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Autor Thema: BFH IX B 35/23 - Dem Gericht ist es verboten, Prozessinhalt zu ignorieren  (Gelesen 466 mal)

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Vorabhinweis:
Die Aussagen des Bundesfinanzhofes, dem Bundesgericht in Finanzfragen, haben Auswirkungen auf alle anderen Bundesgerichte, zwecks Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung im Bunde gemäß §2 RsprEinhG. Insofern ist es unerheblich, daß die Aussagen nicht konkret Rundfunkbelange betreffen, zudem daran erinnert sei, daß im Land Berlin auch in Belangen des Rundfunkbeitrages der Finanzrechtsweg gegeben ist.

Lt. Bundesfinanzhof ist es dem Finanzgericht verboten, von den Klagebeteiligten eingebrachten Prozesstoff zu ignorieren; das Finanzgericht hat jeden eingebrachten Prozessstoff zu behandeln, denn es hat die "Pflicht zur vollständigen Berücksichtigung des Streitstoffes".

Beschluss vom 09. April 2024, IX B 35/23
Nichtzulassungsbeschwerde: Verfahrensfehler, Pflicht zur vollständigen Berücksichtigung des Streitstoffs
https://www.bundesfinanzhof.de/de/entscheidung/entscheidungen-online/detail/STRE202450064/

Zitat
Leitsätze

1. NV: Das Gesamtergebnis des Verfahrens umfasst den gesamten durch das Klagebegehren begrenzten und durch die Sachaufklärung des Gerichts und die Mitverantwortung der Beteiligten konkretisierten Prozessstoff.

2. NV: § 129 der Abgabenordnung ist nicht anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht.

Zitat
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a) Nach § 96 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 FGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Das Gesamtergebnis des Verfahrens umfasst den gesamten durch das Klagebegehren begrenzten und durch die Sachaufklärung des Gerichts und die Mitverantwortung der Beteiligten konkretisierten Prozessstoff (BFH-Beschlüsse vom 04.02.2021 - VIII B 38/20, Rz 3 und vom 20.09.2022 - VIII B 135/21, Rz 4). Das Gesamtergebnis des Verfahrens wird insbesondere konkretisiert durch die Schriftsätze der Beteiligten, ihr Vorbringen in der mündlichen Verhandlung sowie in einem etwaigen Erörterungstermin, ihr Verhalten, die den Streitfall betreffenden Steuerakten, beigezogene Akten eines anderen Verfahrens, vom Gericht eingeholte Auskünfte, Urkunden und die aufgrund einer gegebenenfalls durchgeführten Beweisaufnahme gewonnenen Beweisergebnisse. Auch offenkundige und gerichtsbekannte Tatsachen sind zu berücksichtigen (BFH-Beschlüsse vom 23.04.2020 - X B 156/19, Rz 10 und vom 20.09.2022 - VIII B 135/21, Rz 4). Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten liegt unter anderem dann vor, wenn das FG eine nach Aktenlage feststehende Tatsache, die richtigerweise in die Beweiswürdigung hätte einfließen müssen, unberücksichtigt lässt (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 14.10.2020 - IX B 33/20, Rz 3).

Nicht ohne Grund wird seit Jahren "gepredigt", das im Forum zur Genüge vorhandene und auch für Rundfunkbelange relevante Unionsrecht, wie es vom EuGH ausgelegt wird, in die Klagen einzubauen.

Querverweis:
Gesetz zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der obersten Gerichtshöfe des Bundes
§ 2 Zuständigkeit

https://www.gesetze-im-internet.de/rspreinhg/__2.html

Zitat
(1) Der Gemeinsame Senat entscheidet, wenn ein oberster Gerichtshof in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen will.

(2) Sind nach den Gerichtsverfassungs- oder Verfahrensgesetzen der Große Senat oder die Vereinigten Großen Senate eines obersten Gerichtshofs anzurufen, so entscheidet der Gemeinsame Senat erst, wenn der Große Senat oder die Vereinigten Großen Senate von der Entscheidung eines anderen obersten Gerichtshofs oder des Gemeinsamen Senats abweichen wollen.

Dieses wiederum stützt sich auf

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 95

https://www.gesetze-im-internet.de/gg/art_95.html

Zitat
(3) Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist ein Gemeinsamer Senat der in Absatz 1 genannten Gerichte zu bilden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Es könnte daher bereits selbst verfassungsgwidrig sein und daher mit der Verfassungsbeschwerde angreifbar, wenn ein Bundesgericht von der Rechtsprechung eines anderen Bundesgerichtes abweicht, ohne vorher diesen gemeinsamen Senat einberufen und gehört zu haben?

Das BVerfG ist in diesen gemeinsamen Senat übrigens gemäß Abs 1 dieses Art 95 GG nicht eingebunden, der BFH schon.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 28. April 2024, 09:55 von pinguin«
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