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Autor Thema: EuGH C-516/19 - Begriff "Öffentliche Stelle"  (Gelesen 551 mal)

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EuGH C-516/19 - Begriff "Öffentliche Stelle"
Autor: 31. Dezember 2023, 22:09
Vorabinfo:
Die Aussage des EuGH, die hier thematisiert wird, könnte Tragweite auch für die Belange des dt. ÖRR haben; sowohl ARD, als auch der Beitragsservice sind jeweils keine "öffentliche Stelle" im Sinne des Unionsrahmens, weil ihnen jeweils die eigene Rechtspersönlichkeit fehlt.

Die Entscheidung ist übrigens Folge einer Vorlage des Verwaltungsgerichtes Berlin, betrifft insofern also auch die Belange des RBB und betrifft das Beihilferecht.

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zehnte Kammer)
24. September 2020(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Staatliche Beihilfen – Art. 107 und 108 AEUV – Verordnung (EU) Nr.°651/2014 – Freistellung bestimmter Kategorien mit dem Binnenmarkt vereinbarer Beihilfen – Anhang I – Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) – Definition – Kriterium der Unabhängigkeit – Art. 3 Abs. 1 – Eigenständiges Unternehmen – Art. 3 Abs. 4 – Ausschluss – Indirekte Kontrolle von 25 % des Kapitals oder der Stimmrechte durch öffentliche Stellen – Begriffe ‚Kontrolle‘ und ‚öffentliche Stellen‘“

In der Rechtssache C-516/19

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=231566&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=11078758

Zitat
47      Nach seinem üblichen Sinn ist der Begriff „öffentliche Stelle“ als Bezugnahme auf den Staat, Gebietskörperschaften und Stellen, die eingerichtet wurden, um spezifisch Bedürfnisse des Allgemeininteresses zu erfüllen, Rechtspersönlichkeit besitzen und vom Staat, von Gebietskörperschaften oder anderen öffentlichen Stellen mehrheitlich finanziert bzw. direkt oder indirekt kontrolliert werden, zu verstehen.

Zitat
45   Folglich ist, da Art. 3 Abs. 4 des Anhangs I der Verordnung Nr. 651/2014 nicht auf das nationale Recht verweist, der in dieser Bestimmung enthaltene Begriff „öffentliche Stelle“ als autonomer Begriff des Unionsrechts anzusehen, dessen Inhalt und Tragweite in sämtlichen Mitgliedstaaten identisch sein müssen. Daher ist es Aufgabe des Gerichtshofs, diesen Begriff in der Unionsrechtsordnung einheitlich auszulegen.

Zitat
50      In dieser Hinsicht ist der Kommission darin zuzustimmen, dass die Richtlinie 2006/111, die bezweckt, den Mitgliedstaaten eine Reihe von Verpflichtungen aufzuerlegen, um die Transparenz der finanziellen Beziehungen zwischen ihnen und den öffentlichen Unternehmen zu gewährleisten, den Begriff „öffentliche Hand“ in Art. 2 Buchst. a dahin definiert, dass er neben dem Staat die regionalen und lokalen sowie alle anderen Gebietskörperschaften umfasst.

52      Daraus folgt, dass der in dieser Bestimmung genannte Begriff „öffentliche Stelle“ dahin zu verstehen ist, dass er alle Einrichtungen oder Behörden der öffentlichen Hand umfasst, einschließlich der Gebietskörperschaften und der besonders zur Erfüllung von Bedürfnissen des Allgemeininteresses geschaffenen Stellen, die eine Rechtspersönlichkeit besitzen und überwiegend durch den Staat, durch Gebietskörperschaften oder andere öffentliche Stellen finanziert bzw. direkt oder indirekt von ihnen kontrolliert werden.

Zitat
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zehnte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 3 Abs. 4 des Anhangs I der Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 [AEUV] ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, die ausschließt, dass ein Unternehmen als kleines und mittleres Unternehmen (KMU) angesehen werden kann, wenn das Unternehmensorgan, das den wesentlichen Anteil des Kapitals hält, auch wenn es nicht zur Führung des Tagesgeschäfts des Unternehmens befugt ist, mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die öffentliche Stellen im Sinne dieser Bestimmung vertreten, so dass Letztere allein deshalb gemeinsam eine indirekte Kontrolle im Sinne dieser Bestimmung über das erstgenannte Unternehmen ausüben, wobei

–        zum einen der in der genannten Bestimmung enthaltene Begriff „öffentliche Stelle“ Einrichtungen wie Universitäten und Hochschulen sowie eine Industrie- und Handelskammer erfasst, wenn diese Einrichtungen geschaffen wurden, um speziell Bedürfnisse des Allgemeininteresses zu erfüllen, Rechtspersönlichkeit besitzen und überwiegend durch den Staat, Gebietskörperschaften oder andere öffentliche Stellen finanziert bzw. direkt oder indirekt von diesen kontrolliert werden; hierbei spielt es keine Rolle, dass die auf Vorschlag dieser Einrichtungen berufenen Personen ehrenamtlich für das betreffende Unternehmen tätig sind, wenn sie in ihrer Eigenschaft als Mitglieder dieser Einrichtungen vorgeschlagen und berufen wurden, und

–        zum anderen eine solche Kontrolle bereits dann vorliegt, wenn öffentliche Stellen gemeinsam, sei es auch indirekt, gemäß der Satzung des Unternehmens, das die direkte Kontrolle über das betreffende Unternehmen ausübt, mindestens 25 % des Kapitals oder der Stimmrechte des betreffenden Unternehmens halten, ohne dass darüber hinaus zu prüfen wäre, ob diese Stellen in der Lage sind, zu beeinflussen und zu koordinieren, wie ihre Stimmrechte tatsächlich durch ihre Vertreter ausgeübt werden, oder ob diese Vertreter den Interessen der genannten Stellen tatsächlich Rechnung tragen.

Wenn der Begriff "öffentliche Stelle" eine unionsweit einheitliche Bedeutung hat, könnte ermittelt werden, ob die öffentlichen Rundfunkunternehmen der anderen Unionsländer in diesen jeweils als "öffentliche Stelle" behandelt werden.

Jedenfalls wäre der Beitragsservice, (um die ARD soll es hier nicht gehen), im Unionsrahmen nicht als "öffentliche Stelle" zu behandeln, also auch in der Bundesrepublik Deutschland, da als Unionsland dem Unionsrahmen zugehörig, da ihm die eigene Rechtspersönlichkeit fehlt?

Dürfen die ÖRR durch eine unions- bzw. höherrechtlich nicht als "öffentliche Stelle" definierte Stelle den natürlichen Personen wie auch den anderen juristischen Personen gegenüber rechtsverbindlich handeln?

Zu erinnern sei hier daran, daß bereits der Begriff "öffentlich Verwaltung" unionsweit vereinheitlicht ist und die öffentlichen Medien im Regelfall nicht zur "öffentlichen Verwaltung" gehören.

Querverweis:
Entscheidung nach einer Vorlage durch das OVG Schleswig-Holstein
EuGH C-34/02 - Begriff "öffentliche Verwaltung" ist unionsweit vereinheitlicht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36275.0

Konsolidierter Text: Verordnung (EU) Nr. 651/2014 der Kommission vom 17. Juni 2014 zur Feststellung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Binnenmarkt in Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Text von Bedeutung für den EWR)
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A02014R0651-20230701&qid=1704056711660


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