der Freitag, 04.07.2020
Auch Totgeschlagene leben längerMedien Mit fünf Landessendern startete der Deutsche Fernsehfunk (DFF) am 1. Juli 1990 einen finalen Rettungsversuch, abgewickelt und beseitigt wird er trotzdemLutz Herden | Ausgabe 27/2020
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Fallada in Johannisthal
Mitte 1990 steht der Sender als finanziell intakte, leistungsfähige, moderne und motivierte Anstalt gut da. Als Chronist der Wende hat man sich offenkundig vom Stigma des Partei- und Staatsfunks befreit, wenn die Nachrichtensendung Aktuell und das Jugendjournal elf99 Einschaltquoten jenseits der 40 Prozent erreichen. Mitte 1990 gebietet der DFF über ein Jahresbudget von 750 Millionen (ab 1. Juli) DM, aufgestockt durch Werbeeinnahmen, die bis Ende 1991 auf 400 Millionen DM steigen, und verfügt über Liegenschaften im Wert von 1,5 Milliarden DM. Gearbeitet wird nach ersten Entlassungswellen noch mit gut 4.800 Beschäftigten an drei Standorten in Ostberlin, an denen sich künstlerisches und publizistisches Potenzial vor allem deshalb massiert, weil – inzwischen in Zeiten des Outsourcings undenkbar – mehr als ein Drittel des Programms auf eigener Produktion basiert.
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Beifall und Respekt
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Eine Fünf-Länder-Anstalt ODR wäre ein Plädoyer gegen die Ein-Land-Anstalten im Westen, gegen teure Subventionsfälle im Saarland, in Bremen, Westberlin und Hessen, die ohne ARD-Finanzausgleich nie existieren könnten. Woran sich auch drei Jahrzehnte später nichts geändert hat [...]
Doch haben ARD und ZDF an einem ostdeutschen Wettbewerber namens ODR, der ihnen vom Ranking her womöglich ebenbürtig wäre, nicht das mindeste Interesse. Am Gebührenfressnapf sitzen und Werbeschüsseln auslöffeln, das soll ihnen allein vorbehalten bleiben. 13,2 Millionen Zuschauer in der DDR (Stand 1990) sind ein lukrativer Markt für Werbekunden und ein Biotop, das eigener Einflussnahme unterworfen werden soll. [...]
Endlichkeit des Daseins
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https://www.freitag.de/autoren/lutz-herden/diener-ohne-herrenNebenvermerk (ebenda):
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