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Autor Thema: Familien in Sippenhaft - Pervertierung der Gesamtschuldregelung  (Gelesen 1652 mal)

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Die Umsetzung der Gesamtschuldnerregelung nach RBStV § 2 (3) wird in der Verwaltung der Landesrundfunkanstalten zu einer Kollektivhaftung pervertiert, die es im deutschen Recht nicht geben kann, da das Grundgesetz Vereinigungs- und Vertragsfreiheit garantiert. Es existiert keine verfassungsmäßige Grundlage, Personen aufgrund ihres Zusammenwohnens ohne ihre Willenserklärung oder gegen ihren Willen zu einer Schuldnergemeinschaft zusammenzufassen. Es ist ganz egal, wofür. Hier handelt es sich um den Rundfunkbeitrag, es könnte aber auch jede andere Abgabe sein.

Der RBStV formuliert diese Zusammenfassung noch relativ harmlos. Die öffentliche Hand hat zur Vereinfachung der Verwaltung die Möglichkeit, Gesamtschuldnerschaften vorauszusetzen, allerdings als widerlegbare Vermutung. Beispielsweise bei  Ehepaaren darf der Staat annehmen, das ein gemeinsamer Haushalt vorliegt, und somit eine Versteuerung des Einkommens gemeinsam erfolgen soll. Ist dies nicht der Fall (evtl. getrennte Wohnungen oder Scheidung steht an) hat jede natürliche Person der so entstandenen Gesamtschuldnerschaft die Möglichkeit, die Vollstreckung auf den eigenen Anteil zu verlangen bzw. zu beantragen.

Beim Rundfunkbeitrag ist diese Aufteilung nicht geregelt. Eine Aufteilung setzt voraus, dass jeder einen definierten Anteil an der Gesamtschuld hat, sonst ist eine Aufteilung nicht möglich. Nach der Gesamtschuldnerregelung im RBStV ist eine Aufteilung nur geregelt, wenn ausschließlich Vollzahler die Wohnung bewohnen. Nach BGB tragen die Wohnungsinhaber die Schuld dann zu gleichen Teilen.

Ungeregelt ist es in allen Fällen, in denen Personen mit Ermäßigungs- und Befreiungstatbeständen (Privilegierte) die Wohnung mitbewohnen. In der "aussergesetzlichen Praxis" des Beitragseinzugs, - die wohlweislich in keiner öffentlich zugänglichen Dienstanweisung oder Satzung niedergelegt ist - und für die die Landesrundfunkanstalten voll verantwortlich sind, wird es wie folgt widersprüchlich gehandhabt:

Wohnen nur Personen mit Befreiungstatbeständen in der Wohnung, geht der Ausfall der Beitragszahlung zu Lasten des Gläubigers, der Landesrundfunkanstalt.
Wohnt mindestens ein Vollzahler mit privilegierten Personen zusammen, so hat der Vollzahler den Ausfall zu tragen.
Wohnen nur Personen mit Ermäßigungstatbeständen zusammen, so gehen pauschal - egal wieviele Personen die Gesamtschuldnerschaft bilden - zwei Drittel der Beitragszahlung zu Lasten der Landesrundfunkanstalt. Hier trägt keiner der Mitbewohner - obwohl teilzahlungsfähig -  einen Anteil der vollen Gesamtschuld.

Man erkennt, dass je nach "Wohnungskonfiguration" mal die LRA, mal ein/ mehrere Mitbewohner einen Ausfall der anderen tragen sollen. Im Falle von nur Personen mit Ermäßigungstatbeständen reduziert sich der Rundfunkbeitrag insgesamt für die Wohnung auch noch unverständlicherweise auf ein Drittel, obwohl im RBStV steht, dass sich die Ermäßigung auf die natürlichen Personen der Inhaberschaft bezieht (RBStV § 4 (2)). Praktisch sollte das aber bedeuten: jeder bezahlt höchstens ein Drittel Beitrag. Das ergäbe bei drei ermäßigten Mitbewohnern ein voller Rundfunkbeitrag.

