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Autor Thema: Kooperation statt Dualität der Medienordnung - rechtliche Perspektive  (Gelesen 1432 mal)

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medienpolitik.net, 02.12.2019

Kooperation statt Dualität der Medienordnung

Kooperationsorientierte Weiterentwicklung der Medienordnung aus rechtlicher Perspektive

Das Verfassungsrecht steht einer kooperationsorientierten Weiterentwicklung der deutschen Medienordnung nicht entgegen. Der Gesetzgeber besitzt dafür einen weiten Gestaltungsspielraum, den er teils bereits wahrgenommen hat. Bislang akzentuiert die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stark die unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen sowohl zwischen Presse und Rundfunk als auch zwischen öffentlich-rechtlichen und privaten Medien. So kennzeichnet den Pressemarkt privatwirtschaftlicher Wettbewerb, der hinreichend Meinungs- und Medienvielfalt sicherstellte (dazu etwa BVerfGE 57, S. 295, 322). Solange es hier nicht zu erheblichen Vielfaltsdefiziten kommt, darf der Gesetzgeber die historisch bewährte Form der Pressefreiheit als Markt- und Unternehmensfreiheit nicht öffentlich-rechtlich ausgestalten. Die Presse unterliegt einem privatwirtschaftlichen Primat. Allein allgemeine Förderungen des Instituts der freien Presse wurden objektiv-rechtlich für geboten und zulässig erachtet, etwa die Förderung des Vertriebs durch Postzeitungsdienste oder die Existenz von Pressegrossos als vielfaltssichernde Maßnahme.

Von Prof. Dr. Tobias Gostomzyk, Professur für Medienrecht, TU Dortmund

Zitat
Dagegen zeichneten sich die Rahmenbedingungen beim Rundfunk durch Knappheit der Sendefrequenzen und einen hohen Finanzaufwand aus, der zum Betrieb eines Rundfunksenders erforderlich war. Dies führte zur Annahme, dass ausgewogene Meinungs- und Medienvielfalt – anders als bei der Presse – nicht allein über privatwirtschaftlichen Wettbewerb entstünde. Deswegen lehnte das Bundesverfassungsgericht zunächst einen privatwirtschaftlich betriebenen Rundfunk ab. Erst in Folge einer Abschwächung der Sondersituation des Rundfunks durch neue Verbreitungstechnologien (v.a. Kabel und Satellit) – also einer Veränderung der tatsächlichen Rahmenbedingungen – vollzog das Bundesverfassungsgericht eine Öffnung hin zum dualen Rundfunksystem, was methodisch einer zeitangemessenen Konkretisierung des Verfassungsrechts entspricht. Es verknüpfte den öffentlich-rechtlichen und den privaten Rundfunk zu zwei Säulen eines Systems: Dem vorrangig gebühren- bzw. heute beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk kam die Aufgabe zu, für die gesamte Bevölkerung Programme zu bieten, die umfassend und in voller Breite Meinungsvielfalt sicherstellen sollen (BVerfGE 73, S. 118, 155 f.). Dem vorrangig werbefinanzierten privaten Rundfunk wurde demgegenüber gestattet, geringere Vielfaltsmaßstäbe zu erfüllen, solange der öffentlich-rechtliche Rundfunk dieser Vielfaltssicherung nachkommt.   
[…]

Weiterlesen auf:
https://www.medienpolitik.net/2019/12/kooperation-statt-dualitaet-der-medienordnung/


Siehe u.a. auch unter
Plädoyer f. publizist. Wettbewerbsrecht - kooperationsorient. Medienordnung (11/2019)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,32639.0.html


