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Autor Thema: "Einrichtung des öffentlichen Rechts" -> EU-Recht  (Gelesen 2500 mal)

  • Beiträge: 7.385
In dieses Thema einbezogen sind nachstehende, bereits vorhandene Themen:

Definition: „ dem Staat zuzurechnende Einrichtung “ -> EU-Recht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23595.0.html

Definition "Öffentliches Unternehmen" -> EU-Recht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23169.0.html

wie auch
Schlußantrag des Generalanwaltes Manuel Campos Sanchez-Bordona in der Rechtssache C-567/15
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1507877263368&uri=CELEX:62015CC0567

Zitat
3.      Richtlinie 2014/24/EU(7)

7.        Im zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie heißt es:

„Der Begriff ‚öffentliche Auftraggeber‘ und insbesondere der Begriff ‚Einrichtungen des öffentlichen Rechts‘ sind wiederholt im Rahmen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union überprüft worden. Um klarzustellen, dass der persönliche Geltungsbereich dieser Richtlinie unverändert bleiben sollte, ist es angezeigt, die Begriffsbestimmung beizubehalten, auf die sich der Gerichtshof selbst stützt, und einige Erläuterungen, die im Rahmen dieser Rechtsprechung gegeben wurden, als Schlüssel zum Verständnis der Begriffsbestimmung selbst aufzunehmen, ohne dass damit beabsichtigt wird, das Verständnis des Begriffs, so wie es in der Rechtsprechung dargelegt wurde, zu ändern. Zu diesem Zweck sollte daher klargestellt werden, dass eine Einrichtung, die unter marktüblichen Bedingungen arbeitet, gewinnorientiert ist und die mit der Ausübung ihrer Tätigkeit einhergehenden Verluste trägt, nicht als ‚Einrichtung des öffentlichen Rechts‘ angesehen werden sollte, da die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben, zu deren Erfüllung sie geschaffen oder mit deren Erfüllung sie beauftragt worden ist, als von gewerblicher Art anzusehen sind.

Desgleichen ist die Bedingung bezüglich der Herkunft der Finanzausstattung der betreffenden Einrichtung ebenfalls im Rahmen der Rechtsprechung überprüft worden, wobei unter anderem klargestellt wurde, dass unter ‚überwiegend‘ finanziert eine Finanzierung in Höhe von mehr als der Hälfte zu verstehen ist, worunter auch Zahlungen von Nutzern fallen können, die nach den Vorschriften des öffentlichen Rechts auferlegt, berechnet und erhoben werden.“

8.        Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 enthält eine Definition der „Einrichtung des öffentlichen Rechts“, die derjenigen in Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18 ähnlich ist.

9.        Art. 12 Abs. 1 sieht vor:

„Ein von einem öffentlichen Auftraggeber an eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts vergebener öffentlicher Auftrag fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie, wenn alle der folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)      Der öffentliche Auftraggeber übt über die betreffende juristische Person eine ähnliche Kontrolle aus … wie über seine eigenen Dienststellen;

b)      mehr als 80 % der Tätigkeiten der kontrollierten juristischen Person dienen der Ausführung der Aufgaben, mit denen sie von dem die Kontrolle ausübenden öffentlichen Auftraggeber oder von anderen von diesem kontrollierten juristischen Personen betraut wurden[,] und

c)      es besteht keine direkte private Kapitalbeteiligung an der kontrollierten juristischen Person, mit Ausnahme nicht beherrschender Formen der privaten Kapitalbeteiligung und Formen der privaten Kapitalbeteiligung ohne Sperrminorität, die in Übereinstimmung mit den Verträgen durch nationale gesetzliche Bestimmungen vorgeschrieben sind und die keinen maßgeblichen Einfluss auf die kontrollierte juristische Person vermitteln.

Bei einem öffentlichen Auftraggeber wird davon ausgegangen, dass er über die betreffende juristische Person eine ähnliche Kontrolle im Sinne von Unterabsatz 1 Buchstabe a ausübt wie über seine eigenen Dienststellen, wenn er einen ausschlaggebenden Einfluss sowohl auf die strategischen Ziele als auch auf die wesentlichen Entscheidungen der kontrollierten juristischen Person ausübt. Solche Kontrolle kann auch durch eine andere juristische Person ausgeübt werden, die vom öffentlichen Auftraggeber auf gleiche Weise kontrolliert wird.“

Der Begriff "Einrichtung des öffentlichen Rechts" muß im Kontext der europäischen Vielfalt betrachtet werden und meint national auf Deutschland bezogen nicht nur eine Körperschaft d. ö. R., sondern auch eine Anstalt d. ö. R und alle anderen, die nach öffentlichem Recht geschaffen worden sind.

