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Autor Thema: Frage: Widerspruch und Klage in einer fiktiven Parallelwelt  (Gelesen 4583 mal)

S
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Frage: Nehmen wir mal an wir befinden uns in einer fiktiven Parallelwelt in der es eine totalitaere Struktur namens ZEG gibt. In der Parallelwelt gilt das gesamte deutsche Recht. Die ZEG will nun Gebuehren fuer oeffentl-rechtl Rundfunk und ein Teilnehmer entschliesst sich nur unter Vorbehalt zu zahlen. Wielange wuerde denn in einer fiktiven Parallelwelt der Vorbehalt anerkannt, d.h. nach wieviel Monaten waere die Zahlung rechtskraeftig und nicht mehr unter Vorbehalt?
Weiter: Derselbe  entschliesst sich,  zum Verwaltungsgericht zu fahren und dort Klage einzureichen. Wie hoch sind die Gerichtsgebuehren in so einem fiktiven Fall. Nehmen wir an, er verloere in der ersten Instanz, muesste er dann auch die Gerichtsgebuehren der Gegenseite zahlen? Nehmen wir an er entschliesst sich, nach der ersten Instanz nicht in die zweite zu gehen, bleibt die Zahlung siener Gebuehren unter Vorbehalt dennoch unter Vorbehalt gueltig, da weitere Urteile ausstehen? Wenn ja, wie lange?


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1. Es gibt im Verwaltungsrecht keine "Zahlung unter Vorbehalt". Sorry, diesen Rechtsterminus sollten wir hier alle einfach vergessen. Wir sind keine Rechtsanwälte und sollten mit so etwas nicht operieren, nur weil wir das vielleicht einmal in einem Zivilverfahren mitbekommen haben.
2. Beim Verwaltungsgericht kann man eine Anfechtungsklage einreichen. Dazu muss man den Bescheid und den (mindestens teilweise) fruchtlosen Widerspruchsbescheid beifügen. Die Klage muss nicht begründet werden. Das Verwaltungsgericht ist von Amts wegen verpflichtet, die Materie zu eruieren. Dann darf man sich aber auch nicht wundern, wenn eine Klage mit zwei Seiten Begründung abgewiesen wird. Dazu reicht es dann, die Textbausteine des Beitragsservice abzutippen.
3. Vor dem Verwaltungsgericht braucht man keinen Anwalt. Mein VG hat den Streitwert auf 11,99 festgesetzt. Der Betrag entspricht einem Monatsbeitrag abzüglich der 5,99 die ich zu zahlen bereit bin. Mir ist bekannt aus Beratung durch einen Anwalt, dass gewöhnlich aber 3 Monatsbeiträge als Streitwert angesetzt werden. Bei 11,99 betragen die Gerichtsgebühren, die der Kläger binnen eines Monats nach Einreichung der Klage einzuzahlen hat, 75 Euro.
Die Landesrundfunkanstalt hat sich selbst zu vertreten. Schickt sie einen Anwalt, dann kann sie dessen Kosten nicht geltend machen. In aller Regel ist in Terminen vor dem Verwaltungsgericht damit zu rechnen, dass ein(e) Rechtsreferendar(in) des LRA-Justiziariats vor Gericht auftritt. Diese sind ja quasi Behörden und zur Juristenausbildung berechtigt und auch beliebt und verstehen sich in dieser Sache als Förderer des juristischen Nachwuchses. In Sachen Medienrecht, also: wie verteidige ich die Redaktion eines Recherchemagazins gegen Klagen von fiesen Konzernen, ist das auch höchst lobenswert. Wie die Damen und Herren Jung-Advokaten gegen uns auftreten werden, das werden wir dann erleben.


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Danke die Antwort ist in der Tat sehr kompetent.
Wie ist es denn mit den Gebuehren fuer einen Beitragsbescheid. Worauf begruendet sich rechtlich der Anspruch der GEZstapo auf Erhebung dieser Gebuehren? Hat da jemand eine Idee?
Danke


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Wie ist es denn mit den Gebuehren fuer einen Beitragsbescheid. Worauf begruendet sich rechtlich der Anspruch der GEZstapo auf Erhebung dieser Gebuehren?

Das sind keine Gebühren, sondern Säumniszuschläge, die in § 11 Abs. 1 der Rundfunkbeitragssatzungen geregelt sind, wozu die Anstalten in § 9 Abs. 2 RBStV auch ermächtigt sind. Effektiv sind es pauschalierte Zinsen für die ersten 2 Monate Zahlungsverzug (1%, wie bei Sixt sichtbar) mit einem Mindestbetrag.

Rechtlich dürfte das einwandfrei sein (die Beträge sind zwar nicht gering, aber auch nicht abartig hoch). Die Frage ist bloß, ob sie in dem Fall gerechtfertigt sind, dass man nicht anders an einen rechtsmittelfähigen Bescheid kommt. Um das nachzuweisen, müsste man aber wahrscheinlich unverzüglich einen (negativen) Bescheid beantragen, auch wenn das praktisch aussichtslos ist. Bei einer erfolgreichen Klage wird man den Säumniszuschlag eh zurückkriegen (nachdem die Rundfunkanstalten insolvenzunfähig sind, notfalls aus dem Staatshaushalt). Interessanter wär, wie es bei einer (ansonsten) erfolglosen Klage ausschaut.