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Was mir in diesem Artikel etwas zu kurz kommt, ist der historische Anfang des Rundfunks.
Soweit ich es bisher sehen kann, waren die ersten Rundfunkveranstalter zunächst privat, staatliche Sender kamen dann erst dazu. Und dann kam plötzlich das "Problem" auf, private Rundfunkveranstalter würden der Vielfalt nicht genügen oder würden sich politisch mißbrauchen lassen.
Dabei sei darauf hingewiesen, daß im 2. Weltkrieg nicht die privaten Rundfunkanstalten darum wetteiferten, Nazipropaganda zu verbreiten, sondern sie per Gesetz dazu gezwungen wurden.1 Und jetzt sind wir beim im Grundgesetz Art. 5 verankerten Schutz der Pressefreiheit angelangt: Es ist nicht Aufgabe des Staates, Rundfunk "staatsfern" zu veranstalten, sondern nur den gesetzlichen Rahmen zu geben, daß a) die Meinungsvielfalt gewährt bleibt (Beschränkung der Konzentration auf dem Medienmarkt; Verbot der Meinungsmacht) und b) kein ideologisches System mehr den Rundfunk in seine Dienste zwingen kann. Genau diese beiden Punkte sind aktuell jedoch nicht (mehr) erfüllt. Die öffentlich-rechtlichen Sender haben aufgrund ihrer Zwangsfinanzierung erhebliche Wettbewerbsvorteile, können mehr und (das ist natürlich Geschmackssache) hochwertiger produzieren. Gleichzeitig entgehen privaten Sendern bzw. Zeitungen freiwillige Beiträge, wenn Personen ihr Medienbudget nicht mehr frei einsetzen können, sondern zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gezwungen sind. Auf diese Weise erlangte der öffentlich-rechtliche Rundfunk Meinungsmacht, was gerade der Vielfaltsforderung widerspricht. Auch das Gebot der Staatsferne wird in der Zusammensetzung der Rundfunkräte der öffentlich-rechtlichen Sender ignoriert (das nennt sich dann "Demokratie-Förderung").
Wann sieht man es endlich ein: Je mehr der Staat in ein System hineinpfuscht, das sich selbst regulieren könnte, desto mehr schadet er dem System als Ganzem.

Darum sei wieder darauf hingewiesen: Es gibt nicht nur keinen Grund, einen zwangsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu behalten, es ist vielmehr an der Zeit, den Rundfunk grundsätzlich zu privatisieren.
Aufgabe des Staates ist es hierbei, den gesetzlichen Rahmen zu schaffen, daß alle Mitwirkenden am privaten Rundfunk zur objektiven Informationsweitergabe verpflichtet werden. Meinungen der Sender/Veranstalter müssen entsprechend gekennzeichnet, Quellen genannt werden.

In Anbetracht des Wegfalles der "Frequenzknappheit" gibt es auch keinen Grund mehr, daß der Staat (ja, ich sehe die Landesmedienanstalten als staatliche Einrichtungen an) Lizenzen vergibt. Warum sollen in einem freien demokratischen Land solche Beschränkungen existieren? Warum soll nicht jeder das Recht haben, seine Meinung in einem Rundfunk-Angebot zu verbreiten? Warum traut man den Bürgern so überhaupt nicht zu, sich selbst eine freie Meinung zu bilden, wenn sie die Auswahl unter vielen verschiedenen Angeboten treffen können, die aufgrund ihrer Vielfalt gerade nicht gleichgeschaltet sind?


1
Zitat
Wikipedia: Geschichte des Hörfunks

[...] Die Reichssendung war eine Hörfunksendung, die von 1930 bis 1945 über alle Radiosender in Deutschland ausgestrahlt wurde. Sie war ein Sprachrohr, mit dem sich die Regierung über den Rundfunk an die Bevölkerung wandte und damit das erste Instrument klarer Einmischung der Politik ins Radioprogramm. Erste Übertragungen dieser Art liefen meist halbstündlich, abends. Im Deutschen Reich unter dem Nationalsozialismus waren die Reichssendungen dann nur einer von vielen Rundfunkpropagandakanälen für das Regime. Den Reichssendungen gemeinsam war die Zusammenschaltung aller Sender im Reich. Die Technik dafür erprobte man ab 1926 über Fernsprechleitungen, später über ein rundfunkeigenes Kabelsystem.

Die Nationalsozialisten nutzten die Massenmedien unmittelbar nach ihrer Machtergreifung für ihre Zwecke und schalteten den Rundfunk im Deutschen Reich gleich. Er wurde zum wichtigsten Propagandainstrument für die [Seite/Begriff nicht erwünscht]-Politik. Hans Flesch, Alfred Braun, Ernst Hardt – sowie zahlreiche andere Radiopioniere – wurden verhaftet und in Konzentrationslager deportiert.[13]

Mit dem Slogan „Ganz Deutschland hört den Führer mit dem Volksempfänger“ vermarktete die Regierung den Volksempfänger VE 301. Seine Typenbezeichnung leitete sich vom Datum der nationalsozialistischen Machtergreifung ab (301 = 30. Januar [1933]). Die Hörerzahlen stiegen von rund vier Millionen Anfang 1932 auf über 12 Millionen Mitte 1939. Trotz dieses Erfolgs lag die Rundfunkempfangsdichte 1934 in Deutschland bei nur 33,3 % (46,9 % im Jahr 1937) und damit weit unter der in den USA (78,3 %) und Großbritannien (66,1 %).

Mit einer Verordnung über außerordentliche Rundfunkmaßnahmen vom 1. September 1939, dem Tag des Beginns des Überfalls auf Polen, wurde im Deutschen Reich das Verbreiten der Nachrichten von abgehörten Feindsendern unter Strafe gestellt. Auch das Abhören von Radiosendern neutraler und mit Deutschland verbündeter Staaten war verboten. Beides wurde im nationalsozialistischen Deutschland auch mit dem Begriff „Rundfunkverbrechen“ belegt.

