Die Argumentationskette, so wie ich sie jetzt verstehe, ist folgende: Es gibt einen Vorteil durch öffentlich-rechtlichen Rundfunk, denn der öffentlich-rechtliche Rundfunk leistet einen Beitrag zur freien Meinungs- und Willensbildung in der Demokratie (struktureller Vorteil), das ermöglicht jedem Bürger -zumindest mittelbar- eine Teilnahme an der mediengestützten Informationskultur (individueller Vorteil), womit die Gesamtbevölkerung an der demokratiesichernden freien Meinungs- und Willensbildung profitiert. Von der Idee her ist das nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Und ein Rundfunkempfangsgerät desjenigen, der zumindest mittelbar profitieren soll, wird für seinen Vorteil daraus, dass die Gesamtbevölkerung informiert und gebildet ist, nicht benötigt. So die Theorie.
Jetzt brauche ich einen tatbestandlichen Anknüpfungspunkt für die außerfiskalische Abgabe (es ist kein Beitrag, das ist aber nicht ausschlaggebend). Der tatbestandliche Anknüpfungspunkt wird dann im Innehaben einer Wohnung gesehen, denn in der Wohnung wird im Allgemeinen (was auch wieder prinzipell richtig ist) Rundfunk konsumiert.
Ohne Empfangsgeräte kann man keinen Vorteil haben. Es wird ein Beitrag verlangt, weil jeder Empfangsgeräte hat, deshalb lässt man den Anknüpfungspunkt Empfangsgerät weg? (Völlig daneben, dann könnte jeder KFZ-Steuer bezahlen, weil jeder ein KFZ hat, aber das KFZ entfällt als Grundlage, man nimmt am Verkehr teil.) Es kommt übrigens auch noch Artikel 3 GG ins Spiel, Ungleichbehandlung gegenüber Rundfunkteilnehmern, aber das ist ein eigenes Thema. Bosman schreibt ständig, das Bereithalten des Empfangsgeräts ist Auslöser der Gebührenpflicht. Der Rundfunk, der Mensch, die Empfangsgeräte haben sich nicht geändert, es ist weiterhin ein Empfangsgerät nötig. Wenn bezahlt werden soll für eine individuelle Gegenleistung, dann muss auch eine individuelle Gegenleistung erbracht werden. Es wird aber keine individuelle Gegenleistung erbracht. Es wird auch nicht für eine individuelle Gegenleistung bezahlt.
§ 1
Zweck des Rundfunkbeitrags
Der Rundfunkbeitrag dient der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sinne von § 12 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrages sowie der Finanzierung der Aufgaben nach § 40 des Rundfunkstaatsvertrages.
Also scheidet die Finanzierungslüge für die individuelle Gegenleistung aus.
Dass der Rundfunk keine individuelle Gegenleistung ist, wurde hier bescheinigt:
(BVerfGE 31, 314, (329ff.) BVerfG, Urteil v. 27.7.71, Az. 2 BvF 1/68, 2 BvR 702/68).
„Wie sehr der Rundfunk als eine Gesamtveranstaltung behandelt wird, ergibt sich insbesondere daraus, daß die Länder in verschiedenen Staatsverträgen die Zusammenarbeit der Anstalten, den Finanzausgleich und die gemeinsame Finanzierung eines Zweiten Deutschen Fernsehens vorgesehen haben. Der Teilnehmer seinerseits ist nicht auf die Anstalt seines Landes beschränkt, im Fernsehen schon wegen der Zusammenarbeit der Anstalten und im Rundfunk infolge der Reichweite des Empfangs. Die für das Bereithalten des Empfangsgeräts zu zahlende "Gebühr", die der Anstalt des betreffenden Landes zufließt, ist unter diesen Umständen nicht Gegenleistung für eine Leistung, sondern das von den Ländern eingeführte Mittel zur Finanzierung der Gesamtveranstaltung.“
http://www.telemedicus.info/urteile/Rundfunkrecht/81-BVerfG-Az-2-BvF-168,-2-BvR-70268-2.-Rundfunkentscheidung-Taetigkeit-der-Rundfunkanstalten.htmlMit Einführung des Beitrags hat sich das nicht geändert, sonst müsste im Gesetz dementsprechend eine andere Formulierung stehen. Dass das nicht gemacht wurde, liegt wohl daran, dass es noch verbotener ist. Es hätte dort stehen können:
§1) Der Rundfunkbeitrag ist zu bezahlen für eine individuelle Gegenleistung des örR, die der Rundfunk jedem einzelnen auch ohne Rundfunkempfangsgeräte zuteil werden lässt.
Wie schon erwähnt, es wird einen guten Grund haben, den RBStV nicht deutlicher formuliert zu haben.