Die Entscheidung des BFH ist etwas älter
BFH-Urteil vom 22.10.2002 (VII R 56/00) BStBl. 2003 II S. 109http://www.bfh.simons-moll.de/bfh_2003/xx030109.htmmit folgenden Aussagen
1. Eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung, der ein mangels Bekanntgabe nicht wirksam gewordener Steuerbescheid und damit kein wirksamer Vollstreckungstitel und kein Leistungsgebot zugrunde liegt, ist (entgegen der früheren Rechtsprechung des Senats) nicht nichtig, sondern (anfechtbar) rechtswidrig.
2. Die in § 249 Abs. 1 und § 254 Abs. 1 AO 1977 genannten Vollstreckungsvoraussetzungen sind besondere, unabdingbare Statthaftigkeitsvoraussetzungen einer rechtmäßigen Vollstreckung, deren Fehlen bei Beginn der Vollstreckungshandlungen zu einem - auch durch Nachholung der Voraussetzungen während des Vollstreckungsverfahrens - nicht heilbaren Rechtsfehler und bei Anfechtung zur ersatzlosen Aufhebung der dennoch ausgebrachten Vollstreckungsmaßnahme führt.
Eine Vollstreckungsmaßnahme ist ersatzlos aufzuheben, wenn die Vollstreckungsvoraussetzungen vor Beginn der Vollstreckung nicht vorliegen.
3. [...]
a) Die AO 1977 regelt in § 249 Abs. 1 und § 254 Abs. 1 bereits dem Wortlaut nach zwingende Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, ehe eine Vollstreckung beginnen darf. Diese Vorschriften, die als bereichsspezifische Sonderregelungen gegenüber den allgemeinen zivilrechtlichen Vollstreckungsregeln der §§ 704 ff. ZPO anzusehen sind, regeln die Vollstreckung auf hoheitlichen Verwaltungsakten beruhender öffentlich-rechtlicher Ansprüche in einem Verwaltungszwangsverfahren (vgl. §§ 249 ff. und §§ 309 ff. AO 1977, sowie BFH-Urteil vom 23. Juli 1996 VII R 88/94, BFHE 181, 202, BStBl II 1996, 511). Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass die Verwaltungsbehörde den Vollstreckungstitel, nämlich den vollstreckbaren Verwaltungsakt selbst erlässt und auch die Vollstreckungshandlungen, z.B. bei Vollstreckung in Geldforderungen und andere Vermögensrechte den Erlass der Pfändungs- und Einziehungsverfügung, selbst vornimmt, während im zivilrechtlichen Verfahren der Bürger seinen materiellen Anspruch nicht im Wege der Selbsthilfe, sondern erst durch die Inanspruchnahme staatlicher Vollstreckungsorgane durchsetzen kann. Deshalb hat die AO 1977 in den Vorschriften über die Vollstreckung (§§ 249 ff. AO 1977) bestimmte Schutzrechte für den Vollstreckungsschuldner geregelt. Dieser soll den Vollstreckungsmaßnahmen nicht unvermittelt und überraschend gegenüberstehen, sondern wie es § 249 Abs. 1 AO 1977 verlangt, einen vollstreckbaren Verwaltungsakt, mit dem von ihm erkennbar eine bestimmte Leistung gefordert wird, in Händen haben und gemäß § 254 Abs. 1 AO 1977 nach Fälligkeit des Anspruchs des Steuergläubigers durch ein Leistungsgebot unter Fristsetzung auf die bevorstehende Vollstreckung hingewiesen werden. Zu Recht verweist die Klägerin darauf, dass es sich hier um "Muss"-Bestimmungen handelt, die die Behörde einzuhalten hat, ehe sie mit der Vollstreckung beginnen darf und deren Fehlen nicht mit der Folge, dass die rechtswidrige Vollstreckungsmaßnahme den ihr anhaftenden Mangel verliert, durch Nachholung der Versäumnisse, wie die Bekanntgabe des vollstreckbaren Verwaltungsakts und des Leistungsgebots erst während des Vollstreckungsverfahrens, geheilt werden kann.
c) Unabhängig davon, ob die Entscheidung, eine Vollstreckung zu beginnen, im Ermessen der Finanzbehörde liegt, enthalten die Regelungen in den §§ 249 und 254 AO 1977 Tatbestandsmerkmale, die bei Beginn der Vollstreckung erfüllt sein müssen und die als besondere Statthaftigkeitsvoraussetzungen nicht nach den für Ermessensentscheidungen geltenden Grundsätzen zu beurteilen sind. Solche unabdingbaren Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Vollstreckungsbeginn ist das Vorliegen eines Verwaltungsaktes, mit dem eine Geldleistung gefordert wird, als Vollstreckungsgrundlage und die Regelung, dass die Vollstreckung erst beginnen darf, wenn die Leistung fällig und der Vollstreckungsschuldner zur Leistung aufgefordert worden ist (so schon BFH-Beschluss in BFHE 58, 54, BStBl III 1953, 312, und Urteil in BFHE 75, 147, BStBl III 1962, 321). Liegen diese notwendig einzuhaltenden Tatbestandsvoraussetzungen für die Vollstreckung nicht vor, so ist die dennoch durchgeführte Vollstreckungsmaßnahme von Anfang an rechtswidrig, denn bereits nach dem Wortlaut des § 254 Abs. 1 AO 1977 darf die Vollstreckung in einem solchen Fall nicht beginnen. Einen späteren Zeitpunkt für das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen als den Vollstreckungsbeginn, wie etwa den der letzten Verwaltungsentscheidung, schließt das Gesetz damit eindeutig aus.
d) Fehlt eine der Statthaftigkeitsvoraussetzungen bei der ersten Vornahme der Vollstreckungshandlungen, so wird die darauf beruhende Rechtswidrigkeit der Vollstreckungsmaßnahme auch nicht dadurch beseitigt oder "geheilt", dass die Voraussetzungen nachträglich erfüllt werden. Insoweit haben die Entscheidungen des BFH in BFHE 58, 54, BStBl III 1953, 312 und in BFHE 75, 147, BStBl III 1962, 321, nach denen eine vor Bekanntgabe eines vollstreckbaren Verwaltungsakts, bzw. eines Leistungsgebotes vorgenommene Vollstreckungsmaßnahme auch dann aufzuheben ist, wenn die Bekanntgabe des vollstreckbaren Verwaltungsaktes und des Leistungsgebotes an den in Anspruch genommenen Vollstreckungsschuldner nachgeholt wird, auch heute noch Gültigkeit. Das folgt daraus, dass die Vornahme der Vollstreckungsmaßnahme ohne Vorliegen der zwingenden Statthaftigkeitsvoraussetzungen von Anfang an unzulässig war. Dieser Mangel lässt sich durch die spätere Erfüllung der Voraussetzungen nicht beseitigen. Die in den Vorschriften der §§ 249 Abs. 1 Satz 1 und 254 Abs. 1 Satz 1 AO 1977 geregelten gesetzlichen Statthaftigkeitsvoraussetzungen einer Vollstreckung dienen insbesondere dem Schutz des Vollstreckungsschuldners im öffentlich-rechtlichen Verwaltungsverfahren und sind daher einer späteren Heilung nicht zugänglich. [...]
Edit "Bürger": Ursprünglichen nicht ganz zutreffenden Betreff "BFH VII R 56/00 - kein wirksamer Vollstreckungstitel ohne Leistungsgebot" angepasst/ präzisiert.
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