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Autor Thema: Protokoll Rundfunkrat WDR / NRW  (Gelesen 3825 mal)

M
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Protokoll Rundfunkrat WDR / NRW
Autor: 18. November 2014, 20:05
Hallo Mitstreiter!

Ich bin bei meinen Klagerecherchen auf folgendes Dokument gestoßen, welches für den ein- oder anderen sicherlich interessant sein könnte:

http://www1.wdr.de/unternehmen/gremien/rundfunkrat/rundfunkrat_rundfunkfinanzierung100.pdf

Zitat:

Zitat
Einstimmig vom WDR-Rundfunkrat in der 517. Sitzung am 14. April 2010 verabschiedet [...]

Vereinfachte Erfassung der Gebührenpflicht
Das bisherige Modell des Gebühreneinzugs stößt auf immer mehr Kritik. Ein neues Modell sollte die Feststellung der Gebührenpflicht transparenter gestalten und den Kontrollbedarf verringern. Mögliche Änderungen sind mit Blick auf europarechtliche und abgabenrechtliche Vorgaben sorgsam zu gestalten. Eine reine Haushaltsabgabe ist unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten möglicherweise problematisch. Das Know-How und die Effizienz eines gemeinsamen Dienstleistungszentrums für ARD, ZDF und Deutschlandradio hat sich bewährt.

Ich finde es äußerst interessant, dass selbst der Rundfunkrat im Jahr 2010 eine Haushaltsabgabe für fragwürdig hielt. Ich werde dieses Dokument in jedem Fall in meine Begründungen mit einbeziehen.


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Uwe

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Re: Protokoll Rundfunkrat WDR / NRW
#1: 18. November 2014, 20:41
Was sagte Eicher 2009!!

Dr. Hermann Eicher, Justiziar des SWR, „Die Rundfunkgebührenpflicht in Zeiten der Medienkonvergenz”, veröffentlicht in „Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht” 12/2009:
„Verfassungsrechtlich bedenklich ist schließlich die Reformvariante einer geräteunabhängigen Haushalts- und Betriebsstättenabgabe. Insofern ist fraglich, ob eine solche Abgabe den vom BVerfG(Vgl. BVerfGE 55 274(303 f.) = NJW 1981, 329) entwickelten Anforderungen an eine Sonderabgabe genügt und eine Inanspruchahme auch derjenigen, die kein Empfangsgerät bereithalten, vor Art. 3 I GG Bestand hätte.”


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G
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Re: Protokoll Rundfunkrat WDR / NRW
#2: 18. November 2014, 21:14
Steht auch in dem Sitzungsprotokoll:
Zitat
Das neue Modell muss aufkommensneutral sein

Aus der Begründung zum Fünfzehnten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge, Drucksache 16/700, Seite 11 (https://www.bayern.landtag.de/www/ElanTextAblage_WP16/Drucksachen/Basisdrucksachen/0000004500/0000004526.pdf):
Zitat
"Die Umwandlung der Finanzierungsform gewährleistet nach derzeitigem Kenntnisstand und auf der Grundlage des vorhandenen Datenmaterials zudem Beitragsstabilität und Aufkommensneutralität".

Aufkommensneutralität bedeutet, dass eine Gruppe von Personen nach Durchführung einer Maßnahme in ihrer Gesamtheit nicht mehr belastet ist als vorher.
Somit ist eine aufkommenneutrale Änderung z. B. von Steuersätzen klar definiert: Nach der Änderung müssen einige Personen mehr und einige Personen weniger bezahlen, die beim Staat ankommende Summe bleibt aber gleich.
Aufkommensneutralität bedeutet in anderen Gebieten als denen des Steuerrechts: ohne Mehrbelastung des Bürgers bzw. kostenneutral.

