Wo ist unsere Begabungsreserve? Welche Karrierepfade schlagen unsere Frischlinge ein?
Ich habe das Gefühl, dass wir das Wort "Journalismus" aus vielen aktuellen Ausbildungsangeboten streichen sollten. "Journalismus, Medien, Marketing und PR" in einen Topf zu werfen, halte ich für frevelhaft. Wenn ich mich zum
PR-Agenten ausbilde oder als solcher tätig werde, verdiene ich die Bezeichnung "Journalist" nicht.
Das
Gelöbnis des Journalisten wurde vom BVerfG so verfaßt - "Gelöbnis d. J." steht da nicht wort-wörtlich, das denken wir als an den Rand Geschriebenes hinzu, extrahieren das Wesentliche und setzen zusammen:
Ich gelobe,
durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen
die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen.
Marketing und Public Relations - das ist hinterlistig-klug geführte Lüge, Verzerrung der Wirklichkeit, ins rechte Licht setzen. Ein Journalist, der sich dafür hergibt, ist in
Ausübung einer PR-Tat kein Journalist. Das trifft für ARD-Aktuell-Mitarbeiter, die
einer Sprachregelung unterworfen sind, ebenso zu, wie für potentielle, aktuelle oder ehemalige Bundespressesprecher.
Wessen PR machen die?Aber es muss doch echte Journalisten geben? Solche, die geloben würden.
Ich habe gestern gelernt, dass es in Leipzig eine ähnliche Ausbildungsstätte wie in München gibt. Anstatt jedoch von der kath. Kirche finanziert, öffnet die 2008 gegründete
Medienstiftung der Sparkasse Leipzig die Schatulle. Vorsitzender des Stifungsrates ist der Oberbürgermeister, Bettina Schausten (ZDF) ist Stiftungsratsmitglied und der Fernsehdirektor des mdr ist im Vorstand. Die
Leipzig School of Media ist eine gemeinnützige GmbH.
leipzigschoolofmedia.deAngeboten werden berufsbegleitende Studiengänge: im Bereich Unternehmensmedien (Master of Arts), im Bereich Digitale Medien (Master of Science), im Bereich Marketing (Master of Science) und New Media Journalism (Master of Arts). Und was kommt dabei heraus? Wie unterscheiden sich die Absolventen von ihren kath. Kollegen? Wer ist einbettungsfähiger? Wer deckt Skandale in der Kirche auf? Oder in der Partei des Bürgermeisters? Wer bricht das
Schweigegelübde des Hintergrundgesprächszirkels?
Bilden wir
überhaupt Journalisten aus?
Oder nicht einfach nur PR-Agenten? Würden wir ihnen das Gelöbnis abnehmen? Und wer, wenn nicht wir, hat ein Anrecht darauf, Journalisten direkt selbst zu unterstützen?
Haben wir ein Anrecht darauf, dass der örR frei ist von
Wirklichkeitsverzerrern?
Ist die verzerrte Darstellung der Wirklichkeit der den Rundfunkbeitrag rechtfertigende Vorteil? Wen könnte man dazu befragen? Und wer würde das beurteilen?
Was befreit uns von dem Zwang, die
Framing-, Nudging- und PR-Wahnsinnigen aushalten zu müssen? Wer wirft die
Krimi-, Schund- und Groschenroman-Autoren aus der Zwangsalimentierung? Wie werden wir die
eingebetteten Berichterstatter los? Die
privaten Firmengeflechte? Die
obszönen Pensionsforderungen? Wann verabschieden wir uns von der relotiösen
Idee, mit Fiktion die Wirklichkeit abzubilden? Wann kracht das
krasse Kartenhaus zusammen?