Transkript des Podcasts:
Sprecher: Aktuell hat jeder Haushalt 17,50 Euro monatlich als Rundfunkbeitrag zu leisten. Schon bald könnte dieser Beitrag steigen. ARD ZDF und Deutschlandradio haben der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, die kurz auch einfach nur KEF genannt wird, ende April gesagt, wie viel Geld sie 2021 für ihr Programm brauchen.
Im Gespräch mit "wieder was gelernt"
erklärt ARD Generalsekretärin Susanne Pfab, warum es ihrer Meinung nach nicht günstiger geht.
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Wie viel Geld ARD, ZDF und Deutschlandradio nach eigenen Angaben ab 2021 brauchen, ist noch nicht bekannt.
Ihre Finanzplanung haben sie zwar schon eingereicht - die zahlen sind aber noch nicht öffentlich. Die Sender hatten in den letzten Monaten aber immer wieder eine monatliche Summe von etwa 18,35 euro genannt, um Programm, Personal und Infrastruktur bezahlen zu können. Das wären dann für jeden Haushalt 10,20 Euro im Jahr zusätzlich.
Auf jeden Fall scheint ausgeschlossen, dass es günstiger wird, denn das Budget des öffentlich rechtlichen rundfunks sinke tatsächlich schon seit Jahren sagte ARD Generalsekretärin Susanne Pfab, weil Sport-, Musik- und Filmrechte zum Beispiel immer teurer werden.
Pfab: Das heißt wir sparen sowohl auf ARD-Ebene, als auch Landesrundfunkanstaltsebene schon sehr lange und sehr intensiv. Das macht sich auch immer mehr bemerkbar. Das macht sich auch darin bemerkbar, dass es nicht mehr ganz so viele Neuproduktionen gibt. Und die Kritik zum Beispiel auch dann ist: "Ihr zeigt zu viele Wiederholungen". Dann muss man eben auch an den Mengengerüsten abbauen. Aber es sind z.B. Immobilien verkauft worden, Standorte zusammengelegt worden, es sind auch die eine oder anderen netten oft eher Projekte sind gestrichen worden.
Sprecher: Die ARD spart also wo sie kann. So klingt es zumindest, wenn man den Sender fragt. Bei den Gebührenwächtern der KEF klang das zuletzt aber etwas anders. Sie hat nämlich in einem Gutachten kritisiert, dass ARD ZDF und Deutschlandradio eben nicht so viel sparen wie sie könnten. Da war zum Beispiel von gerade mal alltäglichen Optimierungsprozessen die Rede, die keinerlei Auswirkungen auf den Finanzbedarf hätten, sprich die Sparvorschläge der Sender sind eher Schein als sein. Für die Sender ist das natürlich unangenehm, denn die Gebührenwächter der KEF prüfen den Finanzbedarf nicht nur, sondern geben auch eine Empfehlung ab. Die Sender verlangen zu viel Geld zum Beispiel oder zu wenig Geld oder genauso viel Geld wie sie eben brauchen. Diese Empfehlung geht raus an die Bundesländer und dann entscheiden die Länderparlamente abschließend, wie hoch der Rundfunkbeitrag ab 2021 für vier Jahre sein wird.
Und auch die Regierungschefs der Länder sind verärgert. Im März haben sie den öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten bei ihrer letzten Ministerpräsidentenkonferenz vorgeworfen, Dass sie quasi beratungsresistent sind und Sparvorschläge der Gebührenwächter ignorieren. Das klingt nach einer schallende Ohrfeige, aber so ist es gar nicht sagte ARD Generalsekretärin Pfab. Sie behauptet, dass die Gebührenwächter nicht richtig rechnen und ihre Meinung teilweise auch geändert haben.