Gemäß dem 19. KEF-Bericht hat die Kommission festgestellt, dass die Umstellung der Rundfunkfinanzierung von der geräteabhängigen Rundfunkgebühr auf den geräteunabhängigen Beitrag für die Periode 2013 bis 2016 zu erheblichen Mehreinnahmen führen wird. Für die vier Jahre werden insgesamt Mehreinnahmen in Höhe von 1.145,9 Mio. € prognostiziert.
Die KEF hat empfohlen, den Rundfunkbeitrag um 73 Cent auf 17,25 € monatlich abzusenken. In diese Berechnung ist nur die Hälfte der erwarteten Mehreinnahmen eingeflossen.
Die Empfehlung der KEF soll voraussichtlich nicht vollinhaltlich umgesetzt werden und die nicht in die Berechnung einbezogene zweite Häfte der Mehreinnahmen wird überhaupt nicht berücksichtigt.

Die vom Gesetzgeber als gewährleistet zugrundegelegte Aufkommensneutralität durch den RBStV ist nachweislich nicht gegeben.
 


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"Weil es der kommerziellen Konkurrenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland so gut wie nie geht (...), müssen wir mit „Sky“ leiden." (Zitat Dr. Hermann Eicher, Justitiar des Südwestrundfunks, Gastbeitrag "Der Rundfunkbeitrag ist ein Korrektiv für Marktversagen", Handelsblatt 30.09.2012, http://www.handelsblatt.com/meinung/gastbeitraege/gastbeitrag-der-rundfunkbeitrag-ist-ein-korrektiv-fuer-marktversagen/7199338.html, Abruf: 21.08.2014)

K
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Re: Protokoll Rundfunkrat WDR / NRW
#3: 18. November 2014, 22:56
Die vom Gesetzgeber als gewährleistet zugrundegelegte Aufkommensneutralität durch den RBStV ist nachweislich nicht gegeben.

Diesen Aspekt beleuchtet Ermano Geuer in seinem Artikel "Der neue Rundfunkbeitrag aus europarechtlicher Sicht - Wann eine staatliche Beihilfe der Notifizierungspflicht gegenüber der EU-Kommission unterfällt", erschienen in: CR (Computer und Recht) 2013, 156 - 160. Hierin ist er der Ansicht:

"Die Rundfunkbeiträge fallen unter den Begriff der Beihilfe (s. 3. oben). Entscheidend ist nun, inwiefern diese eine bereits bestehende Beihilfe darstellen und inwiefern für die Beiträge eine Notifizierungspflicht besteht. Allein die fehlende Notifizierung würde letztlich zur Gemeinschaftsrechtswidrigkeit führen.

Der Begriff „neue Beihilfe” erfährt in der VerfVO keine nähere Definition; „neue Beihilfen” sind Beihilfen, die keine „bestehenden Beihilfen” oder „Änderungen” von bestehenden Beihilfen sind. Hierbei kommt es im Rahmen der Rundfunkbeiträge auf das Merkmal der „Änderung” an, also ob und inwiefern die Umstellung von der Rundfunkgebühr zum Rundfunkbeitrag als „Änderung” einzustufen ist. Hierbei reicht nicht jedwede Änderung aus, sondern es kommt vielmehr darauf an, ob die Änderung als wesentlich anzusehen ist.

Wesentlich ist eine Änderung stets dann wesentlich, wenn sich Höhe des Beihilfesatzes, der Kreis der Begünstigten oder der Gewährungszeitraum ändert. Das bedeutet, dass sobald sich der Gesamtertrag der Rundfunkfinanzierung ändert, diese als „neue Beihilfe” notifiziert werden muss. Insofern kommt es maßgeblich darauf an, ob die Änderung aufkommensneutral ist oder nicht. Die Aufkommensneutralität ist eines der Reformziele bei der Einführung des neuen Rundfunkbeitrags.

Bei der Beurteilung der Aufkommensneutralität einer Änderung kommt es nicht auf eine centgenaue Betrachtung an, sondern es besteht ein Toleranz-Spielraum i.H.v. bis zu 20 %, in dessen Rahmen sich die Beihilfe bewegen muss. Die Rundfunkbeiträge wurden der EU-Kommission nicht als neue Beihilfe notifiziert. Dies würde die Rundfunkbeiträge unionsrechtswidrig machen, sofern eine entsprechende Pflicht bestand."


Der gesamte Artikel von Ermano Geuer ist ein absolutes "must read" für all diejenigen, die sich aktiv (sei es also durch Widerspruch oder durch Klage) gegen den Rundfunkbeitrag wehren wollen.

