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Autor Thema: Beugehaft - Was wäre wenn?  (Gelesen 2326 mal)

K
  • Beiträge: 1
Beugehaft - Was wäre wenn?
Autor: 12. August 2014, 19:07
Hallo,

Sagen wir Person A wohnt in NRW, hat den Beitragsbescheiden (2 im letzten Jahr) 2 x widersprochen -  hat aber bisher, wie wir wissen, nichts gebracht: Person A bekam das Standartantwortschreiben... bis her bekam Person A seitdem nur Bettelbriefe und KEINE Mahnung, ist sich aber sicher, dass diese im Laufe des Jahres noch  folgen wird.
Person A ist Student, bezieht kein Bafög, ist nicht Berufstätig (Gehaltspfändung..), noch bezieht sie ALG2 (klar) oder sonstige staatliche Hilfsleistungen.
Person A wird nicht bezahlen ABER ist ebenfalls entschlossen, die eidesstattliche Versicherung zu verweigern. Der GV wird freundlich begrüßt und unter Zeugen in die Wohung gelassen. Person A besitzt nichts, dass die sich über 2 Jahre angesammelten bei einer Pfändung abgelten würde.
(bei der über die BAFIN eingeholten Auskünfte betreffend der Konten, wird sich ein ähnliches Bild abzeichnen, alles unterhalb der Pfändungsgrenze)

Person A wird dem GV nicht auf die Nerven fallen aber mit Nachdruck darauf hinweisen, dass sie sich nicht einschüchtern lässt, die Beugehaft akzeptabel ist und die Aktion als politischer Protest gewertet werden soll; sie hat einfach keine Lust mehr sich für dumm verkaufen zu lassen und ist bereit, die Konsequenzen für diesen zivilen Ungehorsam zu tragen. Person A möchte einfach so wenig wie möglich mit der Abzockmaschine kooperieren, eine Aufschlüsselung sämtlicher Einkommen und Vermögenswerte betrachtet sie als Nötigung.

Person A ist sich natürliuch im klaren darüber, dass die "öffentlichen Schulden" (für die Dienstleistung die sie nicht in Anspruch nehmen wollte)
nach der Beugehaft nicht aus der Welt sind und der Spaß nach einigen Jahren wieder beginnen kann. Sei es drum.

Person A hat zwei Fragen:

1.  Hat jemand Erfahrung mit dem Prinzip der Beugehaft? Kommt es auf Richter oder Kooperationsbereitschaft an, wie lange sie dauert oder orientiert sie sich am geschuldeten Betrag?

2. Meint ihr ein Gespräch mit dem zuständigen GV ist im Vorfeld ratsam, aufschlussreich?

Beste Grüße

PS. Person A weiß, dass dieser Weg nicht gangbar ist für die meisten. Viele stecken in finanziellen Abhängigkeitsverhältnissen oder müssen sich um die Eltern / Kinder kümmern... dennoch ist sie sich im klaren darüber, dass der Laden zusammenbricht, wenn die Menschen die Angst vor der letzten Trumpfkarte des Systems verlieren und maximalen passiven Widerstand leisten (= man kann nicht zehntausende Menschen einsperren, die Kapazitäten hat das System nicht und irgendwann leidet auch die geliebte und auf Wachstum basierende Wirtschaft).


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 12. August 2014, 19:17 von Kalzifer«

R
  • Beiträge: 375
Re: Beugehaft - Was wäre wenn?
#1: 12. August 2014, 20:08
A sollte vorsorglich sein Girokonto in ein Pfändungsschutzkonto umwandeln und alle anderen Konten abräumen. Ansonsten sollte auch eine schlechte Schufa nicht schrecken. (Kann z.B. bei der Wohnungssuche hinderlich sein).

Die Kontoauskunft an das Bundesamt für Finanzen greift erst ab 500 EUR Rückstand.

