Auch wenn es rechtlich keine Bedeutung hat empfinde ich einen Satz in dem Befangenheitsantrag des SWR-Justiziars Eicher als sehr interessant.
Befangenheitsantrag von SWR-Eicher gg. Richter Sprißler (LG Tüb.) abgelehnthttps://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,26825.15.htmlDiese richterliche Unabhängigkeit ist bis an die Schmerzgrenze zu verteidigen, dazu stehen wir und das respektieren wir.
An sich soll der Satz wohl das übliche Geschleime eines "Wir respektieren das Gesetz, aber ..." darstellen.
Im Kern drückt dieser Satz aber auf wundervolle Art und Weise das Vorgehen des ÖRR aus:
"Die Verteidigung des Rechtsstaates erfolgt eben nur "bis an die Schmerzgrenze."Im Umkehrschluss bedeutet das:
"Wenn der Rechtsstaat über unsere Schmerzgrenze hinausgeht, dann greifen wir sogar die richterliche Unabhängigkeit an, welcher wir nur einen Satz vorher eine überragende Bedeutung für die Funktionsfähigkeit eines Rechtsstaates gegeben haben."Das ganze kommt total unscheinbar daher, ist aber wirklich ein sehr tiefer Einblick in das System. Denn die "Schmerzgrenze" ist eben nichts weiter als eine "Schmerzgrenze". Es ist völlig subjektiv, wo jemand "Schmerzen" empfindet und der ÖRR will - sobald besagte Schmerzgrenze erreicht ist - die Regularien eines Rechtsstaates nicht mehr annehmen.
Es ist jedoch unrealistisch, zu glauben, dass in einem Land mit 80 Millionen Einwohnern die Schmerzgrenze niemals überschritten wird. Ganz im Gegenteil: Die Schmerzgrenze zu überschreiten ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Den einen schmerzt, dass Tierversuche nicht grundsätzlich verboten sind, den anderen schmerzt das Tempolimit innerhalb geschlossener Ortschaften und wieder ein Anderer hat enorme Schmerzen, wenn er sieht, was das Finanzamt nun wieder von Ihm will. Für die Funktion eines Rechtsstaates scheint mir der Bereich "außerhalb der Schmerzgrenze" sogar recht unwichtig, denn da hält sich jeder gerne dran (tut ja nicht weh). Wichtig werden die ganzen rechtlichen Regularien genau dann, wenn es über die Schmerzgrenze hinausgeht. Genau dann braucht es Regularien, weil jemand "im Schmerz" nicht mehr objektiv urteilen kann. Daher ist auch die Gewaltenteilung eine der meiner Meinung nach wichtigsten Grundlagen unseres Rechtsstaates.
Wenn der ÖRR nur "bis an die Schmerzgrenze" geht, dann drückt er damit nichts weiter aus, als dass er dann, wenn es ihm weh tut, nicht mehr bereit ist, die richterliche Unabhängigkeit als wichtigen Pfeiler unserer Gesellschaft zu respektieren. Und genau das ist es, was passiert.Ein ums andere Mal erlaubt sich der ÖRR Frechheiten, die für mich kaum fassbar sind:
Der Orga-Aufwand einer Barzahlung geht über die Schmerzgrenze?
> Also bieten wir die gar nicht an.Wir haben Schmerzen, wenn wir unsere Vollstreckungstitel nicht selbst erstellen können?
> Also erstellen wir sie.Aber es wäre zu schmerzhaft uns jetzt den Regularien einer Behörde zu unterwerfen.
> Also tun wir das nicht.Der ÖRR ignoriert den Rechtsstaat überall da, wo es ihm zu sehr weh tut.
Und genau das steckt in dem Satz:
Wir verteidigen den Rechtsstaat eben nur bis an die Schmerzgrenze.
Andere Menschen dagegen sind bereit, bis in den Tod für Ihre Überzeugungen zu stehen, der ÖRR schreckt dann zurück, wenn es weh tut. Dann ist er schon bereit, von "Rechtsstaat" zu "Selbstjustiz" überzugehen und glaubt noch immer, er wäre im Recht.
Wie gesagt:
Es ist rechtlich sicherlich nicht von Bedeutung. Moralisch aber scheint es mir sehr spannend zu sein, etwas genauer zu erkennen, welche Einstellung hinter den Köpfen steckt, die da für mein Empfinden eben überhaupt keinen Respekt vor unserem Rechtsssytem haben, sondern es konstant unterlaufen.
Alles Liebe, Julian!
Edit "Bürger":
Danke für die interessante Beobachtung und Analyse.
Ursprünglicher Thread-Betreff "Die Schmerzgrenze des Justiziars" musste zur Vermeidung von Missverständnissen präzisiert werden.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.