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Autor Thema: EuGH C-51/15 - Begriff "öffentlicher Auftrag"  (Gelesen 559 mal)

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EuGH C-51/15 - Begriff "öffentlicher Auftrag"
Autor: 01. November 2022, 12:23
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)
21. Dezember 2016(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 4 Abs. 2 EUV – Achtung der nationalen Identität der Mitgliedstaaten, wie sie in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmäßigen Strukturen einschließlich der lokalen und regionalen Selbstverwaltung zum Ausdruck kommt – Interne Organisation der Mitgliedstaaten – Gebietskörperschaften – Rechtsinstrument zur Gründung einer neuen Einrichtung des öffentlichen Rechts und zur Regelung der Übertragung von Befugnissen und Zuständigkeiten im Hinblick auf die Erfüllung öffentlicher Aufgaben – Öffentliche Aufträge – Richtlinie 2004/18/EG – Art. 1 Abs. 2 Buchst. a – Begriff ‚öffentlicher Auftrag‘“

In der Rechtssache C-51/15

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=186497&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=316139

Zitat
43      Nur ein entgeltlicher Vertrag kann einen öffentlichen Bauauftrag im Sinne der Richtlinie 2004/18 darstellen, wobei dieser entgeltliche Charakter impliziert, dass der öffentliche Auftraggeber, der einen öffentlichen Auftrag vergibt, gemäß diesem Auftrag gegen eine Gegenleistung eine Leistung erhält, die für den öffentlichen Auftraggeber von unmittelbarem wirtschaftlichen Interesse ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. März 2010, Helmut Müller, C-451/08, EU:C:2010:168, Rn. 47 bis 49). Wie der Generalanwalt in Nr. 36 seiner Schlussanträge ausführt, ist das Synallagma des Vertrags somit ein wesentliches Merkmal eines öffentlichen Auftrags.

Entsprechende Aussage aus einer weiteren Entscheidung:

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)
28. Mai 2020(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Öffentliche Aufträge – Richtlinie 2014/24/EU – Art. 2 Abs. 1 Nr. 5 – Art. 12 Abs. 4 – Art. 18 Abs. 1 – Begriff ‚entgeltlicher Vertrag‘ – Vertrag zwischen zwei öffentlichen Auftraggebern, die ein gemeinsames Ziel von öffentlichem Interesse verfolgen – Überlassung einer Software zur Koordinierung von Feuerwehreinsätzen – Keine finanzielle Gegenleistung – Verknüpfung mit einer Kooperationsvereinbarung, die die gegenseitige und kostenfreie Überlassung zusätzlicher Module der Software vorsieht –Gleichbehandlungsgrundsatz – Verbot, ein privates Unternehmen besserzustellen als seine Wettbewerber“


In der Rechtssache C-796/18

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=226863&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=316313

Zitat
40      Folglich kann ein Vertrag nur dann als „öffentlicher Auftrag“ im Sinne der genannten Bestimmung eingestuft werden, wenn er als entgeltlicher Vertrag geschlossen ist und damit impliziert, dass der öffentliche Auftraggeber, der einen öffentlichen Auftrag vergibt, gemäß diesem Vertrag gegen eine Gegenleistung eine Leistung erhält, die für ihn von unmittelbarem wirtschaftlichen Interesse ist. Zudem muss der Vertrag synallagmatisch sein, da dies ein wesentliches Merkmal eines öffentlichen Auftrags ist (vgl. entsprechend Urteil vom 21. Dezember 2016, Remondis, (C-51/15, EU:C:2016:985, Rn. 43).


Da stellt sich doch die Frage, ob die ÖRR wirksam mit der Erbringung von Rundfunkdienstleistungen beauftragt worden sind, und ob dieses im Unionsrahmen notwendig wäre? Klargestellt ist, daß ein "öffentlicher Auftrag" offenbar nicht per Gesetz vergeben werden kann, da es zur Erfüllung der Begrifflichkeit "öffentlicher Auftrag" eines entgeltlichen Vertrages bedarf.

Hierzu hat es wiederum in einer weiteren Entscheidung eine Aussage:

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)
19. Dezember 2012(*)

„Öffentliche Aufträge – Richtlinie 2004/18/EG – Art. 1 Abs. 2 Buchst. a und d – Dienstleistungen – Erforschung und Bewertung der Erdbebenanfälligkeit von Krankenhausanlagen – Vertrag zwischen zwei öffentlichen Einrichtungen, darunter einer Universität – Öffentliche Einrichtung, die als Wirtschaftsteilnehmer angesehen werden kann – Entgeltlicher Vertrag – Gegenleistung, die die getragenen Kosten nicht übersteigt“

In der Rechtssache C-159/11

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=131982&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=329246

Zitat
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

Das Recht der Union über die Vergabe öffentlicher Aufträge steht einer nationalen Regelung entgegen, die es erlaubt, ohne Ausschreibung einen Vertrag zu schließen, mit dem öffentliche Einrichtungen eine Zusammenarbeit vereinbaren, wenn – was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist – ein solcher Vertrag nicht die Wahrnehmung einer diesen Einrichtungen gemeinsam obliegenden öffentlichen Aufgabe zum Gegenstand hat, nicht nur durch Erfordernisse und Überlegungen bestimmt wird, die mit der Verfolgung von im öffentlichen Interesse liegenden Zielen zusammenhängen, oder geeignet ist, einen privaten Dienstleistungserbringer besser zu stellen als seine Wettbewerber.
Eine Ausschreibung in Belangen ÖRR würde es nicht benötigen, einen Vertrag aber schon?

