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Autor Thema: BVerfG - wenn Gerichte die Rechtsprechung ignorieren  (Gelesen 13650 mal)

G
  • Beiträge: 380
Dass man das Urteil des EuGH vom 13.12.2007 C-337/06 für unser Anliegen auslegen kann ist richtig, darauf hat ja schon InesgegenGEZ hingewiesen.

Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es nicht als bindende übergeordnete Rechtsprechung für die Frage, ob die Rundfunkbeiträge Steuern sind, herangezogen werden kann.


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"Weil es der kommerziellen Konkurrenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland so gut wie nie geht (...), müssen wir mit „Sky“ leiden." (Zitat Dr. Hermann Eicher, Justitiar des Südwestrundfunks, Gastbeitrag "Der Rundfunkbeitrag ist ein Korrektiv für Marktversagen", Handelsblatt 30.09.2012, http://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/gastbeitrag-der-rundfunkbeitrag-ist-ein-korrektiv-fuer-marktversagen/7199338.html, Abruf: 21.08.2014)

  • Beiträge: 7.388
Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es nicht als bindende übergeordnete Rechtsprechung für die Frage, ob die Rundfunkbeiträge Steuern sind, herangezogen werden kann.
Doch, kann es; der EuGH betreibt Grundlagenermittlung.

Anbei der Auszug aus einem Dokument der EU-Kommission: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-01-1429_de.htm

Zitat
Kommission klärt Anwendung der Beihilfevorschriften auf öffentlich-rechtlichen Rundfunk

Zitat
Die Kommission ist für die Kontrolle staatlicher Beihilfen zuständig. Der öffentliche Rundfunk kann zwar als Leistung der Daseinsvorsorge definiert werden; seine Finanzierung aus öffentlichen Mitteln stellt aber dennoch eine staatliche Beihilfe dar.

Zitat
Beschränkung der öffentlichen Finanzierung auf das zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags notwendige Maß (Verhältnismäßigkeit).

Zitat
Diese Voraussetzungen ergeben sich aus Artikel 86 EG-Vertrag, wonach die Anwendung der im EG-Vertrag enthaltenen Wettbewerbsvorschriften in diesem Fall das Verbot staatlicher Beihilfen eingeschränkt werden kann, wenn sie die Erfüllung eines öffentlich-rechtlichen Auftrags behindern würde.

Das Dokument ist von 2001.

Mindestens seit diesem Zeitpunkt untersteht auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk dem Wettbewerbsrecht; deshalb ja auch die Definition, daß es sich um eine staatliche Beihilfe handelt, wenn die Finanzierung des örR aus öffentlichen Mitteln erfolgt.

Daß es sich bei der Finanzierung der dt. Rundfunkgebühr um eine staatliche Beihilfe handelt, führt nicht nur der EuGH in seinem 2007er Urteil aus, sondern auch die Kommission selber, da sie in 2005 ein Vertragsverletzungsverfahren bezüglich der Finanzierung des örR gegen Deutschland einleitete.

http://europa.eu/rapid/press-release_IP-05-250_de.htm

Zitat
Staatliche Beihilfen: Kommission verlangt Klarstellung der Rolle und Finanzierung der öffentlich rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten in Deutschland, Irland und den Niederlanden

Zitat
Dementsprechend hat die Kommission nunmehr Deutschland, Irland und die Niederlande aufgefordert, die gleichen Grundsätze anzuwenden: eindeutige Definition des Grundversorgungsauftrags, Führung getrennter Bücher, so dass zwischen den öffentlich rechtlichen und sonstigen Tätigkeiten unterschieden werden kann, und geeignete Mechanismen, um eine Überkompensation der öffentlich rechtlichen Tätigkeiten zu verhindern.

Zitat
Außerdem müssen die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die kommerziellen Tätigkeiten der öffentlichen Anstalten nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen ausgeübt werden. Schließlich sollte eine unabhängige nationale Behörde zur Überwachung der Einhaltung dieser Grundsätze errichtet werden.

Die EU-Kommission kam also zur grundlegenden Auffassung, daß es sich bei der Finanzierung des dt. örR um öffentliche Mittel handelt. Der EuGH hat das später ja nur bestätigt, weil auch in 2007 nichts am Grundsystem geändert worden ist. Da das Grundsystem aber auch in 2015 noch das wie in 2007 ist, wäre die Auffassung des EuGH wohl keine andere.

"Öffentliche Mittel", ergo "staatliche Beihilfe", ergo "Finanzierung durch den Staat"; nun darf jeder einmal für sich ergründen, welche Finanzmittel denn einem Staat überhaupt zur Verfügung stehen?

Artikel 23 GG:
Zitat
1) Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet.

Übrigens: Artikel 109 GG:
Zitat
(2) Bund und Länder erfüllen gemeinsam die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft auf Grund des Artikels 104 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin und tragen in diesem Rahmen den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung.

Art 70 GG:
Zitat
(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.

Art 105:
Zitat
1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.
Zitat
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
Hier wäre die Frage, ob die Rundfunkgebühr auch unter Beachtung der europarechtlichen Definition als Steuer wirklich unter die alleinige Steuergesetzgebung des Bundes fällt?

Denn
Zitat
2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
Wobei; eine "örtliche" Steuer wäre die Rundfunkgebühr ja nicht? Wird sie ja nicht vor Ort erhoben, sondern bundesweit zentral an einer Stelle?

In jedem(!) Fall darf man aber feststellen, daß Steuern nur durch Finanzbehörden verwaltet werden dürfen; -> Artikel 108 GG, welches in der Abgabenordnung ja nochmals bestätigt wird.

Ist die Schlußfolgerung richtig? Rundfunkgebühr = staatliche Beihilfe; staatliche Beihilfe = Steuermitteln; Steuermittel = Rundfunkgebühr?

Bleiben Kommission und EuGH bei der Auffassung, daß die Rundfunkgebühr eine staatliche Beihilfe darstellt, (und das werden sie wohl), dem Wesen nach also eine Steuer ist, ist keine der Rundfunkanstalten befugt, diese zu verwalten, da sie gemäß der Präzisierung in der nationalen Abgabenordnung keine der dort namentlich aufgeführten Finanzbehörden sind.

Wäre hier also in jedem Falle Artikel 108 GG verletzt?

Artikel 23 GG:
Zitat
6) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder auf den Gebieten der schulischen Bildung, der Kultur oder des Rundfunks betroffen sind, wird die Wahrnehmung der Rechte, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen, vom Bund auf einen vom Bundesrat benannten Vertreter der Länder übertragen. Die Wahrnehmung der Rechte erfolgt unter Beteiligung und in Abstimmung mit der Bundesregierung; dabei ist die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes zu wahren.

Auch interessant: Artikel 106a GG:
Zitat
Den Ländern steht ab 1. Januar 1996 für den öffentlichen Personennahverkehr ein Betrag aus dem Steueraufkommen des Bundes zu.
Warum wurde das für den örR nicht auch so gelöst?


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