Also, wenn ich so mit den Leuten in meiner Umgebung spreche, habe ich nicht den Eindruck, dass die ÖRR in ihrem Image angekratzt sind. Das ist so wie mit der Bildzeitung. Alle meckern, keiner kauft sie.... bloß, wo kommen dann die guten Umsätze her? Nun denn...
Also, ich kaufe die Bildzeitung nicht. Ich gucke sie mir nicht einmal an, auch wenn ich sie umsonst kriegen könnte.
Das Problem mit dem Fernsehen geht viel tiefer. Es ist im Grunde genommen mit dem Internet vergleichbar. Es geht in die Intimsphäre der Leute, weil der Fernseher im Schlafzimmer, in der Küche oder Wohnzimmer steht, vielleicht sogar im Bad. Er ist für viele Teil des Lebens - wie eine Sucht. Und daraus schneidet sich der ÖR ein dickes Stück Fleisch heraus. "FreeTV" ist einfach lächerlich und gesetzlich ein nicht geschützter Begriff, um den klaren Verstand zuzumüllen.
Die Bildzeitung dagegen ist dagegen am Markt und in der Öffentlichkeit. Die Bildzeitung ist eine Gewohnheit. Man muß definitiv selbst aktiv werden, um sie zu kaufen. Es ist somit eine bewußte Entscheidung, hinauszugehen und sie zu kaufen.
Beim Fernsehen ist dem nicht so. Das Fernsehen wurde zuvor über das Konto automatisiert bezahlt. Jetzt ist das Fernsehen einen Schritt weitergegangen. Jetzt hat man das Fernsehen zu bezahlen. Es geht vom Konto ab. Wie die Miete. Da das für viele nicht direkt spürbar ist, wird es eben so hingenommen. Man sollte auch nicht die psychologische Macht des Fernsehens unterschätzen, die dieses Thema zulullt und somit die Menschen in dieser Hinsicht ihrer Selbstbestimmung beraubt werden.
Ich war jetzt zwei Wochen mit einem Fanatiker zusammen, der sich von den Gegnern direkt bedroht fühlt. Zwei Wochen Mobbing und hinterher zwei Wochen Schlaflosigkeit mußte ich aushalten. Das erinnerte mich an Stefan Niggemeier, auf dessen Blog ich auch verfolgt wurde. Letztere verteidigen ihren Job, das kann man noch verstehen. Aber es gibt auch in der Bevölkerung Leute, die sich vom Fernsehen Stabilität versprechen, damit ihre Renten bezahlt werden. Es geht also bei dem Thema auch um Alt gegen Jung und dies nicht nur technologisch. Der Haken an der Geschichte: Die Jungen müssen zwar bezahlen, interessieren sich aber nicht mehr für diese Medienform. Die Jungen subventionieren quasi die Mediengewohnheiten der Alten.
Man sollte auch nicht unterschätzen, daß die Alten durch den ÖR gegen die Jungen in Stellung gebracht werden, wenn falsche Arbeitslosenzahlen verbreitet werden. Indem Friede Freude Eierkuchen verbreitet wird, muß man ja gesellschaftspolitisch auch nichts ändern.
Den Beitragszwang nehmen die Menschen größtenteils in Kauf. Dass dieses ein massiver Einschnitt in die Entscheidungsfreiheit eines jeden Einzelnen ist, wen interessiert es?
Es gibt soviele Schweinereien, die am Laufen sind. Wo soll sich der Bürger hinwenden, um zu kämpfen? Es gibt Beraterfirmen, die Wissen bündeln und sich Strategien ausdenken, wie man Probleme löst. Und dies nicht nur im Wirtschaftsbereich, sondern auch im öffentlichen Bereich. Nur weil die Bürger nichts machen, heißt dies nicht, daß sie sich nicht unwohl fühlen. Und genau das empfindet Reitz als Bedrohung - wohlwissend daß in einer Situation der Schwäche sich das Blatt gegen den ÖR wenden kann.
Wenn das Image doch angekratzt wäre, hätten doch schon viel viel mehr ihren Zwangsbeitrag zurückbehalten. Einige mögen sich über die 3856 Streikenden bei Zahlungsstreik.net freuen. Für einen Imageverlust ist das ein Witz. Da müssten dann schon noch zwei Nullen angefügt werden können.
