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Autor Thema: EuGH C-160/08 - Ergebnis d. Vergabe d. öffentl. Auftrages ist z. veröffentlichen  (Gelesen 647 mal)

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Diese Entscheidung hat nicht direkt etwas mit Rundfunk zu tun, aber es geht ebenfalls um einen dem Landesrecht unterfallenden Sachverhalt, der Gestaltung des Rettungsdienstes, der zur Vertragsverletzungsklage führte und insofern vergleichbar zu den Rundfunkbelangen ausgewertet werden könnte? Es wird nämlich die gleiche Problematik der hoheitlichen Befugnisse diskutiert, die dem ÖRR ja gerne zugestanden werden, die vom EuGH aber auch hier wegen des Wettbewerbscharakters des Rettungsdienstes schlicht verneint worden sind.

Darüberhinaus ist die Aussage des EuGH interessant, wie sie aus dem letzten Satz des Leitsatzes 1 hervorgeht, daß das Ergebnis der Vergabe eines öffentlichen Ausschreibung selbst zu veröffentlichen ist.

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)
29. April 2010(*)

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Art. 43 EG und 49 EG – Richtlinien 92/50/EWG und 2004/18/EG – Öffentliche Rettungsdienste – Notfalltransport und qualifizierter Krankentransport – Transparenzgebot – Art. 45 EG – Tätigkeiten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind – Art. 86 Abs. 2 EG – Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“

In der Rechtssache C-160/08

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=84478&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=230819

Zitat
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Bundesrepublik Deutschland hat im Rahmen der Vergabe von Aufträgen über öffentliche Notfall- und qualifizierte Krankentransportleistungen nach dem Submissionsmodell in den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Sachsen dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 10 der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge in Verbindung mit Art. 16 dieser Richtlinie bzw., seit 1. Februar 2006, aus Art. 22 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge in Verbindung mit Art. 35 Abs. 4 dieser Richtlinie verstoßen, dass sie keine Bekanntmachungen über die Ergebnisse des Verfahrens zur Auftragsvergabe veröffentlicht hat. [...]

Zitat
107    Die Feststellung einer behaupteten Vertragsverletzung auf der Grundlage einer in einem Mitgliedstaat bestehenden Verwaltungspraxis setzt allerdings einen hinreichend dokumentierten und detaillierten Nachweis der gerügten Praxis durch die Kommission voraus. Daraus muss sich ergeben, dass sich diese Verwaltungspraxis bis zu einem bestimmten Grad verfestigt hat und allgemein beachtet wird. Die Kommission kann sich hierfür nicht auf irgendeine Vermutung stützen (vgl. Urteile vom 7. Juni 2007, Kommission/Griechenland, C-156/04, Slg. 2007, I-4129, Randnr. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 19. März 2009, Kommission/Griechenland, Randnr. 48).

Zitat
108    Hat die Kommission genügend Anhaltspunkte dafür beigebracht, dass sich bei den Behörden des beklagten Mitgliedstaats eine wiederholt angewandte, fortbestehende Praxis herausgebildet hat, die gegen das Unionsrecht verstößt, muss dieser Mitgliedstaat die angeführten Tatsachen und deren Folgen substantiiert bestreiten (vgl. Urteile vom 26. April 2005, Kommission/Irland, C-494/01, Slg. 2005, I-3331, Randnr. 47, und vom 25. Oktober 2007, Kommission/Irland, Randnr. 69).
Der Bundesrepublik Deutschland ist es nicht gelungen, die Vorwürfe der Kommission zu entkräften.

Zitat
109    Im vorliegenden Fall hat die Bundesrepublik Deutschland, wie aus den Randnrn. 95 bis 104 des vorliegenden Urteils hervorgeht, gegenüber den Tatsachenbehauptungen der Kommission betreffend wiederholte Verstöße gegen das Unionsrecht im Rahmen der Vergabe von Aufträgen über öffentliche Krankentransportleistungen in den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Sachsen die Richtigkeit der behaupteten Tatsachen nicht entkräften können. Sie hat auch nichts dafür vorgetragen, dass in diesen Bundesländern bei anderen nach dem Submissionsmodell vergebenen Aufträgen das Unionsrecht über öffentliche Aufträge eingehalten worden wäre.

