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Autor Thema: „Das ist ziemlich einmalig“ - Interview mit Prof. Dr. Wolfgang Schulz  (Gelesen 4435 mal)

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medienpolitik.de        26.09.2018

„Das ist ziemlich einmalig“
Direktor des Hans-Bredow-Instituts kritisiert, dass der Medienstaatsvertrag das Medienkonzentrationsrecht ausklammert

Interview mit Prof. Dr. Wolfgang Schulz, Direktor des Hans-Bredow-Instituts für Medienforschung
Zitat
Im Oktober 2014 veröffentlichten Prof. Dr. Wolfgang Schulz, Direktor des Hans-Bredow-Instituts, und Prof. Dr. Winfried Kluth, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, das Gutachten „Konvergenz und regulatorische Folgen“. Das Gutachten bildete die Grundlage für die Beratungen der Bund-Länder-Kommission zur Medienkonvergenz. Die Studie empfahl ein „Kombinationsmodell“. Dieses sieht ein mögliches Auslaufen der klassischen Rundfunkregulierung unter einer Evaluation der Nutzungsgewohnheiten vor sowie den Aufbau einer Anreizregulierung für solche Angebote, die einen besonderen Wert für die Gesellschaft haben. Ausgehend von den Ergebnissen der Bund-Länder-Kommission haben die Länder jetzt den Entwurf eines Medienstaatvertrages vorgelegt, der auch Überlegungen des Schulz-Kluth-Gutachtens berücksichtigt. Es sei bemerkenswert, dass die Länder einen Staatsvertragsentwurf vorgelegt hätten, der das geltende Recht in vielen Punkten der veränderten Realität anpassen könne, betont Prof. Dr. Wolfgang Schulz in einem medienpolitik.net-Interview. „Die Länder zeigen damit, dass sie handlungsfähig und handlungswillig sind.“ Kritik übt der Direktor des Hans-Bredow-Instituts aber daran, dass der Medienstaatsvertrag das Medienkonzentrationsrecht ausgeklammert. „Die Länder, so Schulz, „werden durch Zuwarten irgendwann in den Zustand der Verfassungswidrigkeit hineinlaufen, denn es handelt sich um die zentrale Pflichtaufgabe der Medienregulierung.“
Zitat
medienpolitik.net: Erstmals sollen Intermediäre reguliert werden. Sie haben auf die wachsende Bedeutung von Intermediären für die Meinungsbildung hingewiesen. Entspricht der gegenwärtige Entwurf den regulatorischen Notwendigkeiten?

Prof. Dr. Wolfgang Schulz: Das ist ziemlich einmalig, ich kenne kein Land der Welt, das es unternimmt, potentielle Meinungsmacht von Intermediären in die Medienregulierung einzubeziehen. Dass Anbieter von Social Media Plattformen oder Suchmaschinen auf die Meinungsbildung Einfluss nehmen können, ist evident. Allerdings unterscheidet sich ihre Rolle im Meinungsbildungsprozess von der der Medien und wir sind erst am Anfang, ihre Funktionen zu verstehen und beschreiben zu können. Wir hatten daher vorgeschlagen, zunächst die Anbieter dazu zu bringen, die Transparenz zu erhöhen und deutlich zu deklarieren, welche Funktion sie erfüllen wollen, damit man sie daran – auch im öffentlichen Diskurs – messen kann. Diesen Gedanken greift der Entwurf jedenfalls auf, wenngleich mir noch nicht jede Formulierung geglückt erscheint, etwa wenn von Intermediären Angaben zur genauen Gewichtung ihrer Kriterien angemahnt werden. Das dürfte in der Praxis schwer umsetzbar sein.
Es geht allerdings aus meiner Sicht zu weit, auch Regeln zur Diskriminierungsfreiheit einführen zu wollen. Diskriminierungsfreiheit klingt harmlos, keiner vernünftiger Mensch will Diskriminierung. Aber eine solche Vorgabe würde eine gesetzlich erzwungene Neutralisierung von Diensten bedeuten. Um ihre Funktion zu erfüllen, müssen Intermediäre Inhalte ungleich behandeln. Eine Suchmaschine, die die Ergebnisse nach dem Zufallsprinzip sortiert, wäre nutzlos. Funktionieren kann ein Diskriminierungsverbot also nur, wenn man scharfe Kriterien dafür hat, wann eine Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist und wann nicht. Mir ist unklar, wie man das definieren will. Darüber sollte man noch einmal gründlich nachdenken. Und die Zeit kann man auch dafür nutzen, die Landesmedienanstalten so zu strukturieren, dass sie die Aufgabe der Aufsicht in diesem Bereich effektiv erfüllen können. Dieser Punkt gehört für mich ohnehin auf die Agenda für die nächste Stufe der Modernisierung der Medienordnung.
Zitat
medienpolitik.net: Der vorliegende Entwurf hält im Wesentlichen am traditionellen Rundfunkbegriff unter Verweis auf die neue AVMD-Richtlinie fest. Halten Sie das angesichts der veränderten Mediennutzung für sinnvoll?

