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Autor Thema: Gilt f. Radio Bremen d. Bremische Gebühren- und Beitragsgesetz (BremGebBeitrG)?  (Gelesen 2119 mal)

  • Beiträge: 693
Liebe Aufgeklärte,

die fiktive PersonA klagt in Bremen gegen den Widerspruchsbescheid zum Rundfunkbeitrag und stellt sich folgende Frage:

Gilt für die Landesrundfunkanstalt Radio Bremen das "Bremische Gebühren- und Beitragsgesetz" (BremGebBeitrG)?

Link zum Gesetz => Bremisches Gebühren- und Beitragsgesetz (BremGebBeitrG)

Link zur Auflistung der relevanten Bremer Gesetze in Forum => Transparenzportal/ Gesetzesportal Bremen > Bremische Vorschriften

Hier der Geltungsbereich des Gesetzes:
Zitat
§ 1 Geltungsbereich des Gesetzes

(1) Die Behörden des Landes und der Gemeinden erheben nach den Bestimmungen dieses Gesetzes Kosten (Verwaltungsgebühren, Benutzungsgebühren und Auslagen). Behörde ist jede Stelle im Sinne von § 1 Abs. 2 des Bremischen Verwaltungsverfahrensgesetzes.

(2) Die Gemeinden können außer Kosten nach Absatz 1 Beiträge erheben.

(3) Die Bestimmungen der §§ 22 bis 28 gelten auch für andere Abgaben, die von den Behörden des Landes und der Gemeinden aufgrund anderer Gesetze erhoben werden, soweit diese keine inhaltsgleichen oder entgegenstehenden Bestimmungen enthalten.

(4) Für Kosten, Beiträge und andere Abgaben der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts gilt dieses Gesetz insoweit, als es durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist.
Wahrscheinlich wird entscheidend sein, ob das Gericht Radio Bremen als Behörde ansieht. Dann müsste auf jeden Fall dieses Gesetz gelten! Laut dem Bremer Verwaltungsverfahrensgesetz ist Radio Bremen aber vom Geltungsbereich ausgeschlossen!
Wenn Radio Bremen keine Behörde ist, kommt der Absatz 4 ins Spiel. Darin gilt für Beiträge "der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts" auch "dieses Gesetz insoweit, als es durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist", wobei noch unklar ist, ob es eine solche Rechtsvorschrift gibt.


Wenn es gilt, dann gibt es darin folgende interessante Regelungen für Beiträge ab §17 :
Zitat
§17 Absatz 2
(2) Beiträge sind Geldleistungen, die dem Ersatz des Aufwandes für die Herstellung, Anschaffung, Erweiterung und Verbesserung öffentlicher Einrichtungen und Anlagen [...] jedoch ohne die laufende Unterhaltung und Instandsetzung, dienen. [...] als Gegenleistung dafür erhoben, daß ihnen durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtungen und Anlagen wirtschaftlichen Vorteile geboten werden.
Hier fällt auf, dass Beiträge nur für die Schaffung oder Erweiterung einer Einrichtung erhoben werden, nicht aber für deren Berieb. Also wäre es nicht erlaubt die "Gesamtveranstaltung Rundfunk" per Beitrag zu finanzieren. Ich glaube aber, dass dies wegen des RBStVs nicht mehr gilt.
Eine Bedingung für Beiträge ist der mit der Nutzung verbundene wirtschaftliche Vorteil, der ja gerade beim Rundfunkbeitrag nicht existiert.
Zitat
§17 Absatz 6
(6) Die Beiträge sind nach den Vorteilen zu bemessen. Dabei können Gruppen von Beitragspflichtigen mit annähernd gleichen Vorteilen zusammengefaßt werden.
Hier kommt die Typsierung ins Spiel. Sehr schön formuliert ist die Zusammenfassung von Beitragspflichtigen mit annähernd gleichen Vorteilen. Es scheint also verboten zu sein, Gruppen aus Beitragspflichtigen mit und ohne Rundfunkgeräten zu bilden, da sie keinen gleichen Vorteil haben.