Zitat
80      Im vorliegenden Fall ist vorab zu betonen, dass der Beitrag zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, zu dem jeder verpflichtet sein kann, insbesondere indem er einer Person in lebens- oder gesundheitsbedrohender Lage Hilfe leistet, für eine Teilhabe an der Ausübung öffentlicher Gewalt nicht ausreicht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. Oktober 1998, Kommission/Spanien, C-114/97, Slg. 1998, I-6717, Randnr. 37, und Kommission/Italien, Randnr. 38).
Auch hier drängt sich der Vergleich zum ÖRR förmlich auf? Daß der ÖRR im Interesse aller ist, (mal unterstellt, es wäre so), reicht für eine Teilhabe an der Ausübung öffentlicher Gewalt nicht aus.

Zitat
89      Zweitens hat die Bundesrepublik Deutschland das Vorbringen der Kommission nicht bestritten, dass es sich bei den Gebietskörperschaften, die die einzelnen in der Klage bezeichneten Aufträge erteilt haben, um Auftraggeber im Sinne von Art. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/50 bzw. Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18 handelt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. November 2004, Kommission/Deutschland, C-126/03, Slg. 2004, I-11197, Randnr. 18).
Die Länder sind als Gebietskörperschaft also auch in Belangen des ÖRR Auftraggeber im Sinne der in Rn. 89 benannten Richtlinie?

Zitat
99      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass eine Änderung des ursprünglichen Auftrags u. a. dann als wesentlich und somit als neue Auftragsvergabe im Sinne der Richtlinie 92/50 bzw. der Richtlinie 2004/18 angesehen werden kann, wenn sie den Auftrag in großem Umfang auf ursprünglich nicht vorgesehene Dienstleistungen erweitert (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Juni 2008, pressetext Nachrichtenagentur, C-454/06, Slg. 2008, I-4401, Randnr. 36).
Für die Belange des Rundfunks könnte das ebenfalls von Bedeutung sein, denn es darf offenbar keine automatische Erweiterung des Auftrages geben, siehe bspw. ÖRR im Internet?


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 Dank an @pinguin . Aufgenommen mit nachstehendem Text in das Fachgutachten "Metastudie LIBRA".
Dort erfolgt wieder mehr Aktualisierung wegen Vorbereitung der bundesweiten Landesverfassungsbeschwerden gegen den "Miedenstaatsvertrag 2022".

Zitat
PWVP5.   Ausschreibungsergebnisse zu veröffentlichen.
PWVP5.a) Ausschreibungsergebnisse und Entscheidgrundlagen sind öffentlich zugänglich zu machen.

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"Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Bundesrepublik Deutschland hat im Rahmen der Vergabe von Aufträgen über öffentliche Notfall- und qualifizierte Krankentransportleistungen nach dem Submissionsmodell in den Bundesländern Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Sachsen dadurch
gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 10 der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge
in Verbindung mit Art. 16 dieser Richtlinie bzw., seit 1. Februar 2006,
aus Art. 22 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge
in Verbindung mit Art. 35 Abs. 4 dieser Richtlinie
verstoßen, dass sie keine Bekanntmachungen über die Ergebnisse des Verfahrens zur Auftragsvergabe veröffentlicht hat. [...]

PWVP5.b) Wenn Ausschreibungen mit dem Hintergedanken der Vergabe an "Amigos" erfolgen
oder auch einfach an besonders bewährte bisherige Partner, so gibt es einige Wege, dies Ziel zu erreichen. Manches ist davon ist grenzwertig oder eindeutig unzulässig. Dann liegt es nah, möglichst wenig zu verlautbaren. Klassisch ist das Instrument der Teilnehmerbeschränkung oder Auflage der Benutzung von Software, die nur einer der Bewerber überhaupt unter Lizenz hat. Es wird dann regelmäßig versucht werden, derartige Aspekte zu verschleiern.

Verletzung des Ausschreibungsrechts ist anfechtbar und schließlich ist einiges einklagbar. Wenn aber andere Wettbewerber die Selektionsbewertung und das Ergebnis nicht erfahren können, so ist können sie ihr Recht der Klage vor Geeicht nicht effizient ausüben.

Bei der typischen Vetternwirtschaft. wie für die staatsnahen ARD, ZDF usw. durch die Presse belegt, könnte oft eine Verletzung der Veröffentlichungspflicht vorliegen. Für diese Problemfälle hilft der EuGH-Entscheid wie zuvor dargelegt.


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