P. P.
Mit Schreiben vom 29. Januar 2013 haben Sie mich formlos dazu aufgefordert, meine monatlichen
Zahlungen an Sie zu verdreifachen. Rechtsgrundlage dafür soll der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag
sein. In diesem wird nicht mehr auf eine konkrete programmliche Gegenleistung für eine Gebühr abgestellt, sondern darauf, dass die von Ihnen vertretenen Anstalten eine Infrastrukturleistung
erbrächten. Diese soll einerseits technischer, andererseits ideeller Art sein. Da es hier in Altwarp kein DVB-T im Sinne des vor Jahren groß angekündigten und in Ballungsräumen auch etablierten »Überallfernsehens« gibt, der Deutschlandfunk nicht analog empfangbar ist und für den drahtlosen Internetzugang lediglich EDGE zur Verfügung steht, kann keine Rede davon sein, dass Sie mir die mit dem Beitrag mitintendierte technische Infrastrukturleistung liefern. Dass dieser Mangel so geringfügig wäre, dass daraus keine Berücksichtigung bei der Beitragshöhe angezeigt wäre, würde ich bestreiten.
Die ideelle Infrastrukturleistung, einem Diktum Ihres Herrn Schönenborn zufolge eine »Demokratiesteuer«, erbringen Sie ebenfalls nicht. Indem Sie nämlich auf das Angebot der Politik
schamlos eingehen, Ihnen mit Hilfe des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages und der mitnichten
politikfernen »KEF«, deren institutionelle Anpassungen nach einem Urteil des BVerfG so unbedeutend waren, dass von einer Heilung der Rechtsmängel nicht die Rede sein kann, eine beispiellose ökonomische Privilegierung zu verschaffen, sind Sie nicht mehr dazu in der Lage, die
für die Wahrnehmung eines demokratischen Wächteramtes erforderliche Glaubwürdigkeit
beim Bürger, also bei mir, zu wahren. Ich darf in Analogie zum Richteramt berechtigtermaßen
die Befürchtung hegen, Ihre übertrieben großzügige finanzielle Ausstattung, bestens dokumentiert durch die journalistischen Leistungen von Herrn Hanfeld von der »F.A.Z.« und Herrn
Siebenhaar vom »Handelsblatt«, werde nicht ohne Gegenleistung bleiben.
Da beide Begründungen Kern dessen sind, was Prof. Kirchhof in seinem Gutachten als gegeben
unterstellt und zur Grundlage der Beitragspflicht macht, gehen Sie Ihres finanziellen Anspruchs
mir gegenüber verlustig, sollte ich nachweisen können, »dass der Kaiser gar nichts an hat.« Ich gehe davon aus, dass mir dies gelingen wird. Rechtsfolge Ihrer faktischen Verfasstheit jenseits aller idealisierenden Beschreibungen, Selbstäußerungen und gekaufter professoraler Gutachten ist, dass ich weder dem Grunde nach noch in der von Ihnen geforderten Höhe einen Beitrag schulde.
Da Sie »Rundfunkfreiheit« ja auch als »Formfreiheit« in Hinblick auf die Gestaltung des Rechtsverhältnisses zu den Bürgern interpretieren, bin ich bereit, die grundsätzlichen Bedenken zurückzustellen und mich Ihnen gegenüber in Höhe des Beitrag, den behinderte Mitbürger tragen sollen, zu verpflichten – in der vagen Hoffnung, die demokratische Rückkoppelung des ÖRR werde in absehbarer Zeit hergestellt. Wahrscheinlich halten Sie den Behindertenbeitrag für mich sogar für stichhaltig – wenngleich nur auf ironischer Ebene.
Sollte der für mich zuständige NDR-Intendant sich unwiderruflich und unabänderlich – in Bezug auf meine Restlebenszeit und als Eigentümer meines Hauses – dazu verpflichten, mit einem Beitrag von mir in Höhe von 5,99 Euro je Monat zufrieden zu sein, werde ich mich kompromissbereit zeigen. Sollte dieser Vorschlag, der natürlich ein von Ihnennicht so ohne weiteres hinnehmbarer Präzedenzfall wäre, beim NDR nicht auf Gegenliebe stoßen, würde ich vorschlagen, dass mir dieser einen formalen Beitragsbescheid zukommen lässt. Und dann freue ich mich darauf, dass »nach ganz fest immer ganz lose« kommt.