In Bezug auf die Rundfunkanstalten d. ö. R. darf sehr bezweifelt werden, daß diese nach europäischem Recht überhaupt "Einrichtungen des öffentlichen Rechts" sein dürfen; weil

Teilzitat in Wiederholung:

Zitat
Zu diesem Zweck sollte daher klargestellt werden, dass eine Einrichtung, die unter marktüblichen Bedingungen arbeitet, gewinnorientiert ist und die mit der Ausübung ihrer Tätigkeit einhergehenden Verluste trägt, nicht als ‚Einrichtung des öffentlichen Rechts‘ angesehen werden sollte, da die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben, zu deren Erfüllung sie geschaffen oder mit deren Erfüllung sie beauftragt worden ist, als von gewerblicher Art anzusehen sind.

Wer trägt die Verluste, die einer Rundfunkanstalt d. ö. R. durch evtl. vorhandenes Mißmanagement entstehen?

Ok, sie ist als "nicht insolvenzfähig" eingestuft, würde also letztlich der Staat bzw. Steuerzahler evtl. Verluste tragen?

Zitat
91.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, dem Vilniaus apygardos teismas (Regionalgericht Vilnius, Litauen) wie folgt zu antworten:

[...]

b)      diese Gesellschaft jedenfalls dann als öffentliche Einrichtung einzuordnen ist, wenn sie Rechtspersönlichkeit besitzt, unter der Aufsicht eines öffentlichen Auftraggebers steht und der wesentliche Teil ihrer Tätigkeit, die sie frei vom Druck möglicher Konkurrenten und unter Bedingungen ausführt, die denen des Marktes nicht entsprechen, [...].

Es geht in dieser Rechtssache um Muttergesellschaft und Tochtergesellschaft.

Der BS kann keine öffentliche Einrichtung sein, weil er keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt und nicht unter Aufsicht des öffentlichen Auftraggebers, dem Gesetzgeber, steht.

Für eine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" ist es zwingend, daß sie unter Aufsicht eines öffentlichen Auftraggebers steht.

Wenn also eine Landesrundfunkanstalt unter Aufsicht des Staates zu stehen hat, weil er der öffentliche Auftraggebers ist, steht doch die Frage im Raume, ob diese Konstellation nicht mit der grundgesetzlichen "Staatsferne" kollidiert?

Wäre dann zu klären, was "staatsfern" eigentlich im Sinne des Grundgesetzes zu heißen hat.

Ok, man könnte lapidar sagen, "der Staat hat sich nicht reinzuhängen"

Erteilt der Staat aber einen Auftrag, muß er sich gemäß europäischem Recht aber reinhängen, weil er den Auftragnehmer zu kontrollieren hat; mindestens dahingehend, ob dieser Auftragnehmer seinen, also den öffentlichen Auftrag, auftragsgemäß erfüllt.


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K
  • Beiträge: 810
Meiner Ansicht nach sind die Rundfunkanstalten Einrichtungen des jeweiligen Bundeslandes, weil ihre Errichtung auf Landesgesetz beruht und in den Landesgesetzen bestimmt ist, dass diese Einrichtung nicht insolvenzfähig ist. Die fehlende Insolvenzfähigkeit ist doch gerade das Ergebnis der Verpflichtung des jeweiligen Bundeslandes zur funktionsgerechten Finanzausstattung der betreffenden Einrichtung. Dass der Bürger eine Abgabe direkt an die Rundfunkanstalt zahlt, ist nichts weiter als ein abgekürzter Zahlungsweg. Die direkte Zahlung der Bürger an die jeweilige Rundfunkanstalt kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass das jeweilige Bundesland zur funktionsgerechten Finanzausstattung gegenüber der Rundfunkanstalt verpflichtet ist, nicht jedoch der Bürger.

Vergegenwärtigt man sich diese zugrunde liegenden Rechtsbeziehungen, kommt man zu dem Ergebnis, dass die Abgabe schon allein deshalb keine Gegenleistung ist, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Träger des Grundrechts der Rundfunkfreiheit nicht um der Gegenleistung willen sendet, sondern um seines Grundrechts willen.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk erhält also keine Gegenleistung vom Bürger, obgleich man dies auf den ersten Blick aufgrund der Abkürzung des Zahlungsweges annehmen könnte. Vielmehr trifft das jeweilige Bundesland die Finanzierungspflicht gegenüber seiner Einrichtung. Die Argumentation, dass es sich bei dem Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer handele, weil der Bürger die Abgabe nicht in den Landeshaushalt, sondern direkt in den Sonderhaushalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zahlt, macht sich genau dieser Vernebelung der wirklichen rechtlichen Verhältnisse zunutze.


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Das Thema "Gegenleistung" hat hier in diesem Thema bitte nichts zu suchen, weil eu-rechtlich ausdiskutiert. -> Eine Gegenleistung entsteht nur auf Basis eines Vertrages zwischen Vertragspartnern.

Zitat
[...] der Begriff ‚Einrichtungen des öffentlichen Rechts‘ sind wiederholt im Rahmen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union überprüft worden [...] ist es angezeigt, die Begriffsbestimmung beizubehalten, auf die sich der Gerichtshof selbst stützt, [...]

Es geht hier in diesem Thema nur um den nationalen Inhalt des eu-rechtlich definierten Begriffes einer "Einrichtung des öffentlichen Rechts"


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