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Autor Thema: Klagebgründung: Typisierung nicht haltbar, da mmer weniger fern sehen  (Gelesen 4957 mal)

d
  • Beiträge: 52
Liebe Mitstreiter,

auf der Suche nach Klagebgründungen liest Person A, dass die Anzahl der Fernsehzuschauer rückläufig sein soll, ja, dass mittlerweile ca. 5% der Deutschen nicht mehr fernsehen. Wenn sich das erhärten liesse, könnte die Typisierung, dass nur eine verschwindend geringe Minderheit nicht fern sieht (Zitat aus den negativen Bescheiden zum Widerspruch), angegriffen werden. Ich fand z.B. einen Artikel unter  http://www.dwdl.de/interviews/42330/immer_weniger_menschen_sehen_immer_mehr_fern/. Hat jemand von euch weitere Links oder Statistiken / Artikel über den Rückgang der Anzahl von Fernsehzuschauer in Deutschland?
Person A würde die Literatur gerne bei den Gerichten anführen, um die Typisierung anzugreifen und möglichst ad absurdum zu führen.

ich wünsche allen viel Glück und Erfolg gegen die Zwangsgebühr!


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 28. Januar 2014, 19:43 von Uwe«

S
  • Beiträge: 2.177
Typisierung nicht haltbar? Welche Typisierung?

Früher gab es: (a) Nicht Teilnehmer, (b) Teilnehmer an Radio, (c) Teilnehmer an Radio und Fernsehen. Der eerste zahlte nichts, der andere nur Radiogebühren, der dritte Radio und Fernsehgebühren.

Es war eine Typisierung nach der Nutzung. Wer schon zu einem der Typen gehörte, zahle die zum Typ
entsprechende Abgabe unabhängig von der Nutzung. So verstehe ich die Aussagen des BVerfG mit
"unabhängig von der Nutzung". Die Rundfunkanstalten zusammen mit der Politik verdrehten dies: jetzt
soll jeder für alles unabhängig von der Nutzung zahlen.

Sie reden über Typisierung, weil sie bei jeder Wohnung, Betriebsstätte und Kraftfahrzeug das Halten von
Empfangsgeräten unterstellen, ohne die Möglichkeit ihm zu widersprechen. Das ist aber meiner Meinung
nach keine Typisierung, sondern ein Versuch, die Zwangsabgabe zu rechtfertigen. Wenn das eine Typisierung
sein soll, dann ist die Abgabe doch Geräteabhängig, ihre Propaganda sagt aber das Gegenteil.


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xrw

  • Beiträge: 321
Die angebliche Typisierung stellt ja auf den angeblichen Besitz von angeblichen Rundfunkempfangsgeräten ab. (Inkonsistente) Zahlen dazu gibts hier. Nach Radios fragen sie nichtmehr (sind angeblich eh 100%, aber ich hab keins). Details gibts bei den Publikationen, aber z.B. an die Zahlen, wer weder Fernseher noch Internet hat, kommt man wohl als Normalsterblicher (ohne universitären Datenzugang) nicht ran. Wer das Internet tatsächlich für Rundfunk nutzt, steht in der IKT (aber nicht nach Radio und Fernsehn getrennt, und man muss davon ausgehn, dass der durchschnittliche Befragte nicht den Unterschied zwischen Livestreaming und Youtube kennt).


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503

  • Beiträge: 315
  • Im Namen der Gerechtigkeit
Das Problem ist nicht die Typisierung, sondern die Anforderungen an Nachweis der Nichtnutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Es gibt einfach keine Anforderungen an Nachweis der Nichtnutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks --> Zwangsabgabe.

Gesetzlich vermutete Tatsachen bedürfen keines Beweises (§ 292 ZPO). Allerdings ist der Beweis des Gegenteils zulässig, solange es sich nicht um eine unwiderlegbare Vermutung handelt. Die Unwiderlegbarkeit muss jedoch im Gesetz ausdrücklich angeordnet sein, ansonsten ist von einer widerlegbaren Vermutung auszugehen(§292 Satz 1 ZPO).

Die durch den Gesetzgeber durchgeführte Typisierung ist nicht verfassungskonform, weil die Anforderungen an Nachweis der Nichtnutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks fehlen.

