Die Öffentlich-Rechtlichen werden gebraucht. Es ist ihr Job, in allen Bereichen, in denen sie aktiv werden, das Niveau auf einen guten Standard zu heben oder, verlässlich und auf Dauer, auf einem guten zu halten. Der Ärger ist bisweilen groß, wenn das nicht klappt. Aber vielleicht fällt das auch deshalb nur so deutlich auf, weil die Sender das Publikum ansonsten schon mit einer recht hohen Qualität versorgen.
Ich würde mich hüten zu behaupten dass die ÖR Sender noch gebraucht werden. Das sieht man ja schon daran, dass sich viele private neben den Öffentlichen Sendern etablieren konnten. Die steile These, dass ohne Öffentlichen Rundfunk alle Privatanbieter kein Interesse mehr an Qualität haben ist ungefähr so belegbar wie die Astrologie.
Die Konkurrenz der großen Privatsender in den USA, die dort dominieren und die eben nicht – wie die deutschen Öffentlich-Rechtlichen – den Auftrag haben, alle zu erreichen, müsste abschreckend genug sein. Sie senden für je eigene Nischen und bringen ihre Zuschauer zum Teil gar nicht mehr mit anderen Positionen in Berührung. Wohin diese gesellschaftliche Polarisierung in den USA geführt hat, sehen wir seit einem Jahr.
Das Privatsender automatisch Nischensender seien, ist nur im ersten Augenblick ein logischer Schluss, jedoch ein Trugschluss. Um ein Medium zu sein, dass alle oder möglichst viele erreicht, braucht man keinen staatlichen Auftrag, sondern lediglich den nötigen Ansporn eine möglichst breite Kundschaft zu erreichen, was im Regelfall mit möglichst hohen Einnahmen einhher geht. Generell lehne ich das im letzten Satz unterschwellig angedeutete Szenario ab, dass der Öffentlich Rechtliche Rundfunk in Deutschland so etwas wie einen Erziehungsauftrag hat oder einen Moralkompass darstellt, denn damit würde er ja so eine Art Mainstream sein, die alle anderen überragt und für sich immer in Anspruch nehmen darf, die Wahrheit zu sagen oder das beste Medium zu sein. Das entspricht dann dem Schema einer Indoktrination, wo es ein führendes Leitmedium gibt, wie man es heute z.B. auch aus gelenkten Demokratien wie Russland oder in Diktaturen wie Nordkorea kennt. (Die Unabhängigkeit des deutschen ÖR kann jedenfalls keiner garantieren, schon gar nicht die Politiker in den Aufsichtsräten.) Das halte ich in einer Demokratie für sehr gefährlich. Die weitere unterschwellige Aussage, dass Trump gewonnen hatte, weil die ÖR in Amerika keinen übergeordneten Einfluss gehabt hätten, halte ich für unfundiert und unbegründet.
Selbst Menschen, die jeden Tag fernsehen, finden, wenn sie gefragt werden, das Programm ganz furchtbar. Alles Gute erscheint ihnen selbstverständlich und die 95 Prozent der Sendungen, die zwar ohnehin für andere gemacht sind – puh, völlig indiskutabel!
Kommt halt drauf an, was sie sehen
Dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk trotzdem immer noch ein solidarisches Projekt ist, von dem alle etwas haben sollen, geht in der Kritik unter.
Erstens entstand das Projekt in einem Zeitalter auf dem man noch auf eine solidarische Mediengrundversorgung angewiesen war und zweitens ist es heute nicht mehr solidarisch, dass jeder* für eine nicht steuerliche Leistung zahlt, von der nur ein Teil etwas davon hat. (* jeder der das Pech hat für sich Obdach in Anspruch zu nehmen und als Vermieter oder Eigentümer eingetragen ist)
Aber im Ernst: Dürfte das dann wirklich schmaler ausfallen, wie es so viele fordern, die sich über die Erhebung einer "Zwangsgebühr" aufregen?
Welchen Umfang das Öffentlich Rechtliche Programm hat ist mir als Nicht-Konsument so lange egal, wie ich nicht dafür zahlen soll. Dass dem Schreiber schon dieser einfache Grundgedanke nicht kam, erschreckt.