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Autor Thema: Abbild unserer Scheindemokratie: die Bundespressekonferenz  (Gelesen 8163 mal)

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publikumskonferenz.de, 24.06.2019

Abbild unserer Scheindemokratie: die Bundespressekonferenz

Journalisten lassen sich von den Regierungspapageien mit Leerformeln und faulen Ausreden abfertigen. Nachbohren und Widerspruch gelten als unfein

Von Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam

Zitat
Die Bundespressekonferenz (BPK) in Berlin ist ein untypischer Verein von Journalisten. Er lädt Kanzler, Minister, Regierungssprecher sowie die Spitzenvertreter von Wirtschaft und Gesellschaft dazu ein, auf seiner Bühne Rede und Antwort zu stehen. Während im Ausland Medienleute üblicherweise von den politisch Mächtigen einberufen werden und deren Informationen in Empfang zu nehmen haben, sollte es in Deutschland genau andersrum vonstatten gehen: Journalisten erfragen eigenständig Auskünfte von ihren Gästen, Nachrichten werden offen erarbeitet, nichts wird “off the records” durchgestochen, nichts im Hinterzimmer gekauft oder als Auftragsbotschaft vergeben. Falls dies Konzept je funktioniert hat, so kann heute davon keine Rede mehr sein. Die BPK ist zum Demonstrationsort programmierter Regierungsverlautbarung und journalistischer Rückgratlosigkeit verkommen. […]

Die BPK hat ihren Sitz im Pressehaus am Schiffbauer Damm 40 in Berlin. Die Etage ist angemietet, das Gebäude gehört der Allianz Versicherung AG. Um recht zu bewerten, was sich dreimal wöchentlich im Raum 0103 abspielt: Da sind bei weitem nicht alle rund 920 BPK-Mitglieder versammelt, sondern üblicherweise höchstens zwei Dutzend Personen, meistens Reporter der Nachrichtenagenturen und der Neuen Medien. Die Stallwache eben. Die Funkhäuser, auch das ARD-Hauptstadtstudio, sind per Standleitung zugeschaltet, ihre Mitarbeiter selten persönlich anwesend. Die benützen lieber die eigene Kriechspur zu den Regierenden und bedürfen selten des Umwegs über die BPK.

Rein formal betrachtet, könnte die Bundespressekonferenz ein Garant für gelebte Demokratie und Grundgesetzlichkeit sein. Ihre Journalisten könnten als eingetragene Mitglieder des BPK-Vereins realisieren, was Verfassungsrechtler als entscheidend hervorheben:

Zitat
„Die unerlässliche Voraussetzung für das Funktionieren der repräsentativen Demokratie bildet daher eine jedem Bürger zugängliche Berichterstattung über alle politischen und gesellschaftlichen Zusammenhänge und Entscheidungen, die dem Einzelnen seine individuelle politische Partizipation und Urteilsbildung erst ermöglicht. Diese verantwortungsvolle Aufgabe wird von den Massenmedien wahrgenommen, deren demokratischer Hauptauftrag es ist, jedem Bürger die Handlungsabläufe in Staat und Gesellschaft zur Kenntnis zu bringen und transparent zu machen.“

Nochmal zum Nachschmecken: “Verantwortungsvolle Aufgabe, von den Massenmedien wahrgenommen” ist es, “die Handlungsabläufe in Staat und Gesellschaft transparent zu machen”? Ja freilich, schön wär´s!
[…]

Zitat
“Durch die Veröffentlichung der politischen Debatten in Parlamenten, Parteien und Interessensgruppen, aber auch durch eigene Kommentierung derselben, sollen die Medien zur Meinungsbildung der Bürger beitragen. Denn nur solche Themen, die in den Massenmedien diskutiert werden, können in einer breiten Öffentlichkeit wirksam werden und im Idealfall – so die urdemokratische Grundidee der Pressefreiheit – der vernünftigsten Meinung zum Durchbruch verhelfen.“

Trefflicher lässt sich nicht beschreiben, woran es der “Tagesschau” und ihren Geschwistern im Geiste fehlt: am diskussionsoffenen Horizont. Unsere Medien verzichten auf Eigenständigkeit, sie driften im Mainstream, sind Teil desselben und verbreiten Einheitskost. Sie prägen uniformierte Denkmuster im Sinne der vorherrschenden Politik. Nicht nur die Tagesschau-Sendungen sind darauf ausgerichtet, das Empfinden und Denken ihres Publikums zu uniformieren.
[…]

65 Prozent, also zwei von drei Befragten, sind der Ansicht, dass Journalisten nicht immer sagen dürfen, was sie wirklich denken (ein Manko, das stromlinienförmige deutsche Journalisten gerne ihren russischen Kollegen ankreiden). Zwei Drittel fordern eine tiefergehende Berichterstattung: In ihren Augen sollten die Medien Sachverhalte nicht zu sehr vereinfachen oder stereotyp darstellen (66 Prozent) und mehr auf die Folgen der Entscheidungen von Politikern eingehen (61 Prozent). Die Mehrheit wünscht sich zudem mehr Transparenz in den Medien – die sollten die Herkunft ihrer politischen Informationen kenntlich machen. Die Hälfte der Deutschen wünscht sich, dass die Medien ihnen und ihren Alltagssorgen mehr Aufmerksamkeit schenken. (ebd.)

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht mit seiner Berichterstattung nicht besser da als die kommerziellen Sender. Substantielle Abweichungen zeigen sich nicht. Die rundfunkbeitragspflichtigen Angebote unterscheiden sich allenfalls dank seriöserer Präsentation, geschmackvollerer Krawatten ihrer Selbstdarsteller – und dank ihrer jahrzehntealten Darbietungsriten (Tagesschau-Gong), die gleichzeitig das Signal zum Öffnen des Sechserpacks oder der Weinflasche liefern.
[…]

Die Big Band der Bundeswehr sorgte 2018 für den musikalischen Unterhaltungsrahmen. Für die BPK kostenlos konnten somit die Promis im Dreivierteltakt schwoofen: NDR-Intendant Lutz Marmor, WDR-Chef Tom Buhrow, ARD-aktuell-Sternchen Caren Miosga oder der bourgeoise Flügel der Linkspartei mit Arrivierten wie Katja Kipping und Caren Lay. Mit auf dem Parkett: Alt-Bundeskanzler Schröder, der Grüne Cem Özdemir, Entwicklungshilfe-Minister Müller, Hessens Ministerpräsident Bouffier – alle, alle kommen gern zum Wohlfühlfest der Meinungs-Mafia.
Gesponsert wird das “Event” vom deutschen Geldadel: „Platin-Partner“ Daimler, „Gold-Partner“ und mächtiger Finanzdienstleister BNP, „Silber-Partner“ Deutsche Post, Facebook, Krombacher. Zum Dank posiert auch schon mal Regierungssprecher Seibert vor den Werbe-Plakaten dieser Partner und ermöglicht reklameträchtige Pressefotos. Davon gibt es reichlich, und alle Beteiligten haben etwas davon, jeder auf seine Weise. Der Ball wird traditionell von zwei Paaren eröffnet: mit einem Tänzchen der Bundespräsidenten-Gattin, geführt vom obersten BPK-Journalisten; der Bundespräsident schwenkt derweil die Gattin des BPK-Vorsitzenden übers Parkett.
[…]

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https://publikumskonferenz.de/blog/2019/06/24/abbild-unserer-scheindemokratie-die-bundespressekonferenz/


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