Sofern Haucap/Normann/Benndorf/Pagel mit ihrer Schätzung in ihrer Schrift "Das Rundfunkbeitragsaufkommen nach der Reform des Rundfunkfinanzierungsmodells" Recht behalten sollten, wird das eine ganz heiße Kiste. Sie schreiben:

"Wie mehrfach erwähnt, wurde an zahlreichen Stellen in diesem Gutachten das Prinzip größter Vorsicht angewandt. Es ist daher davon auszugehen, dass das bei einem defizitlosen Vollzug tatsächlich erzielbare jährliche Rundfunkbeitragsaufkommen den Betrag von 8,37 Milliarden Euro noch signifikant übersteigen würde."

Liebe Freunde, seitdem ich hier mitlese, habe ich durch Eure Postings bereits so viel an neuem Wissen für meine eigene Situation erlangt, dass ich hoffe, hiermit ein wertvolles Posting mit weiteren Literaturangaben für Euch erstellt zu haben.

Ermano, sofern ich durch den obigen Auszug irgendwelche Urheberrechte verletzt haben sollte, sieh' es mir bitte nach. Wir kämpfen für die gleiche Sache.


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G
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Re: Protokoll Rundfunkrat WDR / NRW
#4: 19. November 2014, 00:13
Vielen Dank Knax.

Wenn man sich angesichts des vorstehenden nochmals vor Augen hält, was das VG Stuttgart am 01.10.2014 (19. KEF-Bericht datiert aus 02.2014) in seiner Urteilsbegründung geschrieben hat:
Zitat
"Europarechtlich ist der Übergang von der Rundfunkgebühr zum Rundfunkbeitrag kein Systemwechsel, der vor seinem Vollzug eine Prüfung durch die EU-Kommission erfordern würde.
In einer Mitteilung vom 20.07.2010 (IP/10/978) zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Spanien machte die EU-Kommission nochmals deutlich, dass nicht die Art der Einnahme (im konkreten Fall Steuern) sondern für die beihilferechtliche Vereinbarkeit allein maßgeblich sei, ob sich die Finanzierung auf die Netto-Betriebskosten der Rundfunkanstalt beschränke und eine Überkompensation ausgeschlossen sei."
(Quelle: http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=VG+Stuttgart&Art=en&Datum=2014&nr=18594&pos=0&anz=36, RdNr 26),

dann wird einem jeden deutlichst vor Augen geführt, was hier in der Rechtsprechung passiert. Nicht zu fassen.


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M
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Re: Protokoll Rundfunkrat WDR / NRW
#5: 19. November 2014, 00:19
Vielen Dank Knax.

Wenn man sich angesichts des vorstehenden nochmals vor Augen hält, was das VG Stuttgart am 01.10.2014 (19. KEF-Bericht datiert aus 02.2014) in seiner Urteilsbegründung geschrieben hat:
Zitat
"Europarechtlich ist der Übergang von der Rundfunkgebühr zum Rundfunkbeitrag kein Systemwechsel, der vor seinem Vollzug eine Prüfung durch die EU-Kommission erfordern würde.
In einer Mitteilung vom 20.07.2010 (IP/10/978) zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Spanien machte die EU-Kommission nochmals deutlich, dass nicht die Art der Einnahme (im konkreten Fall Steuern) sondern für die beihilferechtliche Vereinbarkeit allein maßgeblich sei, ob sich die Finanzierung auf die Netto-Betriebskosten der Rundfunkanstalt beschränke und eine Überkompensation ausgeschlossen sei."
(Quelle: http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprechung/document.py?Gericht=bw&GerichtAuswahl=VG+Stuttgart&Art=en&Datum=2014&nr=18594&pos=0&anz=36, RdNr 26),

dann wird einem jeden deutlichst vor Augen geführt, was hier in der Rechtsprechung passiert. Nicht zu fassen.

Na, das kann ich in meiner Klage doch noch gut verarbeiten. Ich wollte sie sowieso noch um euro-rechtliche Fragen erweitern. Derzeit bin ich erst bei 7 Seiten. Es dürfen durchaus mehr werden! Vielen Dank!


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