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Autor Thema: EuGH C-261/01 - Meldepflicht einer Beihilfe umfasst auch d. Finanzierungsweise  (Gelesen 629 mal)

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Hinweis:
Reihenfolge einiger Rn. bewusst umgeändert.


URTEIL DES GERICHTSHOFES
21. Oktober 2003(1)

„Durch parafiskalische Abgaben finanzierte Beihilfen - Pflichtbeitrag zur Finanzierung eines Fonds für die Tiergesundheit und -erzeugung - Rückwirkende Beiträge - Gültigkeit einer Entscheidung der Kommission auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen - Zuständigkeit der Kommission“

In den verbundenen Rechtssachen C-261/01 und C-262/01

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=48339&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4010505

Rn. 46
Zitat
Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass nach Artikel 92 EG-Vertrag die Kommission die eigentliche Beihilfe nicht von ihrer Finanzierungsweise trennen und diese nicht außer Betracht lassen darf, wenn ihre Verbindung mit der eigentlichen Beihilfe zur Unvereinbarkeit des Ganzen mit dem Gemeinsamen Markt führt (Urteil vom 25. Juni 1970 in der Rechtssache 47/69, Frankreich/Kommission, Slg. 1970, 487, Randnr. 4).

Rn. 52
Zitat
Da die Meldepflicht auch die Finanzierungsweise der Beihilfe umfasst, müssen die Folgen der Missachtung von Artikel 93 Absatz 3 Satz 3 EG-Vertrag durch die staatlichen Stellen auch für diesen Aspekt der Beihilfe gelten.

Rn. 48
Zitat
Wenn sich herausstellt, dass eine Abgabe, die speziell der Finanzierung einer Beihilfe dient, mit anderen Bestimmungen des EG-Vertrags, z. B. den Artikeln 9 und 12 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 23 EG und 25 EG) oder Artikel 95 EG-Vertrag, unvereinbar ist, kann die Kommission die Beihilferegelung, deren Bestandteil die Abgabe ist, nicht für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklären (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Mai 1980 in der Rechtssache 73/79, Kommission/Italien, Slg. 1980, 1533, Randnr. 11).

Rn. 49
Zitat
Daraus folgt, dass die Finanzierungsweise einer Beihilfe die ganze Beihilferegelung, die damit finanziert werden soll, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar machen kann. Eine Beihilfe darf daher nicht getrennt von den Auswirkungen ihrer Finanzierungsweise untersucht werden (vgl. das oben erwähnte Urteil Frankreich/Kommission, Randnr. 8 ). Vielmehr muss die Untersuchung einer Beihilfemaßnahme durch die Kommission notwendigerweise auch die Finanzierungsweise der Beihilfe berücksichtigen, wenn diese Finanzierungsweise Bestandteil der Maßnahme ist.

Rn. 51
Zitat
Um die praktische Wirksamkeit der Meldepflicht sowie eine angemessene und umfassende Prüfung einer staatlichen Beihilfe durch die Kommission sicherzustellen, muss der Mitgliedstaat zur Einhaltung dieser Pflicht nicht nur den Entwurf der eigentlichen Beihilfe mitteilen, sondern auch die Finanzierungsweise der Beihilfe, soweit diese Finanzierungsweise Bestandteil der geplanten Maßnahme ist.

Rn. 62
Zitat
Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtswidrigkeit einer Beihilfemaßnahme oder eines Teils davon aufgrund eines Verstoßes gegen die Pflicht, diese vor ihrer Durchführung anzumelden, nicht dadurch entfällt, dass diese Maßnahme in einer endgültigen Entscheidung der Kommission für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt worden ist.

Rn. 64
Zitat
Außerdem sei daran erinnert, dass es Sache der nationalen Gerichte ist, die Rechte des Einzelnen dagegen zu schützen, dass staatliche Stellen das in Artikel 93 Absatz 3 Satz 3 EG-Vertrag ausgesprochene Verbot der Durchführung der Beihilfen, das unmittelbare Wirkung hat, verletzen. Wird eine solche Verletzung von einem Einzelnen, der hierzu berechtigt ist, geltend gemacht und von den nationalen Gerichten festgestellt, so müssen diese entsprechend ihrem nationalen Recht daraus alle Folgerungen sowohl für die Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der betreffenden Beihilfemaßnahmen als auch für die Wiedereinziehung der gewährten finanziellen Unterstützungen ziehen (vgl. Urteile Fédération nationale du commerce extérieur des produits alimentaires und Syndicat national des négociants et transformateurs de saumon, Randnr. 12, und Lornoy u. a., Randnr. 30).
Der EuGH führt hier also klar aus, daß das nationale Gericht eine nicht genehmigte Beihilfe nötigenfalles wieder einziehen muß.

