Die Klageerweiterung = Klageänderung wird in § 91 VwGO geregelt:
§ 91
[Klageänderung]
(1) Eine Änderung der Klage ist zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.
(2) Die Einwilligung des Beklagten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn er sich, ohne ihr zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die geänderte Klage eingelassen hat.
(3) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliegt oder zuzulassen sei, ist nicht selbständig anfechtbar.
Bei Person M lief es vor kurzem am VG München folgendermaßen ab:
1. Klageerweiterung um einen zweiten Festsetzungsbescheid (dieser war - anders als der erste - noch
ohne Widerspruchsbescheid!)
2. Eilige Widerspruchsbescheidung durch den Beklagten, sowie seine Erklärung im Schriftsatz an das Gericht "Der Streitwert beträgt die Summe der mit den beiden Festsetzungsbescheiden festgesetzten Beitragsschuld"
3. Das VG vergibt ein weiteres Az. sowie eine zusätzliche Kostenrechnung (105 EUR).
4. Person M konkretisiert die Gründe der Klageerweiterung und möchte den gesamten Vorgang unter einem Az. als eine einzige Klage behandelt haben.
5. Der zweite behandelnde Richter (der "zusätzlichen" Klage) erläutert, warum er die Klageerweiterung bewusst als neue Klage ausgelegt hat:
- zwei verschiedene Streitgegenstände (2x Rundfunkbeitrag, 2 Festsetzungsbescheide, 2 Widerspruchsbescheide aber verschiedene Zeiträume), die rechtlich unterschiedlichen Ausgang nehmen können.
- außerdem neues tatsächliches Vorbringen für den Zeitraum nach Erlass des ersten Widerspruchsbescheides!
- aus Gründen der Übersichtlichkeit würde daher
auch im Falle einer (zulässigen) Klageerweiterung
eine Abtrennung des zweiten Verfahrens gem. § 93 VwGO erfolgen.
- "
Die Auslegung als Klageerweiterung birgt allerdings das Risiko der Bestandskraft des zweiten Bescheids, da die Zulässigkeit einer Klageerweiterung gem. § 91 VwGO von der Zustimmung des Beklagten oder der Bejahung der Sachdienlichkeit der Klageerweiterung abhängt."
6. Der Beklagte springt auf den Zug auf: "Beklagtenseits kann nun festgehalten werden, dass der Kläger zwei Bescheide anficht, damit handelt es sich um zwei Klagen, welche in zwei Verfahren zu behandeln sind."
Er hört wohl schon seine Kasse ein zweites Mal klingeln (RAe G&H).
7. Person M begründet ausführlich, warum sie trotzdem an einer Klageerweiterung festhält und eine zweite Klage weiterhin ablehnt.
8. Das Gericht akzeptiert die Klageerweiterung, das zweite Az. und die zweite Kostennote werden hinfällig. Allerdings, "
ob die Klageerweiterung zulässig ist, wird im Urteil zu entscheiden sein".
Der Beklagte wird um Stellungnahme gebeten, ob
- der Klageerweiterung zugestimmt wird und verneinendenfalls eine Stellungnahme anheimgestellt, ob
- die Klageerweiterung als sachdienlich betrachtet wird.
Auch über 7 Monate nach Klageerhebung hat es das Gericht noch nicht geschafft, auf Kammer oder Einzelrichter zu entscheiden.
Person M wird ihre Strategie weiter verfolgen, sowohl Gericht als auch Beklagten zeitlich genau definiert zu beschäftigen.
Person M hat aus der ersten Klage taktisch sehr viel gelernt!
NACHTRAG:
Sollte man kennen:
http://www.jurawiki.de/Klage%C3%84nderung#A4._Sachdienlichkeit