So habe ich das nicht verstanden. Behinderte Menschen, wie ich eben auch, habe schon genug Nachteile.
Das Thema hatten wir hier vor langem. Ein Urteil des Bundessozialgerichtes ( B 9 SB 2/00 R vom 28.6.2000) schaffte
den Nachteilausgleich für Behinderte ab, weil "die deutsche Bevölkerung unabhängig von Behinderungen nahezu vollständig Rundfunk hört und fernsieht" [sic]. Das abstruse Argument des Gerichtes ist so zu verstehen: da
der Behinderte auch dann Rundfunk konsumieren würde, wenn er nicht behindert wäre, ist der Nachteilausgleich ein Vorteil und ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Aus diesem Grund gibt es beim heutigen Rundfunkbeitrag *keinen*
Nachteilsausgleich. Die Ermäßigungen und Befreiungen sind anscheinend, weil Behinderte nachweislich weniger konsumieren können, weil der Blinde Radio und Fernsehen nur hören kann, weil der Taube nur das Fernsehen sehen
(aber nicht hören) kann, weil der Taubblinde weder hören noch sehen kann. Diese Ausnahmen sind wahrscheinlich
dafür geschafft, um den Beitrag von einer Steuer abzugrenzen. Ihnen wird es aber ebenso wie den anderen
etwas in Rechnung gestellt, weil sie eine "abstrakte Möglichkeit" haben.
Da aber jetzt das ganze völlig unabhängig von der Nutzung sein soll, sollte man die Voraussetzung, dass die
deutsche Bevölkerung unabhängig von Behinderungen nahezu vollständig Rundfunk hört und fernsieht, mit
der Voraussetzung ersetzten, dass die deutsche Bevölkerung unabhängig von Behinderungen nahezu vollständig
einen Dach über den Kopf hat. Und dann folgt man der Logik des Urteils und fragt man sich: warum sollen
Behinderte anders behandelt werden? Sie hätten doch auch dann ein Dach über den Kopf, wenn sie nicht behindert
wären.
Die Argumentation mag grausam klingen, aber es geht um die Logik. Wenn das Bundessozialgericht so argumentiert,
dann argumentiere ich genau so. Das irre besteht nicht in der Logik, sondern in der Voraussetzung, dass jeder
Rundfunk konsumiert, und in der Bindung von Wohnung mit Rundfunk. Man kann diese Argumentation als
reductio ad absurdum dieser Voraussetzung und dieser Bindung sehen.
Ich frage Dich: brauchst Du Rundfunk wegen Nachteilausgleich? Eben nicht! Du schreibst es: Rundfunk schadet Deiner
Gesundheit. Rundfunk schadet auch mir, der nicht behindert ist: es ist eine schädliche Droge. Aber wir müssen wegen
der "abstrakten Möglichkeit" zahlen, unabhängig davon, wie wir die Wirkung von Rundfunk betrachten. Es ist eben
ein Zwangsbeitrag.