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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
FRANCIS G. JACOBS
vom 10. April 2003(1)
Verbundene Rechtssachen C-261/01 und C-262/01

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=48223&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4010505

Rn. 25
Zitat
Klar ist, dass ein Beihilfevorhaben der Kommission gemeldet und von ihr genehmigt werden muss, bevor es umgesetzt werden darf. Jede Beihilfe, die gewährt wird, bevor die Kommission eine abschließende (positive) Entscheidung nach Artikel 88 Absätze 2 oder 3 EG erlassen hat, ist rechtswidrig. Darüber hinaus ist eine solche Beihilfe vom Mitgliedstaat zurückzuverlangen, da die nationalen Gerichte auf der Grundlage der unmittelbaren Wirkung des in Artikel 88 Absatz 3 Satz 3 EG enthaltenen Verbotes sicherzustellen haben, dass die nationalen Behörden die verfahrensrechtlichen Verpflichtungen dieser Vorschrift einhalten. Im Licht dieser Grundsätze wäre jede von Belgien vor der Entscheidung der Kommission vom 9. August 1996 gewährte Beihilfe rechtswidrig, da sie unter Verstoß gegen die Verpflichtung zur Nichtdurchführung in Artikel 88 Absatz 3 Satz 3 EG gewährt worden wäre. Dies wäre unabhängig davon der Fall, ob die Regelung von 1987 oder die von 1998 als die richtige Rechtsgrundlage für die Beihilfe angesehen würde. Eine solche Beihilfe verstieße gegen die Verpflichtungen aus Artikel 88 Absatz 3 EG, da sie entweder ohne Unterrichtung gezahlt würde (nach der Regelung von 1987) oder während der Prüfung des Entwurfs durch die Kommission (Regelung von 1998).

Rn. 28
Zitat
Der Schwerpunkt der Fragen des vorlegenden Gerichts liegt bei der Rückwirkung. Zunächst ist jedoch zu klären, ob das Gemeinschaftsrecht die Rückzahlung von Abgaben verlangt, die zur Finanzierung von Beihilfen erhoben wurden, von denen die Kommission nicht unterrichtet wurde und die nicht von ihr genehmigt wurden.

Rn. 34
Zitat
Die Rechtssache, die der vorliegenden am nächsten kommt, ist jedoch die Rechtssache FNCE(27), die die Anfechtung eines Abgabensystems betrifft, das dem hier streitigen ähnlich ist und eingeführt wurde, bevor die Kommission entschieden hatte, dass die mit den Abgaben finanzierte Beihilferegelung mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei. In dieser Rechtssache entschied der Gerichtshof, dass „die Verletzung von [Artikel 88 Absatz 3 Satz 3 EG] durch die nationalen Behörden die Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung von Beihilfemaßnahmen [beeinträchtigt]. Die nationalen Gerichte müssen daraus zugunsten der Einzelnen, die sich auf eine solche Verletzung berufen können, entsprechend ihrem nationalen Recht sämtliche Folgerungen sowohl bezüglich der Gültigkeit der Rechtsakte zur Durchführung der Beihilfemaßnahmen als auch bezüglich der Beitreibung der unter Verletzung dieser Bestimmung gewährten finanziellen Unterstützungen oder eventueller vorläufiger Maßnahmen ziehen.“(28)

Rn. 35
Zitat
Diese Entscheidung scheint grundsätzlich immer noch richtig zu sein. Meines Erachtens fallen nationale Vorschriften über die Einführung von Abgaben, die speziell zu dem Zweck erhoben werden, Beihilfen zu finanzieren, unter diese „Rechtsakte zur Durchführung der Beihilfemaßnahmen“, deren Rechtmäßigkeit gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofes von den nationalen Gerichten nach Artikel 88 Absatz 3 Satz 3 EG zu beurteilen ist. Im Allgemeinen sind solche Abgaben nämlich als Teil der Beihilferegelung anzusehen, die sie finanzieren, da ihre einzige Rechtfertigung in dieser Regelung liegt.

Rn. 37
Zitat
Ich komme daher zu dem Ergebnis, dass die nationalen Gerichte die Erstattung einer Steuer oder Abgabe anordnen müssen, wenn sie speziell zur Finanzierung einer rechtswidrig gewährten Beihilfe erhoben wird.

Rn. 40
Zitat
Zudem ist die Rückforderung von Abgaben zur Finanzierung einer Beihilferegelung von besonderer Bedeutung, wenn die Abgaben selbst zu einer Verzerrung des Wettbewerbs und des Handels führen können, die zu der durch die Beihilfe hervorgerufenen Verzerrung hinzukäme oder diese verstärken würde. Dies kann der Fall sein, wenn die Konkurrenten der Beihilfeempfänger die Abgaben zu entrichten haben oder wenn die Abgaben so ausgestaltet sind, dass sie protektionistische Auswirkungen haben und den inländischen Markt in irgendeiner Weise bevorzugen.

Querverweis:

Mitteilung -> Kriterien d. Vereinbarkeit staatl. Beihilfen mit dem Binnenmarkt
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,35861.msg216692.html#msg216692


Unterschriftenaktion: https://online-boykott.de/unterschriftenaktion
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  • IP logged  »Letzte Änderung: 31. Dezember 2021, 22:50 von pinguin«
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