Kann mir irgend jemand erklären, welche Abgabe/Geldleistung an den Staat, ob Steuer, Gebühr oder Beitrag, nicht Kraft eines entsprechenden Gesetzes fällig wird? Egal ob ich Kfz-Steuer, Mineralölsteuer, Ökosteuer, MWSt, Grundsteuer, Grunderwerbssteuer, Erschließungsbeitrag, Versicherungssteuer, Branntweinsteuer, Erbschaftssteuer, Schenkungssteuer, Tabaksteuer, Kaffeesteuer, Börsenumsatzsteuer, Kapitalertragssteuer, die Ausstellung eines Ausweises oder Passes, Einkommenssteuer, Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer, usw. usf. zahle, immer gibt es eine gesetzliche Regelung und ggf. zusätzliche Durchführungsbestimmungen, die letztlich die Grundlage für die Forderungen bilden.
Was bedeutet also die Aussage, der Rundfunkbeitrag würde auf Grund oder Kraft eines Gesetzes fällig?
Es ist richtig. Diese Formulierung ist sehr missverständlich. Es kann damit gemeint sein, dass die Fälligkeit nicht erst
kraft Verwaltungsaktes eintritt, sondern dass sie (im Gegenteil dazu) eben
kraft Gesetzes eintritt.
Ich bin der Ansicht, die Rechtsprechung ignoriert in diesem Zusammenhang absichtlich,
dass der Adressat der Regelungen über den Eintritt der Fälligkeit von Rundfunkbeiträgen
die Verwaltung ist,
nicht jedoch der Bürger. Die Verwaltung hat die Regelungen über den Eintritt der Fälligkeit zu beachten, weil sie an das Gesetz gebunden ist. Rechtsprechung und Verwaltung
tun aber so, als ob der Bürger die Pflicht hätte, die Regelungen über den Eintritt der Fälligkeit zu beachten. Es gilt jedoch der Amtsermittlungsgrundsatz, d.h. die Verwaltung ermittelt die beitragsrelevanten Tatsachen
von Amts wegen. Bei der Ermittlung der beitragsrelevanten Tatsachen trifft den Bürger eine Mitwirkungspflicht in Form einer Erklärungspflicht. Kommt der Bürger dieser Pflicht nicht nach, ist dies allerdings das Einfallstor für die Rechtsprechung, um zu sagen: "Ja, wenn Sie Ihrer Erklärungspflicht nicht nachkommen, dann kann der Beitrag ja nicht rechtzeitig festgesetzt werden." Aber diese Reaktion würde nicht ganz passen. Im Steuerrecht gibt es für solche Fälle die sog. "Verspätungszuschläge", die dann erhoben werden, wenn der Bürger seiner Erklärungspflicht nicht rechtzeitig nachkommt. Einen Verspätungszuschlag kennt das Sonderverwaltungsrecht für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht. Ein Säumniszuschlag hingegen dient jedoch nicht der Sanktionierung der Verletzung von
Erklärungspflichten, sondern der Sanktionierung der Verletzung von
Zahlungspflichten.
Für den Eintritt der Fälligkeit ist meiner Ansicht nach immer Voraussetzung, dass der Abgabengläubiger den Abgabenschuldner unter Einhaltung einer bestimmten Frist (die ja durchaus gesetzlich geregelt sein kann und darf) zur Zahlung auffordert. Erst nach Verstreichen dieser Frist tritt die Säumnis ein.
Das ist doch im Grunde ein hohler, nichtssagender Spruch ohne inhaltliche Aussage, der an Dämlichkeit kaum zu überbieten ist. Was macht denn den sogn. Rundfunkbeitrag so besonders, dass man meint auf einen Bescheid samt Widerspruchsmöglichkeit vor der ersten Fälligkeit verzichten zu können/dürfen?
Richtig. Dies ist vollkommen untypisch. Diese Vorgehensweise entspricht meiner Ansicht nach aus folgenden Gründen nicht dem geltenden Recht: Unterstellen wir einmal, die Zahlungsaufforderungen des Beitragsservice seien Verwaltungsakte. (Man kann diese Ansicht mit guten Gründen bestreiten, weil die Zahlungsaufforderungen des Beitragsservice keine Rechtsbehelfsbelehrung aufweisen und schon aus diesem Grund für den Empfänger nicht ersichtlich ist, dass eine behördliche Anordnung durch Verwaltungsakt getroffen werden soll. Aber nehmen wir nichtsdestotrotz einmal an, die Zahlungsaufforderungen des Beitragsservice, die man vor dem Festsetzungsbescheid erhält, seien Verwaltungsakte.) Jeder schriftliche Verwaltungsakt ist gem. § 39 Absatz 1 Satz 1 VwVfG zu seinem Verständnis zu begründen:
Ein schriftlicher oder elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen.
Fehlt die Begründung, ist der Verwaltungsakt rechtswidrig. Diese Rechtswidrigkeit wird jedoch in dem Moment geheilt, in dem die Begründung noch nachträglich gegeben wird, § 45 Absatz 1 Nr. 2 VwVfG:
Eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 44 nichtig macht, ist unbeachtlich, wenn die erforderliche Begründung nachträglich gegeben wird.
Die Begründung für die Zahlungsaufforderung bildet die Festsetzung der Rundfunkbeiträge. Das ist unmittelbar logisch, denn der Tenor der Zahlungsaufforderung lautet: "Bitte zahlen Sie Rundfunkbeiträge in Höhe von x Euro bis spätestens xx.yy.zzzz auf das angegebene Konto." Begründung dazu ist dann: "Weil ein Beitragsanspruch entstanden ist."
Dass ein Beitragsanspruch enstanden ist, ergibt sich (erst) aus dem Festsetzungsbescheid. Dies bedeutet meiner Ansicht nach: Bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Festsetzungsbescheid ergeht, ist die Zahlungsaufforderung (also der Verwaltungsakt) rechtswidrig, weil er keine Begründung enthält. Damit ist meiner Ansicht nach allerdings auch die Fristsetzung rechtswidrig, so dass im Ergebnis eine Säumnis nicht entstehen kann.
Mit anderen Worten ausgedrückt: Als Betroffener muss ich einem Verwaltungsakt (hier der Zahlungsaufforderung) nicht Folge leisten, wenn ich ihn nicht verstehe, weil die Begründung fehlt. (Und nochmal: Die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen hat
-auch- die Funktion, als Begründung für die Zahlungsaufforderung zu dienen.)