Zitat
§22 Absatz 1
(1) Kosten und Beiträge werden von Amts wegen festgesetzt. Eine Entscheidung über Kosten soll, soweit möglich, zusammen mit der Sachentscheidung ergehen. Aus der schriftlichen oder schriftlich bestätigten Entscheidung über Kosten oder Beiträge müssen mindestens hervorgehen
1.
    die erhebende Behörde,
2.
    der Schuldner der Kosten oder Beiträge,
3.
    die kostenpflichtige Amtshandlung oder beitragspflichtige Einrichtung,
4.
    die zu zahlenden Beträge,
5.
    wo, wann und wie die festgesetzten Beträge zu zahlen sind,
6.
    die Rechtsgrundlage für die Erhebung der Kosten und Beiträge sowie deren Berechnung.
[...]
Entscheidungen über Beiträge bedürfen der Schriftform.
Die Bescheide lassen in der Regel nicht erkennen, dass Radio Bremen eine Behörde sei.
Desweiteren ist Nr. 3 nicht erfüllt, weil in den Bescheiden nicht benannt wird, wofür gezahlt werden soll. Auch im RBStV steht das nicht.
Es fehlt den Bescheiden auch an dem "wo, wann und wie" gezahlt werden soll. Es wird in den Bescheiden nicht immer eine Zahlungsfrist angegeben. So steht mal drin: "Bitte zahlen Sie umgehend den festgesetzen Betrag.", ein anderes Mal steht: "Wenn Sie den offenen Gesamtbetrag umgehend begleichen, können Sie Mahnmaßnahmen vermeiden, die mit weiteren Kosten verbunden sind."
Die Festlegung der Schriftform liefert indirekt einen Verweis auf das "Bremische Verwaltungszustellungsgesetz (BremVwZG)", dass auf das Bundesgesetz "Verwaltungszustellungsgesetz" verweist. Hier gelten normale Briefe nicht als Zustellung! Weiterhin gibt es hier auch keine Zustellungsfiktion, sondern es gelten nur Zustellungsnachweise.

Zitat
§19
Der Beitrag wird einen Monat nach der Bekanntgabe des Beitragsbescheides fällig.
Zitat
§23 Absatz 1
(1) Werden bis zum Ablauf des Fälligkeitstages Kosten oder Beiträge nicht entrichtet, so ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen auf den nächsten durch fünfzig Euro teilbaren nach unten abgerundeten Betrages zu entrichten.
Damit ist der Säumniszuschlag in den Festsetzungsbescheiden nichtig, weil die Fälligkeit erst einen Monat nach der Bekanntgabe eintritt.

Wie seht Ihr das denn? Schränkt das BremGebBeitrG die Willkür des Beitragsservice ein?

Viele Grüße aus Bremen
Mork vom Ork


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Zitat
(4) Für Kosten, Beiträge und andere Abgaben der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts gilt dieses Gesetz insoweit, als es durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist.
Es ist keine Rechtsvorschrift vorgesehen, also nicht anwendbar.

In diesem Gesetz sind zumindest Formulierungen enthalten, die auch dem RBStV gut stehen würden.


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K
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allem Anschein nach kann man sich eine Klage aufgrund des Bremische Gebühren- und Beitragsgesetz" (BremGebBeitrG) komplett sparen. da RB die Gebühren aufgrund des Staatsvertrages einfordert. Das eine hat mit dem anderen gar nichts gemein. Wenn man unbedingt Klagen will sollte man (man muss aber nicht) andere Angriffspunkte der Zahlpflicht angreifen. Es gibt im Forum Beispiele en masse. Man kann fast sicher sein, dass eine wie eingangs erwähnte Klage erfolglos sein wird und nur Geld, Zeit, sowie Nerven kostet.

Einer mgl. Vollstreckung kann man entspannt entgegensehen: laut BremVwVG §1 gilt dieses für unter der Aufsicht des Landes stehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Das trifft in puncto Aufsicht schon wegen des Gebots der Staatsferne für RB nicht zu, die Vollstreckungsvoraussetzung ist somit nicht gegeben.


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- Omnipräsente Vielschreiber (Trolle) gebrauchen politisch motivierte Foren vielfach als Plattform um ein schon seit langer Zeit existierendes potemkinsches Dorf als funktonierenden Rechtsstaat zu propagieren.
- Horst Seehofer: "Diejenigen die entscheiden sind nicht gewählt und diejenigen die gewählt werden haben nichts zu entscheiden"
- Der deutsche Steuer- und Abgabenkuli stellt den Eliten eine Allmende bereit auf der sich jedes Rindvieh sattgrasen kann.

M
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Das trifft in puncto Aufsicht ...  für RB nicht zu, die Vollstreckungsvoraussetzung ist somit nicht gegeben.
Ist dem so?
Das sieht die Bremer Senatskanzeil wohl anders.
Zitat
Rechtsaufsicht

Zum Bereich Medienrecht gehört auch die Rechtsaufsicht über Radio Bremen. Es wird überprüft, ob Radio Bremen im Einklang mit den Gesetzen handelt. Das geschieht allerdings nur im Nachhinein, eine Einflussnahme auf Programmfragen ist dem Staat verwehrt (Grundsatz der Staatsferne). Schließlich hat der Rundfunk auch die Aufgabe, Staat und Politik zu kontrollieren. Er muss die Möglichkeit haben, Missstände aufzudecken und Kritik an staatlichen Stellen zu üben. Eine staatliche Beherrschung des Rundfunks würde die Demokratie gefährden. Zuständig für die Programmaufsicht sind daher allein die Gremien von Radio Bremen (z.B. der Rundfunkrat).