Pfab: Sie irrt sich zum Beispiel in dieser Einschätzung, das sei nur ein ganz normaler Optimierungsprozess. An anderer Stelle, wie zum Beispiel bei dem SAP Harmonisierungsprozess. Kompliziert aber das ist so sie müssen sich vorstellen als wenn in der ganzen Bundesrepublik Deutschland versucht würde ein gemeinsames SAP System einzuführen - alle Bundesländer arbeitem mit dem selben.Das ist ein Riesenprojekt. Da hat die KEF ihr gesagt: huch, da müßt ihr eigentlich schauen, ob ihr nicht erst noch mehr investieren müsst, bevor ihr dann die Einsparungen dann tatsächlich rausbekommt, weil das wirklich ein Riesenprojekt ist.
Sprecher: Und auch sonst ist Susanne Pfab überzeugt, dass sich die ARD eigentlich nichts vorzuwerfen hat. Bei manchen Fernsehsendungen und bei großen Sportveranstaltungen teilt man sich schon wo man kann Personal und Equipment und Studio mit dem ZDF und mehr können die Sender dann einfach nicht sparen oder kürzen, weil man sonst Sendungen streichen müsste, die den menschen aber wichtig sind.
Sie lehnt auch die Idee von Thomas Hacker ab, dem medienpolitischen Sprecher der FDP im Bundestag. Der hatte im März bei uns im "wieder was gelernt"-Podcast vorgeschlagen, dass sich ARD und ZDF doch Fußballturniere und olympische Spiele künftig ganz aufteilen könnten. Also die ARD überträgt zum Beispiel allein die Fußball-WM zweitausendzwanzig. Das ZDF übernimmt dann im gleichen Jahr die olympischen Sommerspiele und zwei Jahre später wird dann getauscht. Dann hätte man gar keine Dopplung mehr, könnte noch mehr Geld sparen und damit verhindern, dass der Rundfunkbeitrag steigt eventuell.
Pfab: Das würde ich jetzt mal bezweifeln wollen, weil Berichterstattung wird es ja trotzdem geben. Also sie haben ja beide auch die die Pflicht über das gesamte gesellschaftliche Geschehen und zu dem gehört auch Sport, zu berichten. Also werden sie vielleicht - sie können auch sagen die Liveberichterstattung macht nur der eine, aber ich glaube nicht, dass das tatsächlich kostengünstiger wäre.
Sprecher: Halten wir also fest: An den Kosten und Ausgaben da lässt sich nichts machen. Die ARD spart, wo sie kann. Auch wenn die Gebührenwächter und die Regierungschefs der Länder und viele andere das anders sehen. Aber es gibt ja noch einen zweiten großen Kritikpunkt am öffentlich rechtlichen Rundfunk, nämlich dass zu viele Seifenopern und Serien generell seichte filme und Musiksendungen im Programm laufen. Deshalb gab es die Idee, ob ARD und ZDF das Unterhaltungsprogramm nicht den privaten Fernsehsendern überlassen und sich stattdessen auf Bildung und Information und Kultur konzentrieren könnten, also auf Nachrichten und politische Berichterstattung zum Beispiel. Aber auch diesem Ansatz kann Susanne Pfab nicht viel abgewinnen.
Pfab: Es kommt auf die Funktion an. Wir sollen informieren, bilden, wissen vermitteln und unterhalten. Ob sie das nun in Form einer Reportage tun oder in Form einer historischen Serie oder in Form eines Audiohörspiels oder einer Dokumentation oder oder eines einer politischen Talkshow - es ist eigentlich relativ egal. Ist eine quiz show, ist die Sendung mit der Maus, ist das Unterhaltung oder ist es Bildung? Ist Charité Unterhaltung oder Bildung?
Sprecher: Susanne Pfab hat recht, die Sendung mit der Maus ist natürlich eine tolle show die beides schafft, sie unterhält und bildet und zwar Kinder und Erwachsene. Aber gilt das wirklich auch für Seifenopern und Kochsendungen und teuer produzierte Schlager- und Volksmusikabende? Für Susanne Pfab gehören aber auch die fest zum Programm der ARD.