Zitat
Dieser sog. Grundsatz der Typengerechtigkeit gestattet dem Abgabengesetzgeber die verallgemeinernde und pauschalierende Anknüpfung an die Regelfälle eines Sachbereichs aber nur so lange, als die Zahl der dem "Typ" widersprechenden "Ausnahmen" geringfügig ist; nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt die Grenze hierfür bei 10 % (vgl. Urteil vom 1. August 1986, a.a.O., S. 54) bzw. bei 12 % der betroffenen Fälle (BVerwG, Beschluß vom 25. März 1985 - BVerwG 8 B 11.84 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 53, S. 37 <39>) oder bei 20 % der betroffenen Fälle mit der Folge einer 10 %igen Gebührenmehrbelastung (BVerwG, Urteil vom 16. September 1981 - BVerwG 8 C 48.81 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 45, S. 11 <14>).

Im Jahr 2011 lebten 16,3 Millionen Personen (40,4% aller Haushalte) in einem Einpersonenhaushalt. Durch die neue Regelung müssen also beinahe die Hälfte aller Haushalte pro Kopf deutlich mehr zahlen als alle anderen.
Die Regelung über die Erhebung des Rundfunkbeitrags ist mit dem Gebot der Abgabengerechtigkeit in der Form der Belastungsgleichheit nicht vereinbar.
Der Rundfunkbeitrag ist nicht mit Art. 3 GG vereinbar, da im Ergebnis die Bemessungsgrundlage für Mehrpersonenhaushalte geringer ist als für Einpersonenhaushalte.

Vergleichbar dem den Sozialversicherungsbeiträgen zugrunde liegenden Gedanken des Solidarausgleichs reduziert sich das Verhältnis zwischen dem Beitragsschuldner und den Rundfunkanstalten im Einzelfall darauf, dass der Einzelne zugunsten anderer eine Abgabe leistet, ohne selber einen Vorteil zu ziehen. --> Zwecksteuer


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 28. Januar 2014, 21:19 von 503«
Die schlimmste aller Ungerechtigkeiten ist die vorgespielte Gerechtigkeit. ( Plato )
„Wo allgemeine Abgaben geleistet werden müssen, ohne dass es dafür eine äquivalente Gegenleistung gibt, sind wir immer bei einer Steuer.“
“Kenne deinen Feind und kenne dich selbst, und in hundert Schlachten wirst du nie in Gefahr geraten.“

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xrw

  • Beiträge: 321
Das Problem ist nicht die Typisierung, sondern die Anforderungen an Nachweis der Nichtnutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Um die Nutzung von öffentlichrechtlichem Rundfunk ist es doch nie gegangen, und auch nicht um die Nutzung von Rundfunk überhaupt. Sie haben schon vor Jahrzehnten auch Gebühren für Fernseher/Videorekorder abgezockt, die unstrittig z.B. von Vereinen schon mangels geeigneter Antenne nur zum Abspielen von Videos verwendet worden sind. Damals hat es immerhin den Ausweg gegeben, sich von einem Fachbetrieb die Zerstörung der Empfangsteile beurkunden zu lassen.

Bei PCs haben sie sich dann auf den Standpunkt gestelle, dass geeignete Software jederzeit von jedem installiert werden kann, selbst wenn sie garnicht existiert (bei Servern ohne Bildschirm und ohne Lautsprecher war die Abspeicherung bei den damaligen proprietären Streamingformaten eine rein theoretische Möglichkeit).

Inzwischen sind wir halt so weit, dass es um die (typischerweise auch genutzte) Möglichkeit geht, ein Gerät in eine Wohnung, eine Betriebsstätte oder ein KFZ zu stellen. Das ist ja nicht direkt falsch, und für den heiligen Rundfunk ist jeder Anknüpfungspunkt Recht (zumal angeblich auch jeder Nichtnutzer davon profitiert), bloß hat es zur Folge, dass man sich dem endgültig praktisch nicht mehr entziehen kann. Das ist das Problem, dass man keinen gangbaren Ausweg bekommt, bei der Anbetung des Fetischs mit entsprechender Opfergabe nicht teilzunehmen.

Die fehlende Nutzungsabhängigkeit ist zwar auch übel, aber das ist ein längst verlorener Kampf. Nachdem die letzte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch nicht lang her ist, wird sich da wohl auch in absehbarer Zukunft nichts dran ändern. 2 von 3 Richtern, die einstimmig entschieden haben, sitzen noch in der Kammer (und die dritte im Senat), und bis Ende 2016 steht kein Richterwechsel an.


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  • Beiträge: 2.177
[...] und bis Ende 2016 steht kein Richterwechsel an.

Und die neuen Richter sind sicher so politisiert wie die Intendanten des Rundfunks. Das hat System.