Auch gegenüber der Bremischen Landesmedienanstalt (brema) nimmt die Senatskanzlei Bremen die Rechtsaufsicht wahr. Die brema ist für den privaten Rundfunk sowie für den Bürgerrundfunk in Bremen und Bremerhaven zuständig. Innere Angelegenheiten der Bremischen Landesmedienanstalt überwacht der Landesrundfunkausschuss.
Den Ländern obliegt auch die Rechtsaufsicht über das ZDF (z.Zt. Baden-Württemberg) und das Deutschlandradio (z.Zt. Rheinland-Pfalz). Die Aufsicht wird turnusmäßig jeweils für zwei Jahre durch eine der Staats- oder Senatskanzleien ausgeübt. Ebenso wie bei Radio Bremen wird hier nur die Übereinstimmung des Handelns mit den geltenden Gesetzen überprüft.
Quelle: http://www.rathaus.bremen.de/detail.php?gsid=bremen54.c.5517.de

Somit kann (und sollte) die Tread-Frage "Gilt f. Radio Bremen d. Bremische Gebühren- und Beitragsgesetz (BremGebBeitrG)?", wie auch jede andere rechtliche Frage zum Thema Radiosender XYZ immer (auch) an die staatliche Aufsicht ausübende Staats- oder Senatskanzlei gestellt werden - siehe auch
Fragen an Rundfunkanstalt (u.a.) für Begründung der Rechtsmittel/Anträge
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,21499.msg138520.html#msg138520
und
[Aktion] Datenschutzrechte gegenüber Rundfunkanstalt/Beitragsservice einfordern
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,21571.msg138550/topicseen.html#msg138550


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 15. Januar 2017, 21:56 von Bürger«

  • Beiträge: 1.740
  • Daaanke Wingman! This is the way!
eXkurs wegen aktueller Entscheidung des BVerfG:

LTO, 14.01.2025
Bundesverfassungsgericht zu Polizeikosten bei Fußballspielen
Länder dürfen DFL für Hoch­ri­si­ko­spiele zur Kasse bitten
Die DFL muss sich an den Kosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen der Fußball-Bundesliga beteiligen, entschied das BVerfG. Eine Einladung für andere Bundesländer, es Bremen gleichzutun. Reagieren Vereine mit Zuschauerausschluss?
von Dr. Max Kolter und Hasso Suliak
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverfg-dfl-polizeikosten-bundesliga-hochrisiko-fussballspielengebuehren
Zitat von: LTO, 14.01.2025, BVerfG zu Polizeikosten bei Fußballspielen - Länder dürfen DFL für Hoch­ri­si­ko­spiele zur Kasse bitten
[...]

BVerfG: "Gegenleistung für individuell zurechenbare Leistung"

Zur Angemessenheit der Kostenbeteiligung nach dem Bremer Modell führt der Erste Senat aus, dass diese "als Gegenleistung für eine individuell zurechenbare Leistung erhoben" werde. Die "öffentliche Leistung", die die DFL in Anspruch nehme, besteht in dieser Betrachtung in dem besonders aufwendigen Polizeieinsatz, der die Sicherheit der Fangruppen und der Öffentlichkeit gewährleisten soll. Zwischen dieser Leistung und der DFL als in Anspruch genommener Gebührenschuldnerin bestehe "ein hinreichendes Näheverhältnis".

Diese Zurechnung ergebe sich vor allem aus dem Veranlasserprinzip. Dieser polizeirechtliche Grundsatz besagt, dass nicht nur der unmittelbare Störer in Anspruch genommen werden kann, sondern auch die Person, die den Anlass für Störungen schafft. Im Polizeirecht gelten dafür aber bestimmte einschränkende Voraussetzungen, die die Bremer Kostenregelung nicht abbildet. Das sei aber in Ordnung, so das BVerfG. "Die individuelle Zurechnung setzt auch nicht die polizeiliche Verantwortlichkeit der Veranstalterinnen und Veranstalter voraus. Das Grundgesetz kennt keinen entsprechenden Grundsatz." Dass gegebenenfalls rechtswidrige Handlungen Dritter, vor allem gewalttätiger Fans, dazwischentreten, unterbreche diese Zurechnung nicht.

