Zunächst einmal ist der Beschluss im Tenor schlecht, weil wieder einmal deutlich wird, dass das BVerfG keine liebgewordenen Pfründe aus der Kaiserzeit abschaffen wird, die bestimmten Personenkreisen ein beträchtliches Auskommen auf Kosten der Allgemeinheit ohne irgendeine wirkliche Leistung sichert. Die gesamtökonomischen Nachteile eines Kammerwesens werden gar nicht erörtert, sind außerhalb des Urteils- und Vorstellungsvermögens der Richterschaft. Der Gesetzgeber hat einen weiten Beurteilungsspielraum - d.h. Parteifunktionäre haben das Recht, keine Parteifunktionäre außer Gehalt stellen zu müssen. Wir driften immer mehr in eine Zweiklassengesellschaft: Arbeitslose, die kein Gehalt kriegen, und Leute ohne echte Arbeit, die ein sattes Gehalt kriegen.
Davon abgesehen geht es hier um eine Zwangsmitgliedschaft in einer Körperschaft der Selbstverwaltung. Das ist mit dem (Un-)Wesen des ÖRR nicht zu vergleichen.
Möglicherweise hilfreich sind die Ausführungen zu Art. 3 GG. Die waren hier nicht einschlägig, weil eine Ungleichbehandlung nicht nachvollziehbar war. In Bezug auf den Rundfunkbeitrag ist diese Passage aber schon ein wenig erhellend:
Randziffer 71:
Zwar bedarf die Erhebung von Pflichtbeiträgen als Sonderlast vor Art. 3 GG einer Rechtfertigung, weil die Kammermitglieder gegenüber der Gesamtheit der Steuerpflichtigen mit besonderen Abgaben belegt werden. Ungeachtet der Frage, wie der Kammerbeitrag abgabenrechtlich zu qualifizieren ist, wird die Kammerumlage jedenfalls für einen individuellen Vorteil erhoben. Dieser besteht allerdings nicht aus den eventuellen Vorteilen, die das jeweilige Kammermitglied aus den einzelnen Maßnahmen, Prüfungen oder Bescheinigungen seiner Kammer erhält - ansonsten wäre die Umlage nur dann und nur insoweit gerechtfertigt, wie dem einzelnen Kammermitglied im laufenden Haushaltsjahr tatsächlich ein von ihm individuell nutzbarer Vorteil angeboten worden wäre. Vielmehr liegt der stets gegebene Vorteil für ein Pflichtmitglied in den Mitgliedschaftsrechten mit der stets gebotenen rechtlichen Möglichkeit, die eigenen Interessen in das Kammergeschehen einzubringen, etwa an Abstimmungen mitzuwirken oder Anträge zu stellen. Dieser Vorteil aus dem bloßen Mitgliedschaftsrecht berechtigt bereits zur Erhebung einer Kammerumlage, die der Finanzierung der gesamten Kammertätigkeit im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereichs dient. Des Nachweises eines zusätzlichen besonderen Vorteils in jedem Umlagejahr für jedes einzelne Kammermitglied bedarf es nicht. Zudem lässt sich der „Beitrag“ nach § 3 IHKG mit dem Grundbeitrag (§ 3 Abs. 3 Satz 2 IHKG) und der grundsätzlich nach dem Gewerbeertrag bemessenen Umlage (§ 3 Abs. 3 Satz 6 IHKG) nach der Leistungsfähigkeit oder einer abgestuften Finanzierungsverantwortlichkeit differenzieren (vgl. BVerfGE 97, 332 <344 f.>).
Die abstrakte Möglichkeit, einen individuellen Nutzen zu ziehen, scheint also nicht zu genügen. Die konkrete Möglichkeit, an einer Abstimmung teilzunehmen, genüge hingegen (warum dies auch ein
individueller Vorteil sein soll, erschließt sich mir nicht. Das steht da nicht.)
Entscheidend ist:
Es muss sich um einen Vorteil handeln, der sich von der Gesamtheit der Steuerzahler abgrenzt.
Beim Rundfunkbeitrag ist dies nicht gegeben.
Zweitens fehlt es auch an der Abstufung des Rf.-Beitrags nach der individuellen Leistungsfähigkeit.
Knapp-über-Hartz-4-Rentner zahlen genauso viel wie Susanne Klatten.