Die Frage ist nicht so einfach und klar zu beantworten, wie sich mancher und ggf. auch der Threadstarter das unter Umständen denkt. Das liegt schon daran, dass der Begriff "Rundfunk" sowohl für die Technik der Verbreitung als auch für den Inhalt und teils auch für die Institutionen genutzt wird, die Rundfunkprogramme (den Inhalt) produzieren und senden. Weiter erschwert wird dies dadurch, dass interessierte Kreise (inbesondere aus der Politik, den Medien und den ÖR-Rundfunkanstalten) aktuell an einer veränderten Definition des Rundfunkbegriffs arbeiten und dabei sind diesen Begriff auf vielfältige Medienangebote auszudehnen. Das und seine möglichen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Folgen ist vermutlich deutlich kritischer zu sehen als das, was man über Jahrzehnte als technische Weiterentwicklung etablierter Technik erlebt hat.
Hier im Forum taucht öfters die Behauptung auf, dass eine Ausbreitung von "Digitaler Information" kein Rundfunk sei. Bezüglich der Datennetze, allen voran das, was als Internet bekannt ist, sehe ich das ebenso. Hier gab es nämlich zuerst die Möglichkeit Daten/Texte zu übertragen, teils in Form von Abrufdiensten, teils für asynchrone Kommunikationsdienste (Mail, Chat). Erst später, mit steigender Bandbreite, der Digitalisierung von Sprache und Musikstücken gab es die Möglichkeit Radio via Internet zu verbreiten. Weil dabei vom Server viele Verbindungen gehalten werden mussten, gab es Aussetzer und zum Teil auch Begrenzungen der Hördauer; beim BR flog man nach 30 min aus der Sendung. Und für Besitzer eines 19.2 Kbit/s "Highspeed"-Modems, das übrigens deutlich hörbar auf die Leitung "pfiff", war schon die Vorstellung aberwitzig, man hätte damit ein Gerät, dass Rundfunkempfang ermöglichte. Die ÖR-Sender sahen das anders und wollten Kohle. Wie ich hier im Forum schon schrieb, besteht bei den Raffkes der ÖR-Anstalten die Tendenz noch für jede Brache zu kassieren, sofern es grundsätzlich möglich wäre Rundfunk über Abwasserleitungen zu transportieren.
Das heisst aber nicht, dass jede Übertragung mittels Digitaltechnik das Attribut "Rundfunk" in technischer Hinsicht verliert. Schon gar nicht kann man daraus schließen, dass "Kabelfernsehen" technisch betrachtet nicht Rundfunk sei. Rundfunk wurde und wird technisch mittels elektromagnetischer Wellen vom Sender zu den Empfängern übertragen. Das Medium, das man dazu nutzt, ist dabei egal, auch wenn man zunächst vor allem über Luftstrecken "gefunkt" hat, schon weil das preiswerter war und größere Strecken überwinden half. Erste Kabelsendungen wurden bekanntlich mit klassischer Analogtechnik übertragen. - War das noch Rundfunk, der Übergang zur Digitaltechnik bei gleichem Inhalt aber nicht? - Schon in den 1950 Jahren hatten viele Wohnungen Gemeinschaftsantennen. Mindestens auf einem Teil der Strecke wurde also häufig ein Kabel genutzt. Und selbst bei Einsatz einer eigenen Antenne müssen die elektromagnetische Wellen ein Stück der Strecke über ein Kabel bis zum eigentlichen Empfangsteil zurück legen.
Elektromagnetische Wellen breiten sich sowohl via Luft, Kabel, diversen anderen Materialien und auch im Vakuum aus. Wer glaubt, dass sich digitalisierter Rundfunk oder Fernsehbilder anders verbreiten, täuscht sich. Die Information, das Nutzsignal, ist auch bei Digitalradio bzw. TV einer elektromagnetischen Trägerwelle aufgeprägt. Was sich unterscheidet ist lediglich die Interpretation des Nutzsignals. Die folgt stets der, die auf Seiten des Senders gewählt wird. Andernfalls hört bzw. sieht man man nichts oder empfängt lediglich Rauschen, weil das Empfangsgerät den Sender nicht versteht. Ein Mittelwellen-Empfangsteil, dass eine Amplitudenmodulation der Trägerwelle erwartet, kann mit einem Signal nichts anfangen, das die Information mittels Frequenzmodulation überträgt, so wie es z. B. im UKW-Funk üblich ist. In beiden Fällen aber erzeugt der Empfänger aus den Signalen den Ton bzw. das Bild, das gesendet wurde. Auch beim Digitalfunk wird einer Trägerwelle ein Signal aufgeprägt. Der Empfänger muss darin die Nulldurchgänge der Schwingung an seinem Ort ermitteln, um dann die Pegel für die Codes (Zeichen) zu erkennen, in denen die Information transportiert wird. Aus diesen erzeugt er z. B. das ursprünglich gesendete Signal zurück. Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass man das Rauschen, das ein Signal besitzt, anders als bei analoger Übertragung, nicht mit verstärkt. Dies macht man sich schon seit Ende der 1980er Jahre zunutze, als man begann die analoge Telefonie in Deutschland auf ISDN umzustellen. ISDN steht für "Integrated Services Digital Network", und ich kenne neimanden, der behauptet, diese technische Weiterentwicklung der Sprachkommunikation würde dazu führen, dass es sich nicht mehr um Telefonie handelt, wenn man zum Telefonhörer greift. Alle Ortsvermitlungsstellen der Deutschen Telekom arbeiten seit Jahrzehnten digital, auch für die, die noch ein analoges Telefon benutzen. Die Mobiltelefonie, wie wir sie heute kennen, ist ebenfalls vollständig digitaliert und die Festnetztelefonie wird inzwischen auf IP-Netze umgestellt, was doppelte Infrastruktur für Datenkommunikation und Telefonie vermeiden hilft. Die Konvergenz der Technik führt dazu, dass man für diverse Dienste nur noch ein (breitbandiges) Kabel zum Endpunkt (beim Verbraucher) führen muss, um über dieses dann Telefonie, Internet und TV anbieten zu können.
Zuletzt, anstelle einer Antwort auf die Frage diese Threads, die Gegenfrage: an welcher Stelle sollten die Heute-Nachrichtensendung des ZDF, die Tagesschau, der Mutantenstadl oder der Tatort im Ersten bei der Zuführung an einen Kabelanschlußnutzer ihren Charakter als "Rundfunk" verlieren? Wo auf der Strecke vom Sender zum Empfänger verlieren via DAB+ ausgestrahlte Hörfunksendungen die Eigenschaft Rundfunk zu sein? Die Antwort findet man dann, wenn man sich der Tatsache bewusst wird, dass "Rundfunk" nicht allein als Technik verstanden wird.
M. Boettcher
Ken Je(b)sen, Betreiber von KenFM, soll "politische Entfremdung" betreiben und "unwahre Verschwörungstheorien" verbreiten. Daher beobachtet ihn der sogn. Verfassungsschutz. Würden die "Verschwörungspraktiker" dieses Dienstes ihren Maßstab an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Publikationen von der BILD-Zeitung bis zum Magazin SPIEGEL anlegen, in Deutschland bliebe kein Medium unbeobachtet. So schnell wird in Deutschland zum Staatsfeind, der nicht mit dem Strom schwimmt.