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Autor Thema: Eine Betrachtung des Art 104a GG  (Gelesen 871 mal)

  • Beiträge: 7.332
Eine Betrachtung des Art 104a GG
Autor: 19. April 2021, 00:54
Basis für dieses Thema:

BVerfG 2 BvF 1/20 - Neben einem Bundesgesetz ist für ein Landesgesetz kein Raum
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35136.0.html

Zitat
Art. 104a Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 Satz 4 - Betrifft die Selbstfinanzierung der eigenen Aufgaben
https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_104a.html

   
Zitat
(5) [...] Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
    (6) [...] Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

Es ist fraglich, ob die derzeitige Art der Finanzierung der ÖRR insoweit verfassungsgemäß ist, als daß alle Ländermittel in einen Topf kommen und die ÖRR heraus finanziert werden, was insofern problematisch sein könnte, wenn dadurch ein Land eine LRA mitfinanziert, das es nicht mit gegründet hat, zumal dieses auch zur unionsrechtswidrigen Quersubventionierung führen könnte, was wiederum gleichzeitig, siehe Art 109 GG, national verfassungswidrig sein könnte.

Der volle Wortlaut des Art. 104a lautet:

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 104a

https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_104a.html

Zitat
(1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.
(2) Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der Bund die sich daraus ergebenden Ausgaben.
(3) Bundesgesetze, die Geldleistungen gewähren und von den Ländern ausgeführt werden, können bestimmen, daß die Geldleistungen ganz oder zum Teil vom Bund getragen werden. Bestimmt das Gesetz, daß der Bund die Hälfte der Ausgaben oder mehr trägt, wird es im Auftrage des Bundes durchgeführt. Bei der Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird das Gesetz im Auftrage des Bundes ausgeführt, wenn der Bund drei Viertel der Ausgaben oder mehr trägt.
(4) Bundesgesetze, die Pflichten der Länder zur Erbringung von Geldleistungen, geldwerten Sachleistungen oder vergleichbaren Dienstleistungen gegenüber Dritten begründen und von den Ländern als eigene Angelegenheit oder nach Absatz 3 Satz 2 im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates, wenn daraus entstehende Ausgaben von den Ländern zu tragen sind.
(5) Der Bund und die Länder tragen die bei ihren Behörden entstehenden Verwaltungsausgaben und haften im Verhältnis zueinander für eine ordnungsmäßige Verwaltung. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.
(6) Bund und Länder tragen nach der innerstaatlichen Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung die Lasten einer Verletzung von supranationalen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands. In Fällen länderübergreifender Finanzkorrekturen der Europäischen Union tragen Bund und Länder diese Lasten im Verhältnis 15 zu 85. Die Ländergesamtheit trägt in diesen Fällen solidarisch 35 vom Hundert der Gesamtlasten entsprechend einem allgemeinen Schlüssel; 50 vom Hundert der Gesamtlasten tragen die Länder, die die Lasten verursacht haben, anteilig entsprechend der Höhe der erhaltenen Mittel. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

Speziell Absatz 1 verdient hier Beachtung, weswegen er in Rot hervorgehoben wurde.

Zitat
(1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.
Die Länder tragen ihre Ausgaben, die sich aus ihren Aufgaben ergeben?

Es wäre zu ergründen, ob der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag, der schon einmal Gegenstand der Betrachtung durch das Bundesverfassungsgericht gewesen ist***, einer neuerlichen Normenkontrollklage standhalten würde; ob der eindeutigen Aussage in Art 104a GG könnte dieses u. U. nur dann bejaht werden, wenn die in den gemeinsamen Rundfunkfinanzierungstopf eingezahlten Ländermittel, (die ja überwiegend aus Rundfunkbeiträgen bestehen und aus europäischer Sicht staatliche Beihilfen darstellen), auf den Eurocent genau in die eine LRA begründenden Bundesländer zurückfließen.

Würde heißen, daß bspw.
- die Mittel der Bürger/innen der Länder Brandenburg und Berlin vollständig dem RBB zugeleitet werden;
- dito für andere Länder mit Mehrländeranstalten und ihre Bürger/innen;
- die Mittel der Bürger/innen des Landes Bayern vollständig im Land Bayern bleiben, da der BR nur ein ihn gründendes Land hat;
- dito für die Länder Bremen, Hessen, Saarland und NRW und ihre Bürger/innen;

Es wäre nicht unwahrscheinlich, daß der rundfunkinterne Finanzausgleich der Länder nicht separat durch Bundesgesetz gedeckt ist und damit nunmehr verfassungswidrig wäre, denn dafür hat es ja den Länderfinanzausgleich des Bundes?

