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Autor Thema: Heiko Hilker - Die Vielfalt ist nicht garantiert (Planet Interview)  (Gelesen 2290 mal)

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    • Protest + Widerstand gegen ARD, ZDF, GEZ, KEF, ÖRR, Rundfunkgebühren, Rundfunkbeitrag, Rundfunkstaatsvertrag:
...umfangreicher Einblick in die Strukturen und Arbeitsweisen des MDR-Rundfunkrats


Planet Interview, 17.04.2020
Heiko Hilker
Die Vielfalt ist nicht garantiert.
Interview: Jakob Buhre

Zitat
Der 43-köpfige Rundfunkrat ist das „oberste Beschlussorgan“ des MDR. Aktuell tagt er nicht, er könnte Sender-Vorhaben also nicht ablehnen. Dies hat er allerdings auch in den letzten 23 Jahren nie getan, sagt das langjährige Mitglied Heiko Hilker. Der Medienexperte spricht im Interview über Staatsnähe, Transparenz, den Fall Uwe Steimle, Einflussmöglichkeiten des Rundfunkrats und warum er die Arbeitsweise des Gremiums für sinnvoll hält.

[...]

Dem Interview vorangestellt sind einige Infos zur Besetzung und Arbeitsweise des MDR-Rundfunkrats, jedoch ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

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Wäre ein Wortprotokoll nicht ein Kompromiss für die Live-Stream-Skeptiker?

Hilker: Ich persönlich kann mir da alles vorstellen, Live-Streaming, Audio-Streaming wie auch Wortprotokolle. Denn wir sind als Gremium der Gesellschaft gegenüber rechenschaftspflichtig. Wir haben auch die Aufgabe darzustellen, was das Gremium innerhalb des Senders macht. Dazu gehören für mich auch Wortprotokolle der öffentlichen Sitzungen. Wenn Parlamente damit klarkommen, wäre das meiner Meinung nach auch kein Problem für einen Rundfunkrat.
Das Argument gegen Wortprotokolle lautet oft, dass nicht alle Mitglieder Rundfunkexperten sind. Und da muss man in der Öffentlichkeit sehr genau überlegen, was man sagt. Denn die Gefahr in der heutigen medialen Gesellschaft besteht darin, dass man durch eine kleine Verfehlung gleich zum Hit in sozialen Netzwerken wird sowie gezielt nach Äußerungen gesucht wird, die dann in einen anderen Kontext gestellt werden.

[...]


Sie sehen die Gesellschaft also nicht richtig repräsentiert?

Hilker: Der MDR-Rundfunkrat ist seit 28 Jahren in fast derselben Art und Weise zusammengesetzt, bis auf kleine Änderungen bei den gesellschaftlich relevanten Gruppen. [...] Wenn ein Rundfunkrat nach 28 Jahren im Wesentlichen noch die gleiche Zusammensetzung hat, spiegelt er die Verhältnisse der Gesellschaft nicht mehr. Dieses Problem kann aber nicht der Rundfunkrat selbst lösen, sondern es muss von der Politik in den drei Bundesländern gelöst werden. Da sind zuerst die Landesregierungen gefragt, sich auf einen Staatsvertrag zu einigen. Diese, insbesondere Sachsen-Anhalt und Sachsen als CDU-geführte Länder, schieben das vor sich her.


[...]

Im September 2019 gab es im MDR-Rundfunkrat eine Entscheidung über die Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Florian Silbereisen bei der Reihe „Die Feste“. Warum war dieser Teil der Sitzung nicht öffentlich?

Hilker: Es ging dort um Vertragsentscheidungen und dort wird aus Geschäftsgründen die Nicht-Öffentlichkeit hergestellt. Die Besucher müssen dann den Saal verlassen. Das ist in anderen Rundfunkräten auch so Praxis.

Ist das sinnvoll?

Hilker: Nein. Ich bin der Meinung, dass man auch das in der Öffentlichkeit diskutieren darf.

[...]


Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk insgesamt sprechen wir von 20 Fernsehsendern und 74 Radiosendern. Dieser Umfang wird oft kritisiert, halten Sie ihn für richtig?

[...] Die KEF hatte schon 1999 festgestellt, dass die Programmvorgaben der Politik den Beitragszahler 2,25 Euro kosten. [...]


Sie sagen, man wird dem Vielfaltsanspruch nicht gerecht. Aber es sind doch in den letzten Jahren sogar noch TV-Sender hinzugekommen sind, 2009 ZDFneo, 2012 tagesschau24. Außerdem 2016 das Angebot von Funk.

Hilker: Aus Vielzahl folgt nicht von alleine Vielfalt. Wenn ich die Zahl der Eisdielen verdopple, heißt das nicht automatisch, dass ich mehr Eissorten bekomme. Wenn Sie sich die 70er oder 80er Jahre angucken, da gab es weniger Kanäle, aber ein Film von Rainer Werner Fassbinder lief noch um 20:15Uhr. Ja, die Zahl der Sender hat zugenommen, Sie können dort auch mehr finden, aber vieles von dem läuft unter Formatierung. Aus meiner Sicht muss Vielfalt auch dort angeboten werden, wo ich viele Nutzerinnen und Nutzer habe.
Funk ist tatsächlich eine Verbreiterung des Angebots. Allerdings sehe ich nicht, dass die reichweitenstarken TV-Programme dafür genutzt werden, auf eine Nische wie das Funk-Angebot aufmerksam zu machen. Es ist ja die Frage, wie der Zuschauer dort hingeführt wird.
Vielfalt muss dann stattfinden, wenn die meisten Leuten ein Medium nutzen. Das ist der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das heißt, wenn ich in der Primetime zehn Millionen Zuschauer habe, dann muss ich auch in der Primetime Vielfalt anbieten. Ich kann nicht sagen, die Vielfalt findet nach 24 Uhr und in der Mediathek statt.


Die Quote in der Primetime würde bei einem vielfältigeren Programm möglicherweise zurückgehen.

Hilker: Selbst wenn die Quote (Marktanteil) um 21Uhr auf fünf Prozent sinkt habe ich dann immer noch 1,5 bis zwei Millionen Zuschauer. Um 24 Uhr entsprechen 10 Prozent Marktanteil nur etwa einer Million Zuschauern. Die gesellschaftliche Reichweite in der Primetime ist selbst bei geringerem Marktanteil wesentlich höher.

[...]



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http://www.planet-interview.de/interviews/heiko-hilker/51425/


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