Pfab: Wir haben auch den Auftrag zu unterhalten. Aber nehmen sie jetzt von mir aus die Volksmusiksendung. Abgesehen davon dass sie solche Volksmusiksendungen nirgendwo sonst in der Fernsehenlandschaft finden, sie von wahnsinnig vielen Menschen geschätzt wird und sehr sehr viele Menschen, wenn Sie sie fragen würden, als Kulturvermittlung auch wahrnehmen. Das mögen Sie und ich vielleicht subjektiv anders sehen, aber für sehr viele menschen ist Volksmusik eben auch wirklich Teil einer gelebten Kultur.
Sprecher: Auch hier gilt also: Die ARD hat sich nichts vorzuwerfen. Umso erstaunlicher dürfte es dann aber für die Verantwortlichen sein, dass so viele Menschen gegen Programm und Rundfunkbeitrag poltern, denn es sind ja nicht nur die Aufseher, die unzufrieden sind. Im März 2018 haben in einer Umfrage der Berliner Morgenpost zum Beispiel schon 39 Prozent der Befragten gesagt, dass sie dafür oder eher dafür sind, dass der Rundfunkbeitrag abgeschafft wird. Aber auch solche Umfragen haben natürlich einen Haken..
Pfab: Also ich könnte jetzt genau die umgekehrten Studien sagen - nämlich dass 74 prozent der jungen Menschen der Meinung sind ARD und ZDF leisten einen unverzichtbaren Beitrag zum Gemeinwohl. Wir haben ja auch eine reihe von eigenen umfragen immer wieder, die eigentlich das bestätigen. Aber es hängt wirklich viel von der Frage ab. Wenn sie menschen fragen "wollen sie für etwas zahlen?" dann ist das meistens eine Frage wo die Menschen drauf "nein" antworten.
Sprecher: Klar, ARD und ZDF leisten natürlich einen unverzichtbaren Beitrag zum Gemeinwohl. Das bestreitet niemand. Aber es ist eben auch nicht alles so perfekt, wie die Sender gerne behaupten. Die Kritik kommt schließlich nicht aus dem Nichts und sie stammt auch nicht von irgendwem, sondern von den Menschen, die das System sehr gut kennen, die Finanzen kontrollieren und am Ende auch entscheiden, wie viel geld es künftig für den öffentlich rechtlichen Rundfunk gibt. Umso erstaunlicher ist es, dass die Sender standhaft dabei bleiben, dass sie einen Wahnsinnsprodukt zum bestmöglichen preis abliefern. Diesen Eindruck vermitteln sie zumindest. Ein Privatunternehmen könnte sich so viel Uneinsichtigkeit und Hochnäsigkeit wahrscheinlich nicht erlauben - dann wären die Kunden längst weg bei der Konkurrenz. Das geht beim öffentlich rechtlichen Rundfunk aber bekanntlich nicht. Damit zahlen wir alle gemeinsam, ob wir wollen oder nicht.
"Wir sind deins" lautet aktuell auch das Motto der ARD. Es wäre schön wenn sie diesen Leitspruch nicht nur für Werbeheftchen benutzt.
Anmerkung:Aus Chomskys Strategien zur Manipulation:5 – Sprich zur Masse, wie zu kleinen Kindern
Die Mehrheit der Inhalte gerichtet an die öffentliche Meinung missbraucht die Art der Verkündung, durch Argumente oder sogar durch einen gönnerhaften Ton, den man normalerweise in einer Unterhaltung mit Kindern oder geistig behinderten Menschen verwendet. Je mehr man seinem Gesprächspartner das Bild vor Augen vernebeln will, umso lieber greift man auf diese Technik zurück. Warum? Wenn du zu einer Person sprichst, als ob sie 12 Jahre alt wäre, dann, aus dem Grund der Suggestion, wird mit höchster Wahrscheinlichkeit jene Person kritiklos reagieren oder antworten, als ob sie tatsächlich 12 Jahre alt wäre.