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Autor Thema: BVerfG-Urteil zur Typisierung (Studienplatzvergabe)  (Gelesen 1019 mal)

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BVerfG-Urteil zur Typisierung (Studienplatzvergabe)
Autor: 19. Dezember 2017, 13:59
Bundes- und landesgesetzliche Vorschriften über die Studienplatzvergabe für das Fach Humanmedizin teilweise mit dem Grundgesetz unvereinbar

Pressemitteilung Nr. 112/2017 vom 19. Dezember 2017
http://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2017/bvg17-112.html

Urteil vom 19. Dezember 2017
1 BvL 3/14, 1 BvL 4/14
http://www.bverfg.de/e/ls20171219_1bvl000314.html

Zitat
186
(d) Schließlich vermögen auch die Typisierungsbefugnis des Gesetzgebers und die praktischen Schwierigkeiten der Hochschulen den Verzicht auf einen Ausgleichsmechanismus für die Defizite in der länderübergreifenden Vergleichbarkeit der Abiturnoten nicht zu rechtfertigen.

187
Der Gesetzgeber verfügt zwar gerade in Massenverfahren wie der Hochschulzulassung über einen Spielraum, zur notwendigen Praktikabilität und Einfachheit des Rechts Verallgemeinerungen in Form von Generalisierungen, Pauschalierungen oder Standardisierungen vorzunehmen. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, dürfen dabei generalisierend vernachlässigt werden (vgl. BVerfGE 111, 115 <137>), auch wenn dies naturgemäß zu Lasten der Einzelfallgerechtigkeit geht (vgl. BVerfGE 84, 348 <359>; 100, 138 <174>; 103, 310 <319>; 113, 167 <236>; 126, 268 <279>; stRspr). Die erheblichen Unterschiede der Aussagekraft der Abiturnoten in den Ländern sind jedoch zu gewichtig, als dass sie unter Rückgriff auf eine generalisierende Betrachtung übergangen werden könnten.

188
Ein Ausgleichmechanismus muss für die Hochschulen auch nicht mit praktisch nicht zu bewältigenden Schwierigkeiten verbunden sein. Bereits in der Vergangenheit hat der Gesetzgeber praktikable Mechanismen vorgesehen, die auf eine annähernde Vergleichbarkeit der Abiturnoten der Länder zielten. Auch für die Abiturbestenquote sieht das geltende Recht einen Ausgleich vor. Zwar mag es sein, dass die Übertragung des für die zentrale Studienplatzvergabe derzeit vorgesehenen Landesquoten-Prinzips für das Auswahlverfahren der Hochschulen an Grenzen stößt. Ein bestimmter Mechanismus ist aber von Verfassungs wegen nicht vorgegeben. Es ist vielmehr Aufgabe des Gesetzgebers, eine Regelung zu finden, die eine annähernde Vergleichbarkeit der Noten praktikabel ermöglicht, etwa durch eine Relationierung der Noten auf Zentralebene, auf die die Hochschulen dann zurückgreifen können. Der Gesetzgeber hat dabei einen weiten Gestaltungsspielraum. Es reicht, zumindest eine annähernde Vergleichbarkeit der Abiturnoten über die Ländergrenzen hinweg herzustellen.

189
(5) Zusammenfassend fehlt es für die Ungleichbehandlung, die in dem undifferenzierten Rückgriff auf die nominelle Abiturnote als Vergabekriterium liegt, angesichts der Vernachlässigung des länderübergreifenden Vergleichbarkeitsdefizits an einem einleuchtenden, belastbaren Sachgrund. Die unbereinigte Heranziehung der Abiturdurchschnittsnote im Auswahlverfahren der Hochschulen stellt auch objektiv kein sachlich gerechtfertigtes Typisierungsmerkmal dar. Der unbereinigte Rückgriff auf Abiturnoten steht mit Blick auf das Gewicht der durch Art. 12 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG geschützten Bewerberinteressen in einem erheblichen Missverhältnis zu den durch die Regelung erreichten Verfahrensvereinfachungen.

190
Soweit sie keine Mechanismen zum Ausgleich der mangelnden länderübergreifenden Vergleichbarkeit der Abiturnoten enthalten, sind Art. 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 Buchstabe a des Staatsvertrages 2008 und die diesen umsetzenden landesrechtlichen Regelungen mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen insoweit nicht vereinbar. Das gilt auch für das Vorauswahlverfahren (Art. 10 Abs. 1 Satz 4 Staatsvertrag 2008).

Das Urteil könnte für uns brauchbar sein.
Hoffentlich erinnert sich der erste Senat an diese Grundsätze, wenn unsere Urteile gesprochen werden.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 19. Dezember 2017, 21:11 von DumbTV«

 
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