Schon 1933 war die Ges**** dazu übergegangen, den Kommunisten zugerechnete Rundfunkteilnehmer, die gemeinschaftlich „Radio Moskau“ empfangen hatten, in Konzentrationslager zu verschleppen. Auch hatten Oberlandesgerichte, Sondergerichte und der Volksgerichtshof bereits ohne gesetzliche Grundlage Urteile wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ gefällt, weil Beschuldigte diesen Sender abgehört hatten. Seit dem 29. Oktober 1929 strahlte Radio Moskau, ein starker Kurzwellen-Sender des Zentralrates der russischen Gewerkschaften, deutschsprachige Sendungen aus, die die KPD in Deutschland propagandistisch unterstützten. Die Reichsregierung setzte ab 1931 versuchsweise zahlreiche Störsender dagegen ein, diese führten aber beim Betrieb zu unliebsamen Störgeräuschen des Deutschlandsenders.

Im September 1933 gab die Ges**** einen Erlass heraus, dass alle beim gemeinschaftlichen Empfang von „Radio Moskau“ festgestellten Personen unverzüglich in ein Konzentrationslager einzuliefern seien.[14] Erwogen wurden technische Änderungen an Radioempfängern, um den Empfang zu verhindern.

Seit Herbst 1938 strahlte BBC World Service ein deutschsprachiges Programm aus.

Reichspropagandaminister Joseph Goebbels führte zum 1. Januar 1939 für den Reichsrundfunk die Bezeichnung Großdeutscher Rundfunk ein. Dieser sendete ab Juni 1940 ein nationalsozialistisches Einheitsprogramm für das ganze Deutsche Reich. [...]

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_des_H%C3%B6rfunks#Anf%C3%A4nge_bis_zum_Ende_des_Zweiten_Weltkrieges
Fettdruck nicht original.
Ges****: Gemeint ist die Geheimpolizei im dritten Reich. Aus irgendeinem Grund wird dieser Begriff automatisch geändert.


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Bayern

Widerspruchsverfahren: §§ 69-73 VwGO (Bundesrecht)

BVerfG zu Sonderbeiträgen: "Weinabgabe" - B. v. 4.2.1958 (2 BvL 31, 33/56); "Berufsausbildungsabgabe" - BVerfGE 55,274, U. v. 10.12.1980; "Kohlepfennig" - BVerfGE 91, 186, B. v. 11.10.1994; "Straßenbaubeiträge" - B. v. 25.6.2014, 1 BvR 668/10.

BVerwG zu VA: B. v. 30.8.2006, 10 B 38.06; U. v. 23.8.2011, 9 C 2.11.

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Gut beobachtet:

Zitat
Dagegen zeichneten sich die Rahmenbedingungen beim Rundfunk durch Knappheit der Sendefrequenzen und einen hohen Finanzaufwand aus, der zum Betrieb eines Rundfunksenders erforderlich war.

In der unmittelbaren Nachkriegszeit gab es auch eine Knappheit an Papier, weshalb die Alliierten sogar die Presse lizenziert hat. Mittlerweile alles überholt, m.W. haben diese alliierten Lizenzen heute nur noch historische Bedeutung.

Aber heute haben wir schon rein technisch keine Knappheit der Sendefrequenzen (die Frequenzbänder kann/könnte man schon längst schmaler machen - wenn man nicht sowieso digitale Signale sendet). Wie schon an den ersten Privatsendern in den 1980ern zu erkennen ist, ist der Finanzaufwand auch kein Problem mehr. Es gibt genug reiche Menschen und  interessierte Investorengesellschaften, die gerne mal was über den Äther schicken.

Dass mehr privates Geld vorhanden ist als noch vor fünfzig Jahren, sieht man sehr schön an den diversen privaten Eisenbahngesellschaften, die auch schon in den Fernverkehr vorgestoßen sind.

Der Staat muss - zumindestens, was diese beiden Punkte angeht - jetzt überhaupt nicht mehr aushelfen - weder mit dubiosen "Sendelizenzen" noch mit Bürgern abgezwungenen Geldern.

Es ist ein weiteres Mal ganz inflammatorisch zu sehen, dass die Rundfunkbeiträge am Ende eine staatliche Beihilfe darstellen.

Und, mir scheint, dass in nicht mehr vielen Monaten eine gewaltige ernstzunehmende Gefahr der Meinungsfreiheit dräut. Ich glaube, das wird noch richtig krass werden.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 07. Dezember 2019, 17:07 von Bürger«

 
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