Das sehe ich nicht so. Der Rundfunkvertrag schwingt die Keule des Zwangs. Das bedeutet, daß es nicht nur um den ÖR selbst geht, sondern das ganze politische System stellt sich hinter den ÖR. Wenn die "dritte" Person in der Staatshierarchie - Lammert - sagt: "Dann werden eben die Gesetze geändert.", dann läßt sich aus diesem Verhalten ablesen, wie sehr das politische System selbst involviert ist. Lammerts Äußerung ist eine Offenlegung der wahren Verhältnisse. Von wegen Selbstverwaltung.
Selbst Richter haben trotz ihrer politisch verbrieften Sonderrechte Angst. Der Hintergrund: Der Staat ist mit 2.000 Milliarden am Kapitalmarkt verschuldet und das politische System wird über das "Schuldverhältnis" am Kapitalmarkt neoliberal ausgehebelt. Das bedeutet, daß auch die Richter den Druck des Kapitalmarkts über ihre Besoldung zu spüren bekommen. Und dem Kapitalmarkt geht es darum, seine Verzinsung stabil zu halten, warum sich die Körperschaft "Bundesrepublik Deutschland" bemüht das AAA aufrechtzuerhalten.
Wenn man sich also mit dem Zwang anlegt, hat man es direkt mit dem Kapitalmarkt zu tun.
Deshalb bin ich nicht der Meinung, daß es ein Witz ist, wenn 3856 Streikende sich mit dem Kapitalmarkt anlegen. Angesichts des davon ausgehenden Drucks kann man feststellen: "Immerhin!"
Das Argument der Unsozialität stört niemanden, nicht mal die, die es sich echt nicht mehr leisten können. Ich kenne jemanden, der bezieht "nur" Wohngeld, ist also Beitragsschuldner. Diese Person bezahlt ohne zu murren und holt sich dann das Essen für die Familie von der Tafel. Kein Bock, keine Kraft zu kämpfen oder einfach egal?
Was würdest Du machen, wenn Du unter Druck bist und Deine Ruhe haben willst? Schwanz einziehen. Es gibt ja sicherlich Gründe, warum er "nur" Wohngeld beziehen will. Er will seine Ruhe, weil er keine Kraft mehr hat. Er hat für sich eine Lösung gefunden. Ist schon sehr merkwürdig, daß ein Wohngeldempfänger die Pensionen der ÖR-Mitarbeiter mitzubezahlen hat. Aber Leute wollen auch sterben, um nach Europa zu kommen. Das heißt aber nicht, daß es allen so geht.
Eine andere Familie mit 2 erwachsenen Kindern in einer Wohnung braucht stattliche 5 (!) Fernseher zum Überleben. Warum sollte sie der Zwang stören?
Nur weil es eine stattliche Anzahl von Leuten in der Bevölkerung gibt, die süchtig sind, heißt dies nicht, daß sie Recht haben. Sie stören sich nicht am Zwang, weil sie süchtig sind. Das ist so ungefähr wie mit einer Droge, die man zwangsweise verabreicht bekommt und danach sie benötigt, um stabil zu bleiben. So findet Zwangsprostitution statt: Zuerst wird eine süchtig machende Droge verabreicht, dann zugeritten und dann via Droge diszipliniert.
Ist das Ansehen des ÖRR wirklich gesunken? Mir kommt es nicht so vor.
Das ist eben Öffentlichkeitsarbeit. Der einlullende Effekt der Droge Fernsehen. Nur weil Deine Umgebung so auf Dich wirkt, heißt dies nicht, daß es nicht woanders anders ist.
Deshalb heißt es jetzt am Ball bleiben, nach dem 15.5.14 den Laptop nicht zuklappen, sondern wir müssen
öffentlicher werden. Habe zwar bislang nur "kleine Einzelaktionen" gemacht (siehe meine Aktionen im Kalender) aber es besteht wirklich großes Interesse.
Der Meinung bin ich auch. Bisher hat es letztlich nur eine Demo gegeben, auf der ich leidenschaftlich brüllen konnte.
Wenn eine Frau Reitz meint, daß das "Ansehen drastisch gesunken" ist - dann ist dem so. Punkt. Und es ist auch so, weil das Thema der "Zwang" ist.
Eine andere Geschichte ist es, sich dagegen zu wehren. Man hat es schließlich dabei nicht nur mit dem ÖR zu tun. Ich kann diese Widersprüchlichkeit im Verhalten nachvollziehen. Nicht zu vergessen die vielen Süchtigen, die ihre Droge brauchen, um den Tag zu bestehen.