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...Interessanter wär, wie es bei einer (ansonsten) erfolglosen Klage ausschaut.

Da wird dann der Beitragsservice bzw. die LRA dazu verurteilt, den Säumniszuschlag bzw. die Säumniszuschläge zurück zu zahlen bzw. zu verrechnen.

Aber wer spricht hier von erfolglosen Klagen?  ;)


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"Verfassungsrechtlich bedenklich ist schließlich die Reformvariante einer geräteunabhängigen Haushalts- und Betriebsstättenabgabe. Insofern ist fraglich, ob eine solche Abgabe den vom BVerfG entwickelten Anforderungen an eine Sonderabgabe genügt und eine Inanspruchnahme auch derjenigen, die kein Empfangsgerät bereithalten, vor Art. 3 I GG Bestand hätte." Dr. Hermann Eicher, SWR-Justitiar in "Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 12/2009"

a
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Ich habe in einem anderen Beitrag berichtet, dass mein Widerspruchsbescheid teilweise erfolgreich war. Der Erfolg bezog sich auf den Säumniszuschlag. Den nimmt der Beitragsservice zurück, wenn man einen Widerspruch einlegt.
Was ich nicht weiß: Ob der Beitragsservice den auch dann freiwillig zurücknimmt, wenn sich der Widerspruch nur gegen eben den Säumniszuschlag richtete. Nach meinem laienhaften Empfinden ist es so, dass der Beitragsservice eigentlich auf Verlagen immer sofort einen Bescheid herausgeben müsste. Ein für eine Behörde angemessenes Verhalten ist es, immer Bescheide auszustellen. Das Finanzamt schreibt ja auch nicht: Zahlen Sie mal 500 Euro, dann vergessen wir Ihre Einkommensteuererklärung. Und ein Einkommensteuerbescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung kommt erst, wenn man zweimal gemahnt wurde.
Wer sich als Behörde anständig verhält, der macht keine Tricks. Von daher wäre es sicherlich aussichtsreich, ggf. auch nur gegen einen Säumniszuschlag zu klagen. Die Gerichte würden es sich nicht nehmen lassen, auch mal ein Klitzekleinesbisschen was gegen den ÖRR zu tun, um ihr Gewissen zu entlasten, die Auswüchse so lange schon quasi mitgetragen zu haben.


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Nach meinem laienhaften Empfinden ist es so, dass der Beitragsservice eigentlich auf Verlagen immer sofort einen Bescheid herausgeben müsste.

In § 10 Abs. 5 RBStV steht halt:

Zitat
Rückständige Rundfunkbeiträge werden durch die zuständige Landesrundfunkanstalt festgesetzt.

Ohne explzite gesetzliche Regelung läuft es halt so, dass man wegen Art. 17 GG alles beantragen kann und man in der Regel auch eine Antwort kriegen muss, aber ob die Behörde daraufhin einen Verwaltungsakt erlässt, liegt in ihrem "pflichtgemäßen Ermessen" (sofern es keine abweichenden landesspezifischen Regelungen für Rundfunkanstalten gibt). Nachdem es offenbar der abartige Wille des Gesetzgebers ist, rechtsmittelfähige Bescheide möglichst zurückzuhalten, wird man im Fall der Ablehnung auch kaum ein Überschreiten des Ermessensspielraums nachweisen können.

Wahrscheinlich sind die Bescheide in diesem Fall ausschließlich als effektive Vollstreckungstitel konzipiert. Auf die Idee, dass man sowas inhaltlich anfechten könnte, sind sie wohl garnicht gekommen. Wobei man davon ausgehn muss, dass das nicht auf dem Mist der Landesregierungen selber gewachsen ist, sondern ihnen von den Anstalten so untergeschoben worden ist.


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Wie waere denn eigentlich die Sachlage: Man hat per Einschreiben aufgefordert einen Gebuehrenbescheid durch die GEZ zu erhalten, damit laeuft doch automatisch die gesetzliche Verzugsfrist gegenueber der Gezstapo, koennte man das nicht als Argumentationshilfe benutzen um ggf. Verzugsgebuehren abzulehnen?


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"aber ob die Behörde daraufhin einen Verwaltungsakt erlässt, liegt in ihrem 'pflichtgemäßen Ermessen'"
Genau darum geht es. Was ist das pflichtgemäße Ermessen? Pflichtgemäß ist für eine Behörde im Rechtsstaat, dass sie ihre Forderungen mit einem rechtsmittelfähigen Bescheid vorbringt. Der Grundcharakter der Rechtstaatlichkeit hängt maßgeblich auch am Vorhandensein einer Verwaltungsgerichtsbarkeit. Gibt es diese nicht, liegt kein Rechtsstaat vor. Ergo gilt, dass jedes Bemühen einer Behörde, die Einschaltung der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu vereiteln oder zu verzögern, rechtsstaatswidrig und damit nicht pflichtgemäß ist.


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