Ach je, die Journaille übt wieder einmal das alte "Mann beißt Hund!" Spiel. Einen Artikel "Gottschalk sogt sich um öffentlich-rechtlichen Rundfunk" hätten sicher deutlich weniger Leute gelesen. Eine Überschrift muss knallen; daher "crasht" er einen Online-Talk, hält eine "Wutrede" oder "tritt nach". Das sind in aller Regel völlig substanzlose, aus der Luft gegriffene Zuweisungen. In einem Interview mit der Funke Mediengruppe, aus dem die "Welt" den Artikel vom "nachtreten" generiert, hat Thomas G. sich wie folgt geäußert:
In einem "Clubhouse"-Talk, an dem auch RBB-Intendantin Patricia Schlesinger und WDR-Programmdirektorin Valerie Weber teilnahmen, übten Sie deutliche Kritik vor allem an der ARD
Um das gleich klarzustellen: Ich bin ein großer Fan dieses Systems. Gerade weil ich die Alternativen kenne. Ich bin auch ein Geschöpf dieses Systems, dem ich meine Karriere verdanke. Es wäre auch dämlich, an dem Ast, auf dem ich immer noch sitze, mutwillig zu sägen. Aber gerade weil ich an das öffentlich-rechtliche System glaube, will ich nicht schweigend dabei zuschauen, wie es sich zu Tode verwaltet und die Zeichen der Zeit missdeutet. ...
Bei dieser "Clubhouse"-Diskussion zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk habe ich auch keine Wutrede gehalten, wie ich danach lesen durfte, sondern - sehr beherrscht - eine begründete Meinung von mir gegeben.
Der von der "Welt" vermittelte Eindruck, G. wäre der RBB-Interdantin wütend gegenüber getreten, trifft offensichtlich auch nicht zu. Frau S. hatte diese Online-Veranstaltung laut anderen Berichten nämlich schon verlassen.
Auch wenn wir uns hier mit der Finanzierung des ÖRR und damit zwangsläufig auch mit vielen Themen zu den Anstalten befassen, so sollte man darüber nicht vergessen, dass auch in den anderen Medien nicht alles Gold ist, was glänzt; im Gegenteil. Der Niedergang der Presse hat nicht nur etwas mit dem Internet zu tun, sondern auch mit der zu großen Teilen grottenschlechten Berichterstattung, fehlenden Hintergrundberichten, Hofberichterstattung, typischen Feinbildern - "der böse Russe/Putin/Chinese" vs. "wir sind die guten/Wertewesten" - und letztlich den gleichen Manipulationsversuchen wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Der Unterschied besteht oft genug einzig noch darin, dass man solche Blätter nicht kaufen oder abonnieren muss. Ich habe meinen Konsum an Tages- und Wochenzeitungen in den letzten Jahren massiv abgebaut und beschränke mich inzwischen vor allem auf Lokalnachrichten, weil ich wissen will, welchen Unsinn in Umwelt, Straßenbau, Stadtplanung, Bildung, Wirtschaft man aktuell plant, was der eine oder andere Politdepp von sich gibt oder einem anderen überschätzten Politiker erwidert. Vor 2020 gab es auch noch einigermaßen Kultur; aber das ist ein anderes Thema.
Kurz: wenn wieder mal ein X. oder Y. etwas zum ÖRR gesagt haben soll, dann prüft einmal, ob die/der und was da steht wirklich wichtig ist. Und wenn man beides bejaht, dann noch, ob es denn stimmt, was da geschrieben steht und welche Interessen der Verfasser womöglich verfolgt. Oft wird man feststellen, dass X. und Y. so wichtig nicht sind, das Gesagte eigentlich olle Kamellen bzw. banal und dem Autor sein Zeilenhonorar wichtiger ist als Information; und wenn es eine eher unwichtige Fortsetzungsgeschichte im Web ist, dann geht es wohl um reines Clickbaiting.
M. Boettcher
Ken Je(b)sen, Betreiber von KenFM, soll "politische Entfremdung" betreiben und "unwahre Verschwörungstheorien" verbreiten. Daher beobachtet ihn der sogn. Verfassungsschutz. Würden die "Verschwörungspraktiker" dieses Dienstes ihren Maßstab an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Publikationen von der BILD-Zeitung bis zum Magazin SPIEGEL anlegen, in Deutschland bliebe kein Medium unbeobachtet. So schnell wird in Deutschland zum Staatsfeind, der nicht mit dem Strom schwimmt.