Schließlich hielt der Erste Senat fest, dass die Bremer Regelung auch hinreichend bestimmt sei und den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG beachte. "Der Aufwand soll dorthin verlagert werden, wo die Gewinne hinfließen und wo sie typischerweise auch vorhanden sind", heißt es in der Mitteilung. Der Vorteil, den Veranstalter aus einem Profifußballspiel ziehen, sei im Vergleich zu nicht kommerziellen Großveranstaltungen so groß, dass dies die Kostenbeteiligung rechtfertige. Auch der Grenzwert von 5.000 zu erwartenden Teilnehmenden sei angemessen. Er verfolge das Ziel, dem zu erwartenden Polizeiaufwand Rechnung zu tragen.

[...]

BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 14. Januar 2025 - 1 BvR 548/22 -
https://www.bverfg.de/e/rs20250114_1bvr054822
Zitat von: BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 14. Januar 2025 - 1 BvR 548/22 -
60

aa) Das Grundgesetz kennt keine Legaldefinition der Steuer. Das Bundesverfassungsgericht geht allerdings seit jeher davon aus, dass das Grundgesetz für den Begriff „Steuer“ an die Definition in § 3 Abs. 1 AO anknüpft (vgl. BVerfGE 67, 256 <282>; 93, 319 <346>; 149, 222 <249 Rn. 53>). Danach sind Steuern „Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft“. Kennzeichnend für eine Steuer ist somit, dass sie ohne individuelle Gegenleistung und unabhängig von einem bestimmten Zweck zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben wird (vgl. BVerfGE 108, 186 <215 f.>; 137, 1 <17 Rn. 41>; 149, 222 <249 Rn. 53>). Ihre Höhe ist nicht durch die mit ihnen finanzierten staatlichen Aufgaben begrenzt (vgl. BVerfGE 43, 108 <118 ff.>; 61, 319 <344 ff.>; 66, 214 <222 ff.>; 82, 60 <86>).

61
bb) Demgegenüber werden Gebühren ebenso wie Beiträge als Vorzugslasten bezeichnet (vgl. BVerfGE 110, 370 <388>; 137, 1 <17 f. Rn. 42>) und fallen mit weiteren Abgaben in die Kategorie der nichtsteuerlichen Abgaben (vgl. BVerfGE 149, 222 <249 Rn. 54>). Dabei verwendet das Grundgesetz zwar den Begriff der Gebühr (Art. 74 Abs. 1 Nr. 22, Art. 80 Abs. 2 GG), kennt aber keinen eigenständigen vollständigen Gebührenbegriff (vgl. BVerfGE 50, 217 <225 f.>; 137, 1 <18 Rn. 43>). Gebühren weisen als Vorzugslasten jedoch Merkmale auf, die sie verfassungsrechtlich notwendig von der Steuer unterscheiden (vgl. BVerfGE 137, 1 <18 Rn. 43>). Als Gebühren lassen sich danach öffentlich-rechtliche Geldleistungen verstehen, die aus Anlass individuell zurechenbarer Leistungen durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder eine sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden (vgl. BVerfGE 149, 222 <250 Rn. 55>) und insbesondere dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistungen deren Kosten ganz oder teilweise zu decken oder deren Vorteil (vgl. BVerfGE 93, 319 <347>) oder deren Wert auszugleichen (vgl. BVerfGE 50, 217 <226>; 85, 337 <346>; 91, 207 <223>; 92, 91 <115>; 93, 319 <347>; 110, 370 <388>; 132, 334 <349 Rn. 49>; 137, 1 <18 Rn. 43>). Die öffentliche Leistung kann in jeder Form der Erbringung eines Aufwands durch den Staat liegen (vgl. zu unterschiedlichen Arten von Aufwänden BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 6. Juli 2004 - 2 BvR 206/04 -, Rn. 8  ), wie etwa bei der Rückmeldung von Studierenden (vgl. BVerfGE 108, 1 <13>) oder bei der Bereitstellung von Häfen zugunsten der Eigentümer von Schiffen (vgl. BVerfGE 91, 207 <224>). Sie muss sich vom staatlichen Handeln, das keiner Gebührenlast unterworfen ist, nicht der Art nach unterscheiden. So ist auch im Fachrecht überkommen, die Grenze des gebührenfreien Allgemeingebrauchs durch eine übermäßige Inanspruchnahme eines öffentlichen Guts zu bestimmen (vgl. z.B. § 46 Abs. 1 WHG sowie § 29 Abs. 2 StVO). In einer solchen übermäßigen Inanspruchnahme staatlicher Angebote kann eine besondere Leistung liegen, an die der Gebührenbegriff anknüpft (siehe dazu BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 11. August 1993 - 1 BvR 1270/94 -, Rn. 20).


Vorgehend:

BVerwG 9 B 6.21, Beschluss vom 21. Dezember 2021
https://www.bverwg.de/de/211221B9B6.21.0



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  • IP logged  »Letzte Änderung: 14. Januar 2025, 21:43 von Bürger«

 
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