Hätte man 'mal mich gefragt...
Ute Welty im fiktiven Gespräch mit user drone (Forum von GEZ-Boykott) an einem herrlich sonnigen, fiktiven Tag im März 2018, bei zwei Gläsern Rotwein auf der Terasse...
Welty: In welche Richtung muss sich diese Diskussion dann entwickeln, damit das öffentlich-rechtliche System wirklich zukunftsfest ist?
drone: Zunächst einmal müssen die Landesregierungen ihre verfassungswidrigen Landesgesetze, die die verbrieften Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger der Länder in schwerstem Maße verletzen, und die die Finanzierung der LRAen sichern sollen, komplett auf den Prüfstand stellen und überarbeiten. Grundrechte gibt es nicht gegen einen "demokratischen", als "solidarisch" verkauften Aufschlag zu kaufen, man besitzt sie - bedingungslos. Sie sind da, um den Souverän vor illegalen, d.h. nicht GG konformen Übergriffen durch den Staat zu schützen und zu bewahren.
Der ÖRR ist ja nur das letzte Glied in der Kette der bisherigen Ungereimtheiten im allgegenwärtigen "Rundfunkgeschehen". Er benötigt einzig eine Finanzierung, der Rest kann ihm (wie den Privaten oder der Presse auch) nach Artikel 5 GG völlig egal sein. Ebenso ist ihm auch die Art der Finanzierung erst einmal völlig egal, solange diese nicht (völlig) für ihn ausbleibt. Er hat ja eine Aufgabe übernommen, zu der jeder private Dienstleister ebenso in der Lage wäre, und was unter den z.Z. gegebenen Voraussetzungen ebenfalls ein Einfaches wäre.
Welty: Warum hat die Akzeptanz für die öffentlich-rechtlichen Programme überhaupt so gelitten. Viele fragen sich ja inzwischen, warum soll ich für etwas zahlen, was ich gar nicht nutze?
drone: Es geht nicht ums Geld, zumindest nicht in erster Linie. Es geht auch nicht um Nutzung oder ähnliche Fragen. Die Akkzeptanz schwindet, weil Menschen, die noch an eine echte Demokratie glauben oder geglaubt haben, hier zunehmend wahrnehmen und spüren, dass ihre garantierten Grundrechte, z.B., und hier nur eines von vielen, auf dem Altar einer, einzig der Finanzierung dienenden, "Verwaltungsvereinfachung" geopfert werden sollen, und sich auch eine Verwaltungsjustiz bereits sehr, sehr weit vom GG entfernt hat. Das können viele Menschen in Deutschland so nicht hinnehmen oder stehen lassen, dagegen sind sie - und das GG verpflichtet sie geradezu dazu - zum Widerstand aufgerufen.
Welty: Was setzen Sie dem Vorwurf entgegen, öffentlich-rechtlicher Rundfunk sei Staatsrundfunk?
drone: Nichts. Rein formal und in all seinen logischen Dependenzen betrachtet, trifft genau dies zu. Betrachten Sie einfach, welche politischen Abhängigkeiten - sei es in den "demokratischen" Gremien wie Rundfunk- oder Fernseh- oder Verwaltungsräten oder auch bei der aktuellen "Direktoren-Wahl" der LfK in RP - maßgeblich das Geschehen in der Struktur "ÖRR" bestimmen. Das ist politische Einflußnahme in Reinstform. Die wenigen, die hier bspw. noch ordentlichen Journalismus abliefern (können/wollen/dürfen), sterben einen langen Tod über Jahrzehnte oder sind, angesichts des übermächtigen Gegengewichts, bereits kurz vor dem Hirntod.
Auch die oben bereits erwähnten verfassungswidrigen Landesgesetze müssten Dauerthema im ÖRR sein. Ich habe davon dort bisher nicht ein Sterbenswörtchen vernommen. Ist das "staatsfern" oder gar "unabhängig"? Hier werden länderübergreidfend BürgerInnen in ihren Grundrechten verletzt, und der ÖRR schweigt dazu, weil er primär an seinem immer wieder selbstinszenierten Eigenlob schon fast erstickt...
Welty: Und was setzen Sie dem Vorwurf entgegen, dass dieses Gespräch bis ins Kleinste vorgegeben ist, dass ich nur das frage, was Ihnen genehm ist?
drone: Nun, das möge jeder Rezipient für sich selbst entscheiden. Für deren Meinungsbildunng bin ich nicht zuständig. Ich habe versucht, mich möglichst auf meine mir als sachlich erscheinenden Argumente zu beschränken - und das darf und soll jede/r auch gerne anders, oder differenzierter betrachten können.
Welty: Von wem wünschen Sie sich mehr Unterstützung für das öffentlich-rechtliche System?
drone: Natürlich von den Rezipienten, denn nur sie können der Motor für eine deratige Tätigkeit sein. Im Grunde unterstützt sich das ÖR-System selbst letztlich dadurch, in dem es sowohl Qualität für eine Vielfalt an Rezipienten bietet (nicht zu verwechseln mit Quoten und "Mehrheiten", die einen Massengeschmack zu treffen suchen - arte wäre hier ein schon ganz gutes Beispiel) und in dem es von möglichst vielen Gruppen - und eben nicht allen - gerne und freiwillig genutzt, unterstützt oder gar finanziell subventioniert wird. Ein künftiger ÖRR ist nichts für alle. Wäre dem so, dann liefe etwas schief, und man hätte mit der Vielfalt schlichtweg "versagt". Ein ÖRR muss und darf auch den NutzerInnen nicht überall hinterherlaufen (und schon gar nicht ins Internet) - sein Nutzungsmerkmal ist einzig die Qualität und echte Informationsvielfalt (wohlgemerkt: nicht "Meinungsvielfalt"). Dafür bietet jeder Tag viele, viele Stunden, ohne dass man komprimieren oder redaktionell viel bearbeiten müsste.
Welty: Medienpolitisch gilt dieses Jahr 2018 als ausgesprochen wichtig. Da ist nicht nur die Entscheidung in der Schweiz, da sind auch die deutschen Bundesländer, die den Telemedienauftrag formulieren müssen und damit festlegen, wer was im Internet darf und was nicht. Wo, glauben Sie, stehen wir am Ende des Jahres?
drone: Das wäre Kaffeesatzleserei. Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit zunächst auf das, von Ihnen nicht erwähnte, zu erwartende Urteil des BVerfG zu den über 160 VBen (bei aktuell 7 Leitverfahren), rund um den in 2013 eingeführten sog. "Rundfunkbeitrag" lenken, und auf die vielleicht erst im nächsten Jahr kommende Beantwortung der Fragestellungen, die das Tübinger Landgericht in 2017 an den EuGH gerichtet hatte. Dieser sog. "Telemedienauftrag" oder auch das Internet hat mit Rundfunk nichts zu tun und kann daher erst 'mal warten. Sonst stellt sich am Ende noch heraus, dass jeglicher Zeitaufwand dahingehend für die sprichwörtliche "Katz'" war (lacht).
Welty: Wie auch immer, besten Dank für dieses Interview.
drone: Ich hätte da jetzt noch einen guten Roten aus dem Badischen...
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio Kultur macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
(So oder ähnlich könnte das auch laufen...)