*** ->
BVerfGE 119, 181 - RfStV -> Mißlungene Finanzierung
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,30393.msg190390.html#msg190390

Diese Entscheidung des BVerfG, in der Art 104a GG nicht Gegenstand der Betrachtung war, ist von 2007; den Art 104a GG hatte es bereits vorher mit genau dem gleichen Wortlaut des Absatzes 1. (Einer BVerfG-Entscheidung ist zu entnehmen, daß es den bereits bei der dt. Wiedervereinigung hatte: BVerfG 2 BvG 3/95).

Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 22, 23, 33, 52, 72, 73, 74, 74a, 75, 84, 85, 87c,91a, 91b, 93, 98, 104a, 104b, 105, 107, 109, 125a, 125b, 125c, 143c) Vom 28. August 2006
https://www.bgbl.de/xaver/bgbl/start.xav#__bgbl__%2F%2F*%5B%40attr_id%3D%27bgbl106s2034.pdf%27%5D__1618789723119

Da könnte sich die Frage stellen, ob dieser gemeinsame Ländertopf zur Rundfunkfinanzierung ohne Genehmigung des Bundes seit der Wiedervereinigung überhaupt jemals verfassungsgemäß war.


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Re: Eine Betrachtung des Art 104a GG
#1: 19. April 2021, 11:21
Das Bundesverfassungsgericht wird hierüber ja entscheiden, da Saarland und Bremen durch ihre Beschwerden diese Fragen zu einem Entscheidungsthema gemacht haben. Möglicherweise wird es zum Bumerang. Ein rascher Entscheid war Dezember 2020 wohl vorgesehen. Nun erscheint er für 2021 anscheinend nicht gewährleistet.


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Re: Eine Betrachtung des Art 104a GG
#2: 19. April 2021, 12:24
Das Bundesverfassungsgericht wird hierüber ja entscheiden, da Saarland und Bremen durch ihre Beschwerden diese Fragen zu einem Entscheidungsthema gemacht haben.
Im Grunde genommen ist dazu bereits entschieden? Die im Ausgangsbeitrag benannte Alt-Entscheidung tätigt dazu eine Aussage:

BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 11. März 1997
- 2 BvG 3/95 -, Rn. 1-39,

http://www.bverfg.de/e/gs19970311_2bvg000395.html

Rn. 28
Zitat
[...] Die Finanzverfassung des Grundgesetzes (Art. 104a ff. GG) sichert die finanzwirtschaftliche Handlungsfähigkeit von Bund und Ländern vielmehr dadurch, daß sie diese Körperschaften mit frei verfügbaren Geldmitteln in angemessener Höhe ausstattet. Die staatliche Selbständigkeit von Bund und Ländern stützt sich auf eine der jeweiligen Aufgabenzuweisung entsprechende Verfügungsgewalt über Geldmittel, die der Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit von Aufgabenwahrnehmung (Art. 104a Abs. 1 GG) und Haushaltswirtschaft (Art. 109 Abs. 1 GG) eine tatsächliche Grundlage gibt (vgl. BVerfGE 86, 148 <213, 264>). [...]
Eine "nicht angemessene Höhe" kann dann angenommen werden, wenn ein Land mit seinen Mitteln Aufgaben eines anderen Ländes finanziert, ohne das dieses zuvor bundesrechtlich legitimiert worden ist, stünde dieses doch der "staatlichen Selbständigkeit" entgegen?


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Re: Eine Betrachtung des Art 104a GG
#3: 19. April 2021, 20:52
Querverweis zu einer separat thematisierten Entscheidung des BVerfG, in der Art 104a GG ff behandelt wird:

BVerfG 2 BvR 743/01 - Nichtsteuerliche Abgabe muß Finanzverfassung entsprechen
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35151.msg212997.html#msg212997

Weiterführend u. U. auch:

BVerfG 1 BvR 1675/16 - Rundfunkbeitrag ist eine Sonderabgabe
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33318.msg203645.html#msg203645


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