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Autor Thema: VGH BaWü 13.11.20, 2 S 2134/20 - Heilung vollaut. Bescheid durch Wid.-besch.  (Gelesen 8272 mal)

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  • Beiträge: 133
Wäre eine negative Feststellungsklage für alle Festsetzungsbescheide, welche im Zeitraum seit Inkrafttreten von §35a VwVfG am 1.1.2017 bis zum Inkrafttreten des 23. RäStV am 1.6.2020 erlassen worden sind und denen bis dato NICHT widersprochen wurde, nicht das Mittel der Wahl (gewesen)?

Wenn man lediglich auf Feststellung der Nichtigkeit wegen rechtswidriger Automatisierung klagen würde ohne weitere Anträge zu stellen, dürfte der Streitwert gemäß §52 (3) GKG (https://dejure.org/gesetze/GKG/52.html) maximal das dreifache der im Festsetzungsbescheid genannten Forderung betragen und die Gerichtskosten kaum beeinflussen.
Die Feststellungsklage könnte zeitlich unbegrenzt rückwirkend eingereicht werden.

Hier im Forum dürfte das den wenigsten nützen, da vermutlich alle regelmäßig Widerspruch eingelegt haben. Und die, die es nicht getan haben, wurden vermutlich längst vollstreckt. Aber ohne heilenden Widerspruchsbescheid gäbe es kaum Gegenargumente. Naja, eher eine theoretische Überlegung, was man damals hätte tun können und mittlerweile nicht mehr relevant. 


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  • Beiträge: 402
Grundsätzlich ist nach meiner unmaßgeblichen Meinung eine Heilung des Mangels vollautomatischer Bescheide durch das Widerspruchsverfahren an einige enge Bedingungen geknüpft, die jedenfalls im Zusammenhang mit den Widerspruchsbescheiden über Rundfunkbeiträge nicht erfüllt sein dürften.

Grundsätzlich erfordert die Heilung des Mangels durch Erlaß eines Widerspruchsbescheides durch natürliche Personen, daß diese überhaupt zum Erlaß eines Widerspruchsbescheids befugt und bevollmächtigt sind.

Rundfunkanstalten beschäftigen keine Beamte, die Kraft ihres Amtes zur Vertretung ihrer Behörde und zur Begebung hoheitlicher Verwaltungsakte befugt sind und daher eine Vollmacht nicht nachweisen müssen.

Nach den Gesetzen und Staatsverträgen über die Rundfunkanstalten werden diese (nur) durch den Intendanten gerichtlich und außergerichtlich vertreten. Der Intendant ist also der einzige gesetzliche Vertreter einer Rundfunkanstalt.

Sofern der Intendant seine Befugnisse durch Vollmacht auf Mitarbeiter der Rundfunkanstalt überträgt, wie dies durch die Satzungen vorgesehen ist, haben diese Mitarbeiter ihre Vertretungsmacht und ihre Vollmacht spätestens nach Aufforderung durch Vorlage der Vollmachtsurkunde im Original nachzuweisen. Sind diese Mitarbeiter aufgrund einer Untervollmacht tätig geworden, so haben sie ihre Vollmacht über die gesamte Vollmachtskette durch Vorlage der Vollmachtsurkunden im Original nachzuweisen. Hierbei muß die Vollmacht immer auf den gesetzlichen Vertreter, in diesem Fall also den Intendanten, zurückzuführen sein. Es ist also immer die Vorlage einer Vollmachtsurkunde mit der eigenhändigen Originalunterschrift des Intendanten erforderlich.

Haben die Mitarbeiter der Rundfunkanstalt, die den Widerspruchsbescheid erlassen und unterzeichnet haben, ihre Vollmacht nicht in der oben dargestellten Art nachgewiesen, so ist er dennoch nicht unwirksam, wenn diese einseitige Rechtshandlung nicht, wie im Gesetz (§§ 174, 180 BGB) bestimmt, unverzüglich (also innerhalb von höchstens 10 Tagen) wegen fehlender Vollmacht und fehlender Vertretungsmacht zurückgewiesen wird.

Wird das einseitige Rechtsgeschäft unverzüglich aus den o. a. Gründen zurückgewiesen, so ist der Widerspruchsbescheid unwirksam und damit der Mangel des vollautomatischen Bescheids nicht geheilt.

