Hat sich mal jemand die Mühe gemacht, die Rundfunkentscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes im Detail durchzulesen?
BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2012
- 1 BvR 199/11 - Rn. (1-23),http://www.bverfg.de/e/rk20120822_1bvr019911.htmlIn dieser nichtangenommenen Beschwerde eines RA steht ausdrücklich, daß sie nur deswegen nicht angenommen worden ist, weil die Voraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen, da die durch die Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen bereits durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt sind.
Aus Rn 14
[...] Allerdings liegt ein Eingriff in die von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG geschützte Informationsfreiheit darin, dass der Beschwerdeführer durch die Rundfunkgebühr für seinen internetfähigen PC in der Beschaffung und Entgegennahme von Informationen aus dem Internet behindert wird.[...]
Wir haben also schon mal eine Zugangsbeschränkung, wenn für einen internetfähigen PC Rundfunkgebühren verlangt werden.
Weiter heißt es
[...]Eine Zugangsbeschränkung muss sich zwar nicht an Art. 5 Abs. 2 GG messen lassen, wenn sie vom Recht zur Bestimmung des Zugangs zu einer im staatlichen Verantwortungsbereich liegenden Informationsquelle gedeckt ist (vgl. BVerfGE 103, 44 <61> ). Dies ist beim Rundfunkgesetzgeber jedoch jedenfalls im Hinblick auf die sonstigen Informationsangebote des Internets nicht der Fall.[...]
Die damalige Rundfunkgebühr auf internetfähige PC's war eine Zugangsbeschränkung, wie sie der Gesetzgeber hätte nicht vornehmen dürfen, weil das Internet keine in seinem Verantwortungsbereich befindliche Informationsquelle darstellt.
Daß in dieser Entscheidung letztlich die damalige Rundfunkgebühr für internetfähige PC's für rechtmäßig erklärt worden ist, ändert nichts daran, daß es ein Eingriff in die Informationsfreiheit ist, wurde dieser doch eindeutig erkannt.
Die Rechtmäßigkeit dieser Gebühr für internetfähige PC wurde einerseits mit "Der Flucht aus der Rundfunkgebühr" und andererseits damit erklärt, daß der Landesgesetzgeber sonst seiner auf dem Grundgesetz basierenden Finanzierungsverpflichtung nicht nachkommen könne.
Fraglich ist, ob die Pflicht des Staates wirksam als individuelle Pflicht auf den Bürger abgewälzt werden kann.
Weder EMRK, noch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union oder überhaupt europäisches Recht waren Teil der Ursprungs-Klage; warum nicht?
Stellt sich jetzt zur Klärung an, ob dieser Eingriff in die Informationsfreiheit sowohl von den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention, als auch von denen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union überhaupt gedeckt sein kann.
Im Falle der Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention ist das Bundesverfassungsgericht zur Klärung befugt.
Im Falle der Bestimmungen der Charta der Europäischen Union ist kraft aller EU-Verträge wie AEUV bzw. EUV alleine der Europäische Gerichtshof gesetzlicher Richter im Sinne des Grundgesetzes.
Gemäß Art 10 der EMRK sind in folgenden Bereichen Eingriffe in die Meinungs- und Informationsfreiheit zulässig:
für die nationale Sicherheit, die territoriale Unversehrtheit oder die öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen oder zur Wahrung der Autorität und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung.
Artikel 17 bestimmt dann, daß niemand die Befugnisse hat, bspw. Handlungen vorzunehmen, die bewirken, daß die in der EMRK gewährten Grundrechte stärker eingeschränkt werden, als es in der EMRK selber vorgesehen ist. Dito bei Art 54 der Charta.
Nichts von diesen Gründen kann sinnvoll auf den ÖRR angewendet werden; Moral und guten Ruf ruiniert der ÖRR sich gerade unter reger Beteiligung des Beitragsservices selber, da wäre eher die sofortige Abschaffung des Rundfunkbeitrages das geeignete Mittel der Wahl, die Stellung des dt. ÖRR in der global vernetzten Welt zu verbessern, und "Rechte anderer" kann kein Kriterium sein, weil sich auch der dt. ÖRR als juristische Person des öffentlichen Rechts nicht auf die Art 1 bis 17 GG berufen darf. Er darf also seine ihm vom Gesetzgeber zugestandenen Grundrechte gegenüber dem Bürger selbst nicht zur Geltung bringen.
Wer oder was befähigt den Landesgesetzgeber, sich über europäische Bestimmungen hinwegzusetzen?
Selbst die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist gegenüber der Europäischen Menschenrechtskonvention niederrangig; siehe Art 53 der Charta.
Zu den bereits erfolgten Inhaftierungen:
BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 08. Dezember 2004
- 2 BvR 52/02 - Rn. (1-52),http://www.bverfg.de/e/rk20041208_2bvr005202.htmlRn 44
a) Aus dem Zusammenspiel von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip folgt eine verfassungsrechtliche Verankerung des Schuldprinzips: Jede Strafe oder strafähnliche Sanktion setzt Schuld voraus (vgl. BVerfGE 57, 250 <275>; 58, 159 <163>; 80, 244 <255>; 95, 96 <140>). Die Strafe muss in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen (vgl. BVerfGE 50, 5 <12>; 73, 206 <253 f.>; 86, 288 <313>; 96, 245 <249>). Insoweit deckt sich der Schuldgrundsatz in seinen die Strafe begrenzenden Auswirkungen mit dem Übermaßverbot (vgl. BVerfGE 50, 205 <215>; 73, 206 <253>; 86, 288 <313> ). [...]
Jede Strafe setzt Schuld voraus, muß im Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen und darf insofern nicht übermäßig sein.
Hier stellt sich dann wieder die Frage, wie "Schuld" überhaupt entstehen kann; kann ein "Verschulden" überhaupt eintreten, wenn jemand etwas überhaupt nicht für sich oder andere in Anspruch nimmt? Setzt "Schuld" nicht die vorherige Inanspruchnahme von etwas voraus?
Haft für die Weigerung, als Rundfunknichtnutzer weder eine eidesstattliche Versicherung abzugeben, noch überhaupt Rundfunkbeiträge zu zahlen?