Hallo Mitstreiter,
ich habe mich in den letzten Tagen mit dem 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag befasst. Dabei ist mir nun folgendes aufgefallen und ich Stelle einmal folgende These zur Diskussion:
Erstmal muss ich etwas weiter ausholen. Das Bundesverfassungsgericht hat am 25.03.2014 folgendes Urteil gefällt:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2014/03/fs20140325_1bvf000111.htmlDaraus ergeht unter anderem folgender Leitsatz:
Die Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss als Ausdruck des Gebots der Vielfaltsicherung dem Gebot der Staatsferne genügen. Danach ist der Einfluss der staatlichen und staatsnahen Mitglieder in den Aufsichtsgremien konsequent zu begrenzen.
a) Der Anteil der staatlichen und staatsnahen Mitglieder darf insgesamt ein Drittel der gesetzlichen Mitglieder des jeweiligen Gremiums nicht übersteigen.
b) Für die weiteren Mitglieder ist die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks konsequent staatsfern auszugestalten. Vertreter der Exekutive dürfen auf die Auswahl der staatsfernen Mitglieder keinen bestimmenden Einfluss haben; der Gesetzgeber hat für sie Inkompatibilitätsregelungen zu schaffen, die ihre Staatsferne in persönlicher Hinsicht gewährleisten.
Nun bin ich auf folgende Hintergrundinformationen gestoßen:
MDR-Rundfunkrat: Verfassungswidrige Zusammensetzung
Es ist ein Skandal, dass der MDR-Rundfunkrat und sein Vorsitz jetzt neu besetzt werden, ohne dass vorher der MDR-Staatsvertrag nach dem wegweisenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts angepasst wurde. Karlsruhe hatte am Beispiel des ZDF-Staatsvertrags klar entschieden, dass höchstens ein Drittel der Mitglieder eines Rundfunkrats der politischen Sphäre zuzurechnen sein dürfen. Im neuen MDR-Rundfunkrat sind es aber weiterhin 35 Prozent. Auch auf die Mängel bei Transparenz und dem Geschlechterverhältnis, die das Gericht festgestellt hatte, wurde nicht reagiert. Der neue MDR-Rundfunkrat ist damit im Prinzip verfassungswidrig.
Das Urteil aus Karlsruhe ist mittlerweile über 1,5 Jahre her, es hätte also Zeit genug gegeben, um dem MDR einen neuen, verfassungskonformen Staatsvertrag zu geben. Dass das nicht geschehen ist, ist ein Armutszeugnis der Staatskanzleien in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Es fehlt offenbar der politische Wille, die Staatsferne und Transparenz durchzusetzen und der Versteinerung der Gremien entgegenzuwirken. Davon zeugt auch die Absicht, den ehemaligen CDU-Minister und Fraktionsvorsitzenden Steffen Flath zum Vorsitzenden des Rundfunkrats zu machen.
Quelle: http://tabea-roessner.de/2015/12/08/mdr-rundfunkrat-verfassungswidrige-zusammensetzung/Dann habe ich weiter Recherchiert und bin auf folgendes gestoßen:
Die Aufsichtsgremien des Mitteldeutschen Rundfunks sind zu staatsnah. Zu diesem Ergebnis kommt die Otto-Brenner-Stiftung. So hat der MDR-Rundfunkrat einen Mitgliederanteil mit politischen Hintergrund von 35 Prozent, der MDR-Verwaltungsrat sogar von 43 Prozent. Eigentlich sollen sich diese Gremien aus den gesellschaftlich relevanten Gruppen zusammensetzen und staatsfern sein. Doch bei Wahl des Rundfunkrates am 8. Dezember wurden gleich zwei wichtige Positionen von Vertretern aus den Reihen der CDU gewählt: Steffen Flath als Vorsitzender und Erhard Weimann als Vorsitzender der Landesgruppe Sachsen. Das ist zu viel Staatsnähe und schlecht für die Wirkung des MDR-Rundfunkrates befürchtet Markus Schlimbach vom DGB, der ebenfalls im Gremium sitzt.
Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/rundfunkrat-politische-einflussnahme-beim-mdr.761.de.html?dram:article_id=339646Beim MDR ist dies bis heute nicht passiert.
Im Dezember 2015 haben jedoch alle Ministerpräsidenten den 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag unterschrieben.
Das dieser erfolgreich von allen Ministern unterschrieben wurde, kann man beispielsweise hier nachlesen:
19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag unterzeichnethttp://web.ard.de/ard-chronik/index/11685?year=2015&month=12&lra[]=29
Nun Stellen sich mir folgender Fragen:
1) Wie kann es sein, dass 3 Ministerpräsidenten einen geänderten Vertrag unterzeichnen, der Wissentlich gegen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes Verstößt? Denn der MDR ist in 3 Ländern vertreten, somit unterzeichnen für den MDR meines Wissens nach Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
2) Kann man mit dieser Steilvorlage nicht direkt beim Bundesverfassungsgericht Klage erheben, weil sich hier nicht an ein weisendes Urteil gehalten wird?Eine Sache noch zum Schluss. Teile des Sächsischen Landtags haben hier wohl schon die „Schieflage“ erkannt und einen entsprechenden Antrag gestellt:
Antrag von "Die Linke"-Fraktion des Sächsischen Landtags
Unverzügliche Novellierung des MDR-Staatsvertrags (PDF)
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_art=Drs&dok_nr=3631&leg_per=6Aber eine Reaktion aus dem Sächsischen Landtag gibt es aktuell darauf nicht.