Prof. Dr. Wolfgang Schulz: Wir hatten in unserem Gutachten gesagt, dass man durchaus noch eine Weile an dem Rundfunkbegriff festhalten kann, aber lange wird er als zentraler Grenzbegriff nicht mehr tauglich sein. Pragmatisch kann ich verstehen, dass man sich an die Entwicklungen in Europa koppeln möchte. Mittelfristig wird man die Regulierung hier aber modularer gestalten müssen. Das heißt die Normen, die europäisches Recht umsetzen, müssen natürlich mit einem Anwendungsbereich arbeiten, der dem entspricht, was das europäische Recht vorgibt. Das muss aber beispielsweise nicht für den Anwendungsbereich der Meinungsmachtkontrolle gelten, denn dieser Bereich ist nicht europarechtlich koordiniert.
Weiterlesen auf :
http://www.medienpolitik.net/2018/09/medienpolitikdas-ist-ziemlich-einmalig/



Siehe auch :
produzentenallianz.de        27.09.2018
Medienkonzentrationsrecht // Der Rundfunkbegriff ist als „zentraler Grenzbegriff“ auf Dauer nicht mehr tauglich
https://www.produzentenallianz.de/presseschau/einzelansicht/article/medienkonzentrationsrecht-der-rundfunkbegriff-ist-als-zentraler-grenzbegriff-auf-dauer-nicht-me.html

Internet ist nicht Rundfunk und ist deshalb nicht analog zu regulieren
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28857.0

KEK kritisiert fehlende Reform des Medienkonzentrationsrechts
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28541.0

Heike Raab (SPD): „Das Medienkonzentrationsrecht hat Defizite“
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=24042.0

ARD-Plan eines „europäischen Youtube“ spaltet die Medienbranche
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28840.0

ZDF-Intendant Bellut begrüßt Änderung der AVMD-Richtlinie
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28073.0


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Zum Autor 'Prof. Dr. Wolfgang Schulz', der auf Fotos immer ein etwas aufdringliches Grinsen an den Tag legt, siehe unter anderem den Eintrag:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Schulz_(Jurist)

Es ist schon auffällig, wie gut die Lobbypolitik der Rundfunkanstalten organisiert ist - der Direktor des Hans-Bredow-Instituts, eine Art Think Tank des NDR, ist zugleich Professor für "Medienrecht und Öffentliches Recht" an der Universität Hamburg. Er steht bei den neuerlichen Versuchen der Medienregulierung, die den sogenannten 'öffentlich-rechtlichen' Rundfunkanstalten ihre Macht im Internet sichern sollen, wohl an vorderster Front. Und eines der wichtigsten Schlagwörter ist dabei die Medienkonvergenz.


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    • Protest + Widerstand gegen ARD, ZDF, GEZ, KEF, ÖRR, Rundfunkgebühren, Rundfunkbeitrag, Rundfunkstaatsvertrag:
Danke für diese Hinweise.

Das Hans-Bredow-Institut "verdient" wohl einen eigenen Thread, wenn man sich etwas näher damit befasst...
https://www.hans-bredow-institut.de/de/institut/organisation_finanzierung_geschichte

Zitat
Das Kuratorium stellt das Aufsichtsgremium des Hans-Bredow-Instituts dar. Es wählt u.a. die Mitglieder des Direktoriums und beschließt über den Wirtschaftsplan. Mitglieder des Kuratoriums sind derzeit:

Prof. Dr. Dieter Lenzen, Universität Hamburg (Vorsitz)
Fikret Abaci, NDR-Rundfunkrat
Prof. Dr. Michel Clement, Universität Hamburg
Dr. Nico Fickinger, NDR-Rundfunkrat
Thomas Fuchs, ALM
Dr. Rolf Greve, Behörde für Wissenschaft und Forschung
Susanne Kayser, ZDF
Lutz Marmor, NDR
Prof. Dr. Irene Neverla, Universität Hamburg
Oliver Schenk, Bei der Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien
Prof. Dr. Hans-Heinrich Trute, Universität Hamburg

sowie auch
Zitat
Finanzierung
[...]
Das Gesamtvolumen des Haushalts betrug im Jahr 2016 2,6 Mio. Euro, die sich aus 1.500 T€ an institutioneller Zuwendung der Freien und Hansestadt Hamburg, 533 T€ an weiteren Zuwendungen und Spenden (NDR Media, Medienstiftung Hamburg, Medienanstalten, ZDF), 574 T€ an Drittmitteln sowie 4 T€ an sonstigen Einnahmen zusammensetzen.
Im Jahr 2016 kamen die Drittmittel von folgenden Institutionen: EU, DFG, BKM, Stiftungen (Friedrich-Ebert-Stiftung, Bertelsmann-Stiftung, Deutsche Krebshilfe), Rundfunk- und Medienanstalten (ALM, ZDF, ORF), DAAD und sonstige (FSM, Google, HIIG, LSE, Istituto Universitario Europeo).
Der größte Anteil der Ausgaben des Instituts besteht in Personalkosten.
[...]


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Zitat
Das muss aber beispielsweise nicht für den Anwendungsbereich der Meinungsmachtkontrolle gelten, denn dieser Bereich ist nicht europarechtlich koordiniert.
Hier könnte man ein dezentes "falsch" anbringen.

Der Inhalt einer jeden Meinung wird von Art. 11 Charta, bzw. Art. 10 EMRK reguliert und erlaubt jenem, der eine Meinung kundtut, keine Einflußnahme einer "public authority" dulden zu müssen.

Eingriffe in diese Freiheit der Meinung sind alleine in jenem Rahmen zulässig, den beide Regelwerke selbst dafür vorsehen.


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- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

 
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