Richtlinie 2004/18/EG enthält den Begriff "Rundfunk" und gilt nur für jene öffentlichen Aufträge nicht, die der Rundfunk selber vergibt.

Hinweise:
->

Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG Text von Bedeutung für den EWR
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32014L0024&qid=1667301065658

Zitat
(23)
Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge über bestimmte audiovisuelle und Hörfunkmediendienste durch Mediendiensteanbieter sollten besondere kulturelle und gesellschaftspolitische Erwägungen berücksichtigt werden können, die die Anwendung von Vergabevorschriften unangemessen erscheinen lassen. Aus diesen Gründen sollte eine Ausnahme für die von den Mediendiensteanbietern selbst vergebenen öffentlichen Dienstleistungsaufträge vorgesehen werden, die den Ankauf, die Entwicklung, die Produktion oder die Koproduktion von sendefertigem Material sowie andere Vorbereitungsdienste zum Gegenstand haben, wie z. B. Dienste im Zusammenhang mit den für die Produktion von Sendungen erforderlichen Drehbüchern oder künstlerischen Leistungen. Es sollte ferner klargestellt werden, dass diese Ausnahme gleichermaßen für Rundfunk-Mediendienste wie für Abruf (on-demand) -dienste (nichtlineare Dienste) gelten sollte. Diese Ausnahme sollte jedoch nicht für die Bereitstellung des für die Produktion, die Koproduktion und die Ausstrahlung dieser Sendungen erforderlichen technischen Materials gelten.

Zitat
Artikel 1
Gegenstand und Anwendungsbereich


(1)   Mit dieser Richtlinie werden Regeln für die Verfahren öffentlicher Auftraggeber bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Durchführung von Wettbewerben festgelegt, deren geschätzter Wert nicht unter den in Artikel 4 genannten Schwellenwerten liegt.

(2)   Auftragsvergabe im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet den im Wege eines öffentlichen Auftrags erfolgenden Erwerb von Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen durch einen oder mehrere öffentliche Auftraggeber von Wirtschaftsteilnehmern, die von diesen öffentlichen Auftraggebern ausgewählt werden, unabhängig davon, ob diese Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen für einen öffentlichen Zweck bestimmt sind oder nicht.

(3)   Die Anwendung dieser Richtlinie unterliegt Artikel 346 AEUV.

(4)   Diese Richtlinie berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten, im Einklang mit dem Unionsrecht festzulegen, welche Leistungen sie als von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erachten, wie diese Dienstleistungen unter Beachtung der Vorschriften über staatliche Beihilfen organisiert und finanziert werden sollten und welchen spezifischen Verpflichtungen sie unterliegen sollten. Gleichermaßen berührt diese Richtlinie nicht die Entscheidung öffentlicher Stellen darüber, ob, wie und in welchem Umfang sie öffentliche Aufgaben gemäß Artikel 14 AEUV und gemäß Protokoll Nr. 26 selbst wahrnehmen wollen.

(5)   Diese Richtlinie berührt nicht die Art und Weise, in der die Mitgliedstaaten ihre Systeme der sozialen Sicherheit gestalten.

(6)   Vereinbarungen, Beschlüsse oder andere Rechtsinstrumente, die die Übertragung von Befugnissen und Zuständigkeiten für die Ausführung öffentlicher Aufgaben zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Gruppen von öffentlichen Auftraggebern regeln und die keine Vergütung für vertragliche Leistungen vorsehen, werden als Angelegenheit der internen Organisation des betreffenden Mitgliedstaats betrachtet und als solche nicht von dieser Richtlinie berührt.

->
Definition: Synallagma

https://de.wikipedia.org/wiki/Synallagma

Zitat
Synallagma (von griechisch ?? ?? ?? ?? ?? „Tausch, Handel“) ist ein Begriff des deutschen Schuldrechts und bedeutet gegenseitiger Vertrag. Bezeichnet wird damit das Gegenseitigkeits- oder Austauschverhältnis zweier Leistungen beim Vertrag. Der eine Teil leistet, damit er die Gegenleistung (das Entgelt) bekommt und umgekehrt. Dies ist das Prinzip des do ut des (lateinisch: „Ich gebe, damit du gibst“).


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 01. November 2022, 12:34 von pinguin«
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