.html#msg203645


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 19. April 2021, 20:54 von pinguin«
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