Die obigen Ausführungen beruhen auf der umfangreichen Rechtsprechung oberster Bundesgerichte, auf deren Zitierung ich aus Gründen der Übersichtlichkeit verzichtet habe. Die Rechtsprechung zur Frage der ausreichenden Bevollmächtigung und zur Vertretungsbefugnis ist sehr umfangreich, so daß über die einschlägigen Suchmaschinen bei Bedarf viele hilfreiche Ergebnisse gefunden werden können.

Zur Frage der Wirksamkeit eines Widerspruchsbescheids des WDR, der von Mitarbeiterinnen des WDR mit dem Zusatz "i. V." (in Vollmacht) unterzeichnet wurde, ohne daß diese ihre Vollmacht nachgewiesen haben, ist seit August 2022 eine Klage gegen den WDR vor dem VG Düsseldorf anhängig.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 04. November 2022, 19:12 von querkopf«
Ich bin ein unangenehmer Bürger — ich erlaube mir nämlich, selbst zu denken

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  • Beiträge: 304
Ist denn bekannt, ob bereits einmal versucht wurde, auf einen Festsetzungsbescheid - statt mit Widerspruch - direkt mit einer Feststellungsklage auf Nichtigkeit des Bescheids zu reagieren?

Es gibt ja auch mit §35a VwVfG ggf. immer noch Argumente, die an der Gültigkeit solcher Bescheide zweifeln lassen könnten.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 05. November 2023, 21:41 von Bürger«

  • Beiträge: 7.385
Es gibt ja auch mit §35a VwVfG ggf. immer noch Argumente, die an der Gültigkeit solcher Bescheide zweifeln lassen könnten.
Bspw. siehe

BFH VII B 151/85 - Ersuchte Vollstreckungsbehörde ist in (Mit)Haftung
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36707.0

Zitat
BFH, 04.07.1986 - VII B 151/85
https://www.steuernetz.de/urteile/bfh/1986-07-04-vii-b-151_85

Zitat
8
[...] Eine Vollstreckungsmaßnahme ist aufzuheben, wenn es an einem wirksamen Leistungsbescheid fehlt [...]



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- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

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  • Beiträge: 1.575
Das ist aber schon off-topic. Vielleicht günstig woanders damit anfangen? Egal...hier:

Den Gedanken hatte jemand anderes auch... eine Nichtigkeitsklage scheint nur sehr eng funktionabel zu sein...

Lesetipp:

juracademy.de (Abruf 5. Nov. 2023, 23:11 Uhr)
WIRKSAMKEIT DES VERWALTUNGSAKTS - NICHTIGKEIT; WEITERE FEHLERFOLGEN
(Großschreibung im Original)
https://www.juracademy.de/allgemeines-verwaltungsrecht/nichtigkeit-verwaltungsakt.html

Bereits in den ersten Sätzen dieses Textes ist zu erahnen, dass das deutsche Verwaltungsrecht nicht so richtig punktgenaue Waffen zur Verfügung stellt, rechtswidrige und nichtige Verwaltungsakte auszukegeln.  ???

Haufe liefert viele Details:

haufe.de (Abruf 5. Nov. 2023, 23:20 Uhr)
Schwarz/Pahlke/Keß, AO § 125 Nichtigkeit des Verwaltungsakts / 6 Folgen der Nichtigkeit, Abs. 5


https://www.haufe.de/steuern/haufe-steuer-office-excellence/schwarzpahlkekess-ao-125-nichtigkeit-des-verwaltungsakts-6-folgen-der-nichtigkeit-abs5_idesk_PI25844_HI942752.html

Außerdem könnte nach meiner Meinung eine Feststellungsklage auch noch ein anderes Geld kosten als diese 120(?) Euro, die man sonst nur für ein bisschen Spaß mit dem örtlichen Verwaltungsgericht löhnen darf.

War jetzt keine Antwort auf die Frage. Ich weiß.


Edit "Bürger" @alle: Die letzten Beiträge bedürfen der Moderation/ ggf. Auslagerung in eigenständigen Thread, da die aufgeworfene Frage über das eigentliche Kern-Thema des hiesigen Threads hinauszugehen scheint. Siehe im Übrigen auch die Forum-Suche mit Suchbegriffen wie u.a. "Nichtigkeitsfeststellungsklage".
Bitte etwas Geduld. Danke für allerseitiges Verständnis und die Berücksichtigung.


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