Ansonsten sollte A noch überlegen, ob ein Härtefallantrag sinnvoll ist, siehe das für den Kläger obsiegende Urteil des VerwG Berlin Urteil - Az. 27 K 201.12 trifft den Sachverhalt von Person A zwar nicht komplett, aber koppelt die Härtefallklausel vom Bescheid der Sozialbehörde ab. Im jeden Fall muss der Nachweis erbracht werden, dass kein Bafög bzw. ALG 2 Anspruch besteht.
Zitat


Leitsatz

    1) Es besteht kein Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebühren-/-Beitragspflicht, wenn die sozialhilferechtlich anzusetenden Einkünfte des Abgabenschuldners unter dem Regelbedarf liegen (wie Urteil vom 3 Juli 2013 - VG 27 K 35/13)

    2) Bei der Prüfung der Befreiung von der Rundfunkgebühren-/-Beitragspflicht aus Härtegründen sind für die Ermittlung der Höhe des Regelbedarfs auch dann die tatsächlichen Kosten der Unterkunft anzusetzen, wenn das Sozialamt stattdessen nur die angemessenen Kosten der Unterkunft zugrundelegt

Tenor

    Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Februar 2012 und des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 2012 verpflichtet, den Kläger von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

    Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

    Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 VwGO).


(...)
Entscheidungsgründe
(...)
12

    Nach der Rechtsprechung der Kammer (zuletzt Urteil vom 3. Juli 2013, - 27 K 35.13) besteht ein Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebühren-/Beitragspflicht aus Härtegründen, wenn die Einkünfte des auch vermögenslosen Abgabenschuldners unter dem sozialhilferechtlichen Regelsatz liegen, er aber keinen Anspruch auf ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat. So liegt der Fall hier:

13

    Nach der vorgelegten sozialbehördlichen Bescheinigung vom 23. Juli 2013 sind auf der „Haben“-Seite für den Kläger nur seine monatlichen Renteneinkünfte, abzüglich der Haftpflichtversicherung (5,19 €) anzusetzen, damit für Januar bis Juni 2012 monatlich 877,25 €, danach bis jetzt 898,29 €. Dem steht auf der Bedarfsseite der Regelsatz (2012: 374 €, 2013: 382 €) und die nicht im Regelsatz enthaltenen (§ 28 Abs. 1 S. 1 SGB XII) Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gegenüber. Diese betragen, wie vom Kläger durch Vorlage des Mietvertrages nachgewiesen, monatlich 531,- €, so dass die Einkünfte des Klägers sowohl im Jahre 2012 den Bedarf (905 €) als auch 2013 (913 €) unterschritten. Der Kläger hat zugleich nachgewiesen, dass er dennoch keine ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt erhält, weil das Sozialamt statt der tatsächlich vom Kläger monatlich aufzuwendenden 531,- € seiner Bedarfsberechnung nur 399,- € zugrundelegt.

14

    Ob das Sozialamt im Falle des Klägers nach § 29 Abs. 1 S. 2 - 5 SGB XII berechtigt ist, statt der tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft nur „angemessene Aufwendungen" als sozialrechtlichen Bedarf anzuerkennen, ist hier nicht entscheidungserheblich. Maßgeblich ist allein, dass der Kläger tatsächlich monatlich 531,- € für seine Unterkunft aufzubringen hat und deshalb sein nach Abzug der tatsächlichen Kosten der Unterkunft verbleibendes Einkommen unter dem sozialrechtlichen Regelsatz liegt. Damit besteht ein Anspruch auf Rundfunkgebühren- bzw, - Beitragsbefreiung nach § 6 Abs. 3 RGebStV bzw. - ab Januar 2013 – § 4 Abs. 6 RBStV. Denn der sozialhilferechtliche Regelsatz stellt das zur Führung eines menschenwürdigen Lebens erforderliche Existenzminimum dar, das nicht durch die Pflicht zur Zahlung von Rundfunkgebühren bzw.-Beiträgen verkürzt werden darf. Dies hat das Gericht bereits in der vorgenannten Entscheidung (Urteil vom 3. Juli 2013 - 27 K 35.13 -S. 7/8) wie folgt begründet:
(...)


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 13. August 2014, 04:15 von Bürger«
"Eine Abgabe ist jedenfalls immer dann eine Steuer und kein Beitrag, wenn sie Begünstigte und Nichtbegünstigte zur Finanzierung einer staatlichen Leistung heranzieht" (Paul Kirchhoff)

 
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