Habe etwas gezögert, das Folgende im Forum zu veröffentlichen. Aber die aufkeimende Diskussion über Gewissensfreiheit hat mich darauf gebracht, diesem Begriff nachzugehen und ein Argumentationsbeispiel zu entwerfen.
Hierzu fand ich einen 150 Jahre alten Text des dänischen Philosophen Kierkegaard, der sich schon mit der Persönlichkeitsveränderung durch äußere Reizüberflutung befasst hat. Alle großen Denker haben das Gegenteil vom TV-Glotzen, nämlich die Stille und das Abgewandsein vom Getrubel als Königsweg erkannt.
Deshalb ließe sich die Argumentationslinie des unantastbaren Grundrechts auf Gewissensfreiheit fast unendlich erweitern...
Aber ich will die Leser im Forum ja nicht langweilen.
Zur
GewissensensfreiheitPsychologie heute, 5, 2013
Über den dänischen Philosophen Kierkegaard :
„Schaffet Schweigen!“
Kierkegaards Diagnose seiner Zeit mutet aus heutiger Sicht merkwürdig modern an. Die Hektik, die Schnelllebigkeit, die er erkannte, hat sich noch gesteigert; sie nimmt globale Ausmaße an und besetzt mit den virtuellen Welten zusätzliches Terrain, das so faszinierend anmutet wie die Hochglanzfotos in den Katalogen der Reiseveranstalter. All das, anscheinend doch Leistungsbeweise für eine ungebremste Kreativität des Menschen, geht mit dem Verlust elementarer menschlicher Eigenschaften einher: der Fähigkeit, innezuhalten, ruhig zu werden, nachzudenken und zuzuhören; der Fähigkeit auch, über das eigene Dasein zu staunen und dessen Rätselhaftigkeit anzunehmen. Wo solche Eigenschaften verloren zu gehen drohen oder schlicht nicht mehr gefragt sind, das trifft Kierkegaards Diktum vom herabgesetzten Kurswert des Menschen, ausgesprochen vor mehr als einhundertfünfzig Jahren, immer noch zu.
Der Mensch gleicht einer Kunstfigur, die dabei ist, sich an ihren eigenen Möglichkeiten zu überheben. (…)
Allerdings vermag die Hektik inzwischen auch gegenteilige Tendenzen zu erzeugen – den Wunsch nach Stille etwa, nach unvoreingenommener Selbstbefragung, nach einem Bedenken über Tag und Anlass hinaus. Kierkegaard ersuchte unentwegt um Ruhe (…) :
‚Das erste, was getan werden muss, und die unbedingte Voraussetzung dazu, dass überhaupt etwas getan werden kann, ist: Schaffe Schweigen, gebiete Schweigen! (…) Ach, alles lärmt, und wie ein heißes Getränk, das Blut bekanntlich in Wallung bringt, so ist in unserer Zeit jedes einzelne, selbst das unbedeutendste Unternehmen und jede einzelne, selbst die nichtssagende Mitteilung bloß darauf berechnet, die Sinne zu reizen oder die Masse, die Menge, das Publikum und den Lärm zu erregen! (…) Der Mensch, dieser gewitzte Kopf, sinnt fast Tag und Nacht darüber nach, wie er zur Verstärkung des Lärms immer neue Mittel erfinden und mit größtmöglicher Hast das Geräusch und das leere Gerede möglichst überall hin verbreiten kann. Ja, was man auf solche Weise erreicht, ist wohl bald das Umgekehrte: die Mitteilung ist an Bedeutungsfülle wohl bald auf den niedrigsten Stand gebracht, und gleichzeitig haben umgekehrt die Mittel der Mitteilung in Richtung auf eilige und alles überflutende Ausbreitung wohl das Höchstmaß erreicht; denn was wird wohl hastiger in Umlauf gebracht als das Geschwätz?! O, schaffet Schweigen.“
Wer für sich in die Stille zurückfindet, zieht seine eigenen Konsequenzen aus dem wuchernden Wahn des Sekundären – er verweigert sich einer Welt des Lärms und der Anmaßung. (…)“
Ende des Zitats der Zeitschrift
Auf der Grundlage meiner persönlichen Gewissensfreiheit teile ich Ihnen hierdurch mit, dass ich mich dem ‚Wahn des Sekundären’, Vorgedachten Virtuellen entziehe, indem ich ablehne, kostenpflichtige Zwangsangebote unterbreitet zu bekommen, um mich dem Einfluss genau dieser nicht authentischen, sekundären Welt aussetzen zu können.
Hierbei berufe ich mich auf die folgenden unantastbaren Grundrechte des Grundgesetzes
• Gewissensentscheidung, Art. 4
• Menschenwürde Art. 2 Abs. 1,
• allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 1 Abs. 1 GG
• Meinungsfreiheit ,Art. 5 Abs. 1 GG
• allgemeine Handlungsfreiheit, Art. 2 GG.
--- EDIT Moderator: ---
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