Die (dazu auch selbst noch anzweifelbare) gesetzliche Regelung der Gesamtschuldnerschaft wird in der Praxis beim Einzug dahingehend pervertiert, dass die Landesrundfunkanstalten die nicht geregelte bzw. ungleichbehandelnde Aufteilung der Gesamtschuld  absichtlich unkenntlich macht, indem sie sagen:

"Wie der Rundfunkbeitrag im Innenverhältnis aufgeteilt wird, bleibt völlig den Mitbewohnern überlassen."

In einer geregelten gesamtschuldnerschaftlichen Aufteilung wäre dieser Satz völlig unnötig, da es auch bei gesetzlich definierten Anteilen den Gesamtschuldnern im Innenverhältnis selbstverständlich möglich ist, die Gesamtschuld anders aufzuteilen. Es muss nur die Summe dabei herauskommen, die gefordert wurde. Die Schuld könnte sogar freiwillig von einer völlig aussenstehenden Person beim Schuldner beglichen werden, ohne dass eine rechtswidrige Handlung vorliegt oder der Gläubiger dagegen Einspruch erheben wird.

Der Satz
"Wie der Rundfunkbeitrag im Innenverhältnis aufgeteilt wird, bleibt völlig den Mitbewohnern überlassen."
hat einzig und allein die Funktion eine Missachtung der Gesamtschuldnerregelung des RBStV i.V.m. AO und BGB zu verdecken.

Ist das Innenverhältnis nicht geregelt, so herrscht dort Gesetzlosigkeit. Es handelt sich dann um eine Schuldnergemeinschaft, in der nur "irgendwie alle an der Schuld beteiligt sein sollen".  Das ist ein Merkmal der Kollektivhaftung. Das Kollektiv ist die Wohngemeinschaft.

Von der Sippenhaft nicht unterscheidbar wird es dann, wenn Familienangehörige zusammenwohnen. Es ist reine Willkür, wer zur Begleichung der Schuld herangezogen wird und es bleibt völlig unklar ob überhaupt andere Familienmitglieder ausgleichspflichtig sind.


Weitere Beiträge zum Thema siehe Link-Sammlung unter
[Übersicht] Gesamtschuldnerschaft
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  • IP logged  »Letzte Änderung: 21. März 2019, 16:50 von Bürger«
„Eine ewige Erfahrung lehrt jedoch, daß jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu mißbrauchen. Er geht immer weiter, bis er an Grenzen stößt. Wer hätte das gedacht: Sogar die Tugend hat Grenzen nötig. Damit die Macht nicht mißbraucht werden kann, ist es nötig, durch die Anordnung der Dinge zu bewirken, daß die Macht die Macht bremse.“ (Montesquieu)

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Nachtrag:
Eine keiner Rechtsnorm entsprechende Kollektivhaftung liegt nur vor, wenn auch kein konkludentes Verhalten vorliegt, das auf ein Einverständnis zu dieser Art der "Behandlung" schließen lässt.

Die Liste ist wahrscheinlich noch erweiterbar, aber auf eine konkludente Willenserklärung könnte geschlossen werden aus:

- Der Angabe der Beitragsnummer eines bereits vorhandenen Beitragszahlers in der Wohngemeinschaft bei der LRA durch einen dazu aufgeforderten anderen Mitbewohner
- Eine Einzugsermächtigung zum Einzug der Rundfunkbeiträge
- Eine Barzahlungsmöglichkeit zu verlangen
- ...

Allgemein jede Antwort an Beitragsservice oder Landesrundfunkanstalt solte dahingehend überprüft werden, ob nicht indirekt eine versteckte Einverständniserklärung darin abgegeben wird.

Ich tendiere für Unerfahrene daher schon fast in die Richtung: Wer nichts schreibt, schreibt auch nichts Falsches.


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„Eine ewige Erfahrung lehrt jedoch, daß jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu mißbrauchen. Er geht immer weiter, bis er an Grenzen stößt. Wer hätte das gedacht: Sogar die Tugend hat Grenzen nötig. Damit die Macht nicht mißbraucht werden kann, ist es nötig, durch die Anordnung der Dinge zu bewirken, daß die Macht die Macht bremse.“ (Montesquieu)

 
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