Man beobachtet eine "Entwicklung", eher Entartung. Zum Empfang-bereit-Halten war ursprünglich genau das.
Nach Entfernung der Antenne war das Gerät nicht mehr zum Empfang bereit. Danach war zum-Empfang-bereit
Halten war der bloße Besitz von echten Empfangsgeräte. Mann konnte immerhin durch Entsorgung der Geräte
etwas tun. Dann wollte diie Rundfunkanstalten und die Politik "die Wirtschaft" an die Finanzierung beteiligen,
und wurde Erfunden, dass der PC ein neuartiges Empfangsgerät sei. Dann konnte man das Gerät nicht mehr
entsorgen, und das war so gewollt. Da das keine Akzeptanz hatte, wurde der "Rundfunkbeitrag-Einfach-für-alle"
eingeführt.

Die Intendantin des RBB danke dem Berliner Parlament, das es ihren Weg in das neue Modell eifrig unterstütze.
Also, nicht nur das Modell, sondern den Weg durch Täuschung der Bevölkerung über die PC Gebühr. Ein Weg,
Zwang einzuführen, uns die Freiheit zu entziehen.

Ebenso sind wir auf dem Weg, unsere Grundrechte zu verlieren. Schritt für Schritt werden sie entwertet. Dabei hilft
das Gericht, das diese Rechte schützen soll, mit Argumenten, die für etwas und auch das Gegenteil angewandt
werden können, mit juristischer Schwärmerei.

Ich zitiere wider Paul Kirchhoff:

Zitat
Ich habe gemeinsam mit den Rundfunkanstalten ein verfassungsrechtlich zulässiges und praktisch gebotenes Finanzierungssystem entwickelt. Wir haben das Ziel erreicht, einen einfachen, plausiblen Beitrag für alle Bürger zu schaffen.

Welches Ziel haben sie erreicht? Was ist das neue am Beitragsmodell?

Früher lauerten die GEZ um die Wohnung, sehr oft meldeten sie selbst Geräte, die man nicht mal hatte. Das wird
übrigens auch heute noch gemacht: es gibt ein Fall, dass ein beitragsfreier privater Fahrzeug als Betriebsfahrzeug
gemeldet wurde, obwohl dieser privater Fahrzeug nicht existierte (die person hatte keinen, weder privat noch
geschäftlich).

Es war der ewige Wunsch der GEZ, alle Wohnungen anzumelden, und das wurde immer wieder versucht, mit
Willkür. Welches Ziel hat Verfassungsrichter Paul Kirchhoff erreicht? Worüber redet er da? Ist das Modell etwas
neues? Eben nicht. Die große Leistung war die juristische Rechtfertigung dieser Willkür: das war das neue, die
große Leistung.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 29. Januar 2014, 10:40 von Sophia.Orthoi«

s

six2seven

Zitat Sophia.Orthoi:
Die große Leistung war die juristische Rechtfertigung dieser Willkür.

Hallo,
…bringt`s auf den Punkt. Danke.


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Die Typisierung, dass in jeder Wohnung Rundfunk konsumiert werden kann, geht an der Realität vorbei. Heute hat (fast) jeder ein Smartphone, also das, was als neuartiges Rundfunkgerät bezeichnet wird

Wenn man also typisiert, muss man annehmen, dass jeder hierzulande prinzipiell immer und überall Rundfunk konsumieren kann. Damit kann sich der Anknüpfungspunkt für die Gebührenpflicht nur noch auf Personen beziehen - und nicht auf Orte.


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Ist OT, aber ich kann nicht anders:
Zitat
... aber nur so lange, als die Zahl der ... "Ausnahmen" geringfügig ist; ... (BVerwG, Urteil vom 16. September 1981 - BVerwG 8 C 48.81 - Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 45, S. 11 <14>).

Dass (mit Doppel-s) jemand wie mit als verwechselt, ist ja fast schon "normal". Aber wie ein Autor als mit wie verwechselt, ist richtig peinlich für das Land der "Dichter und Denker". Wie schreibt man, wenn etwas gleich ist ("solange wie" oder "genauso wie") und als ("länger als" oder "größer als"), wenn etwas ungleich ist. Um wieder OnTopic zu werden: Es ist vielmehr zu einem Land der "Richter und Henker" mutiert.


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Dass (mit Doppel-s) jemand wie mit als verwechselt, ist ja fast schon "normal". [...]

Die ursprüngliche Bedeutung von "als" entspricht dem heutigen "wie", und regional abhängig hat "als" noch diese Bedeutung. Anstatt "als" benutzte man früher "denn", und das wird noch unter Umständen getan.


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Plausible Erklärung, danke. Sophia, nur ist es von einem Autor in einem Text geschrieben worden, bei dem umgangssprachliche Fehler nicht vorkommen sollten. Man stelle sich mal ein Bewerbungsanschreiben vor, das solche Fehler enthält. Die Absage ist damit sicher.


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